Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Freund, auf die schöne Frau zuschritt und ihr die Hand küßte. "Geschäfte?" fragte James. "Nein." "Tant mieux. Dann frühstücken wir zusammen. Meine Frau schwärmt eben für Norderney, gegen das ich nichts habe, wenn auch freilich nicht viel dafür. Aber daß sie ,Jugenderinnerungen' ins Feld führt, was immer eine schwache Position bedeutet, macht mir die Sache verdächtig. Sie, Markauer, kennen alle Bäder Westeuropas und noch einige mehr. Entscheiden Sie zwischen uns und geben Sie, wenn es sein muß, meinem aus bloßem Friedensbedürfnis geborenen ,Ja' die höhere Weihe. Noch schwebt alles. Wie steht es? Raten Sie mir zu diesem jugenderinnerungsreichen Eiland?" Und während James noch so sprach, schob er seinem Gaste die beiden auf dem Frühstückstische stehenden Karaffen zu. "Port oder Sherry, Markauer? Oder vielleicht lieber Liebfrauenmilch oder Bocksbeutel oder sonst was Urgermanisches? Wir brauchen uns blos im Spiegel zu sehen, um unsere Spezialberechtigung wenigstens vor uns selber nachgewiesen zu haben." Beide lachten, und nur Leontine die nach dieser Seite hin sehr empfindlich und im letzten Winkel Freund, auf die schöne Frau zuschritt und ihr die Hand küßte. „Geschäfte?“ fragte James. „Nein.“ „Tant mieux. Dann frühstücken wir zusammen. Meine Frau schwärmt eben für Norderney, gegen das ich nichts habe, wenn auch freilich nicht viel dafür. Aber daß sie ‚Jugenderinnerungen‘ ins Feld führt, was immer eine schwache Position bedeutet, macht mir die Sache verdächtig. Sie, Markauer, kennen alle Bäder Westeuropas und noch einige mehr. Entscheiden Sie zwischen uns und geben Sie, wenn es sein muß, meinem aus bloßem Friedensbedürfnis geborenen ‚Ja‘ die höhere Weihe. Noch schwebt alles. Wie steht es? Raten Sie mir zu diesem jugenderinnerungsreichen Eiland?“ Und während James noch so sprach, schob er seinem Gaste die beiden auf dem Frühstückstische stehenden Karaffen zu. „Port oder Sherry, Markauer? Oder vielleicht lieber Liebfrauenmilch oder Bocksbeutel oder sonst was Urgermanisches? Wir brauchen uns blos im Spiegel zu sehen, um unsere Spezialberechtigung wenigstens vor uns selber nachgewiesen zu haben.“ Beide lachten, und nur Leontine die nach dieser Seite hin sehr empfindlich und im letzten Winkel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0138" n="136"/> Freund, auf die schöne Frau zuschritt und ihr die Hand küßte.</p><lb/> <p>„Geschäfte?“ fragte James.</p><lb/> <p>„Nein.“</p><lb/> <p>„Tant mieux. Dann frühstücken wir zusammen. Meine Frau schwärmt eben für Norderney, gegen das ich nichts habe, wenn auch freilich nicht viel dafür. Aber daß sie ‚Jugenderinnerungen‘ ins Feld führt, was immer eine schwache Position bedeutet, macht mir die Sache verdächtig. Sie, Markauer, kennen alle Bäder Westeuropas und noch einige mehr. Entscheiden Sie zwischen uns und geben Sie, wenn es sein muß, meinem aus bloßem Friedensbedürfnis geborenen ‚Ja‘ die höhere Weihe. Noch schwebt alles. Wie steht es? Raten Sie mir zu diesem jugenderinnerungsreichen Eiland?“</p><lb/> <p>Und während James noch so sprach, schob er seinem Gaste die beiden auf dem Frühstückstische stehenden Karaffen zu. „Port oder Sherry, Markauer? Oder vielleicht lieber Liebfrauenmilch oder Bocksbeutel oder sonst was Urgermanisches? Wir brauchen uns blos im Spiegel zu sehen, um unsere Spezialberechtigung wenigstens vor uns selber nachgewiesen zu haben.“</p><lb/> <p>Beide lachten, und nur Leontine die nach dieser Seite hin sehr empfindlich und im letzten Winkel </p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0138]
Freund, auf die schöne Frau zuschritt und ihr die Hand küßte.
„Geschäfte?“ fragte James.
„Nein.“
„Tant mieux. Dann frühstücken wir zusammen. Meine Frau schwärmt eben für Norderney, gegen das ich nichts habe, wenn auch freilich nicht viel dafür. Aber daß sie ‚Jugenderinnerungen‘ ins Feld führt, was immer eine schwache Position bedeutet, macht mir die Sache verdächtig. Sie, Markauer, kennen alle Bäder Westeuropas und noch einige mehr. Entscheiden Sie zwischen uns und geben Sie, wenn es sein muß, meinem aus bloßem Friedensbedürfnis geborenen ‚Ja‘ die höhere Weihe. Noch schwebt alles. Wie steht es? Raten Sie mir zu diesem jugenderinnerungsreichen Eiland?“
Und während James noch so sprach, schob er seinem Gaste die beiden auf dem Frühstückstische stehenden Karaffen zu. „Port oder Sherry, Markauer? Oder vielleicht lieber Liebfrauenmilch oder Bocksbeutel oder sonst was Urgermanisches? Wir brauchen uns blos im Spiegel zu sehen, um unsere Spezialberechtigung wenigstens vor uns selber nachgewiesen zu haben.“
Beide lachten, und nur Leontine die nach dieser Seite hin sehr empfindlich und im letzten Winkel
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/138>, abgerufen am 04.07.2024. |