Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

wohinter sich selbstverständlich, in feiner Selbstironie, das reinste Gewissen verbergen soll. Aber man kann in der Selbstironie zu weit gehn und ihr ungewollt den Stempel der Selbsterkenntnis aufdrücken."

"Sehr gut", unterbrach James.

"Nehmen wir zu dem allem noch eine Musikkapelle mit Lohengrin und Tannhäuser in Permanenz, des weiteren zwei Resedarondelle mit eingestreuten Levkojen und jeden dritten Tag einen Seehund, tot oder lebendig, so haben wir im wesentlichen Norderney. Dann und wann fahren auch Dampfschiffe nach Borkum oder Juist oder Spikeroog, welche Fahrten sich als Vergnügungsfahrten ankündigen und in der That etwas zu versprechen scheinen. Aber nach dem bekannten Satze von den zwei Uebeln, unter denen man das kleinere zu wählen habe, kann ich Ihnen oder Jedem, der es mit seinem Vergnügen ehrlich meint, nur dringlich anraten, auf der Norderneyer Strandpromenade verbleiben zu wollen. Und dann, meine Gnädigste, muß es denn überhaupt etwas langweilig Meerumgürtetes sein? Wozu der ewige Strand? Ich persönlich bin für Berge, für Alpen, und wenn nicht Rigi, so wenigstens Brocken, und wenn nicht der Brocken, so wenigstens der Oybin."


wohinter sich selbstverständlich, in feiner Selbstironie, das reinste Gewissen verbergen soll. Aber man kann in der Selbstironie zu weit gehn und ihr ungewollt den Stempel der Selbsterkenntnis aufdrücken.“

„Sehr gut“, unterbrach James.

„Nehmen wir zu dem allem noch eine Musikkapelle mit Lohengrin und Tannhäuser in Permanenz, des weiteren zwei Resedarondelle mit eingestreuten Levkojen und jeden dritten Tag einen Seehund, tot oder lebendig, so haben wir im wesentlichen Norderney. Dann und wann fahren auch Dampfschiffe nach Borkum oder Juist oder Spikeroog, welche Fahrten sich als Vergnügungsfahrten ankündigen und in der That etwas zu versprechen scheinen. Aber nach dem bekannten Satze von den zwei Uebeln, unter denen man das kleinere zu wählen habe, kann ich Ihnen oder Jedem, der es mit seinem Vergnügen ehrlich meint, nur dringlich anraten, auf der Norderneyer Strandpromenade verbleiben zu wollen. Und dann, meine Gnädigste, muß es denn überhaupt etwas langweilig Meerumgürtetes sein? Wozu der ewige Strand? Ich persönlich bin für Berge, für Alpen, und wenn nicht Rigi, so wenigstens Brocken, und wenn nicht der Brocken, so wenigstens der Oybin.“


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="139"/>
wohinter sich selbstverständlich, in feiner Selbstironie, das                     reinste Gewissen verbergen soll. Aber man kann in der Selbstironie zu weit gehn                     und ihr ungewollt den Stempel der Selbsterkenntnis aufdrücken.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sehr gut&#x201C;, unterbrach James.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nehmen wir zu dem allem noch eine Musikkapelle mit Lohengrin und Tannhäuser in                     Permanenz, des weiteren zwei Resedarondelle mit eingestreuten Levkojen und jeden                     dritten Tag einen Seehund, tot oder lebendig, so haben wir im wesentlichen                     Norderney. Dann und wann fahren auch Dampfschiffe nach Borkum oder Juist oder                     Spikeroog, welche Fahrten sich als Vergnügungsfahrten ankündigen und in der That                     etwas zu versprechen scheinen. Aber nach dem bekannten Satze von den zwei                     Uebeln, unter denen man das kleinere zu wählen habe, kann ich Ihnen oder Jedem,                     der es mit seinem Vergnügen ehrlich meint, nur dringlich anraten, auf der                     Norderneyer Strandpromenade verbleiben zu wollen. Und dann, meine Gnädigste, muß                     es denn überhaupt etwas langweilig Meerumgürtetes sein? Wozu der ewige Strand?                     Ich persönlich bin für Berge, für Alpen, und wenn nicht Rigi, so wenigstens                     Brocken, und wenn nicht der Brocken, so wenigstens der Oybin.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0141] wohinter sich selbstverständlich, in feiner Selbstironie, das reinste Gewissen verbergen soll. Aber man kann in der Selbstironie zu weit gehn und ihr ungewollt den Stempel der Selbsterkenntnis aufdrücken.“ „Sehr gut“, unterbrach James. „Nehmen wir zu dem allem noch eine Musikkapelle mit Lohengrin und Tannhäuser in Permanenz, des weiteren zwei Resedarondelle mit eingestreuten Levkojen und jeden dritten Tag einen Seehund, tot oder lebendig, so haben wir im wesentlichen Norderney. Dann und wann fahren auch Dampfschiffe nach Borkum oder Juist oder Spikeroog, welche Fahrten sich als Vergnügungsfahrten ankündigen und in der That etwas zu versprechen scheinen. Aber nach dem bekannten Satze von den zwei Uebeln, unter denen man das kleinere zu wählen habe, kann ich Ihnen oder Jedem, der es mit seinem Vergnügen ehrlich meint, nur dringlich anraten, auf der Norderneyer Strandpromenade verbleiben zu wollen. Und dann, meine Gnädigste, muß es denn überhaupt etwas langweilig Meerumgürtetes sein? Wozu der ewige Strand? Ich persönlich bin für Berge, für Alpen, und wenn nicht Rigi, so wenigstens Brocken, und wenn nicht der Brocken, so wenigstens der Oybin.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/141
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/141>, abgerufen am 24.11.2024.