Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.ihm nicht einmal widersprechen, denn es war die Wahrheit." Lulu lachte ganz unbändig. "Onkel Markauer und Dichter werden ... Onkel Markauer ein Dichter! Das ist aber doch zu komisch." "Da hören Sie's gnädige Frau. Zum zweiten Male die höhere Kinderweisheit ..." "Naseweisheit," korrigierte die Mutter und wollte weiter erziehn. James aber fiel ihr in die Zügel und sagte: "Jetzt nicht, Leontine. Keine Unterbrechungen. Markauer muß erst auserzählen. Dann können wir ja das Pädagogische wieder aufnehmen. Also ..." "... Also wir kamen glücklich in dem Restaurant drüben an und etablierten uns in einer Ecke, die Meddelhammer, zu meinem abermaligen größten Erstaunen, berlinisch-menschlich genug war, eine ,schmustrige Ecke' zu nennen. Er habe sie schon ausprobiert. Und ich muß sagen, es war eine schmustrige Ecke: großes Fenster in einer tief eingebauten Nische und die Spiegelscheibe durch einen grünen Seidenvorhang derart geschlossen, daß man persönlich ganz unbemerkt saß, während man, durch einen Spalt hindurch, das ganze Straßentreiben deutlich beobachten konnte." ihm nicht einmal widersprechen, denn es war die Wahrheit.“ Lulu lachte ganz unbändig. „Onkel Markauer und Dichter werden … Onkel Markauer ein Dichter! Das ist aber doch zu komisch.“ „Da hören Sie’s gnädige Frau. Zum zweiten Male die höhere Kinderweisheit …“ „Naseweisheit,“ korrigierte die Mutter und wollte weiter erziehn. James aber fiel ihr in die Zügel und sagte: „Jetzt nicht, Leontine. Keine Unterbrechungen. Markauer muß erst auserzählen. Dann können wir ja das Pädagogische wieder aufnehmen. Also …“ „… Also wir kamen glücklich in dem Restaurant drüben an und etablierten uns in einer Ecke, die Meddelhammer, zu meinem abermaligen größten Erstaunen, berlinisch-menschlich genug war, eine ‚schmustrige Ecke‘ zu nennen. Er habe sie schon ausprobiert. Und ich muß sagen, es war eine schmustrige Ecke: großes Fenster in einer tief eingebauten Nische und die Spiegelscheibe durch einen grünen Seidenvorhang derart geschlossen, daß man persönlich ganz unbemerkt saß, während man, durch einen Spalt hindurch, das ganze Straßentreiben deutlich beobachten konnte.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0149" n="147"/> ihm nicht einmal widersprechen, denn es war die Wahrheit.“</p><lb/> <p>Lulu lachte ganz unbändig. „Onkel Markauer und Dichter werden … Onkel Markauer ein Dichter! Das ist aber doch zu komisch.“</p><lb/> <p>„Da hören Sie’s gnädige Frau. Zum zweiten Male die höhere Kinderweisheit …“</p><lb/> <p>„Naseweisheit,“ korrigierte die Mutter und wollte weiter erziehn. James aber fiel ihr in die Zügel und sagte: „<hi rendition="#g">Jetzt</hi> nicht, Leontine. Keine Unterbrechungen. Markauer muß erst auserzählen. Dann können wir ja das Pädagogische wieder aufnehmen. Also …“</p><lb/> <p>„… Also wir kamen glücklich in dem Restaurant drüben an und etablierten uns in einer Ecke, die Meddelhammer, zu meinem abermaligen größten Erstaunen, berlinisch-menschlich genug war, eine ‚schmustrige Ecke‘ zu nennen. Er habe sie schon ausprobiert. Und ich muß sagen, es <hi rendition="#g">war</hi> eine schmustrige Ecke: großes Fenster in einer tief eingebauten Nische und die Spiegelscheibe durch einen grünen Seidenvorhang derart geschlossen, daß man persönlich ganz unbemerkt saß, während man, durch einen Spalt hindurch, das ganze Straßentreiben deutlich beobachten konnte.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [147/0149]
ihm nicht einmal widersprechen, denn es war die Wahrheit.“
Lulu lachte ganz unbändig. „Onkel Markauer und Dichter werden … Onkel Markauer ein Dichter! Das ist aber doch zu komisch.“
„Da hören Sie’s gnädige Frau. Zum zweiten Male die höhere Kinderweisheit …“
„Naseweisheit,“ korrigierte die Mutter und wollte weiter erziehn. James aber fiel ihr in die Zügel und sagte: „Jetzt nicht, Leontine. Keine Unterbrechungen. Markauer muß erst auserzählen. Dann können wir ja das Pädagogische wieder aufnehmen. Also …“
„… Also wir kamen glücklich in dem Restaurant drüben an und etablierten uns in einer Ecke, die Meddelhammer, zu meinem abermaligen größten Erstaunen, berlinisch-menschlich genug war, eine ‚schmustrige Ecke‘ zu nennen. Er habe sie schon ausprobiert. Und ich muß sagen, es war eine schmustrige Ecke: großes Fenster in einer tief eingebauten Nische und die Spiegelscheibe durch einen grünen Seidenvorhang derart geschlossen, daß man persönlich ganz unbemerkt saß, während man, durch einen Spalt hindurch, das ganze Straßentreiben deutlich beobachten konnte.“
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/149>, abgerufen am 04.07.2024. |