Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Aber der Wind. Im Wind steckt alles; kennen Sie die Geschichte von Christus und Petrus? Ohne Wind wär' alles Pest und Tod. Es wär' eine mephitische Welt, wenn der Wind nicht wäre. Hab' ich recht? Der Wind ist die Gesundheit und das Leben, und es wundert mich, daß die Griechen keinen großen Windgott gehabt haben. Einen kleinen hatten sie." Ich bestätigte. "Nun sehn Sie. Ja, der Wind, auf den kommt es an und haben Sie den erst lieb gewonnen, so wollen Sie jeden dritten Tag hinauf. Und so weit bring' ich Sie noch. Und wenn mal ein Wetter kommt und einen in die Hütte treibt, zu Köhlervolk oder andern blutarmen Leuten, und wenn man dann das Wasser aus dem Schuh gießt und sich einen Friesrock anzieht, bis alles wieder an einer langen Ofenstrippe getrocknet ist, - sehen Sie, Doktor, das heißt leben und Leben genießen. Und so was müssen wir als Ziel im Auge behalten. Aber das alles ist Zukunftsprogramm, und vorläufig und für heute (Sie werden doch nicht ausspannen) sind wir noch auf dem Burgberg und begnügen uns mit ihm und marschieren, statt auf den Brocken, in weitem Bogen auf die Pfarre zu, wo wir Hochwürden, ich wette zehn gegen eins, Aber der Wind. Im Wind steckt alles; kennen Sie die Geschichte von Christus und Petrus? Ohne Wind wär’ alles Pest und Tod. Es wär’ eine mephitische Welt, wenn der Wind nicht wäre. Hab’ ich recht? Der Wind ist die Gesundheit und das Leben, und es wundert mich, daß die Griechen keinen großen Windgott gehabt haben. Einen kleinen hatten sie.“ Ich bestätigte. „Nun sehn Sie. Ja, der Wind, auf den kommt es an und haben Sie den erst lieb gewonnen, so wollen Sie jeden dritten Tag hinauf. Und so weit bring’ ich Sie noch. Und wenn mal ein Wetter kommt und einen in die Hütte treibt, zu Köhlervolk oder andern blutarmen Leuten, und wenn man dann das Wasser aus dem Schuh gießt und sich einen Friesrock anzieht, bis alles wieder an einer langen Ofenstrippe getrocknet ist, – sehen Sie, Doktor, das heißt leben und Leben genießen. Und so was müssen wir als Ziel im Auge behalten. Aber das alles ist Zukunftsprogramm, und vorläufig und für heute (Sie werden doch nicht ausspannen) sind wir noch auf dem Burgberg und begnügen uns mit ihm und marschieren, statt auf den Brocken, in weitem Bogen auf die Pfarre zu, wo wir Hochwürden, ich wette zehn gegen eins, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="112"/> Aber der Wind. Im Wind steckt alles; kennen Sie die Geschichte von Christus und Petrus? Ohne Wind wär’ alles Pest und Tod. Es wär’ eine mephitische Welt, wenn der Wind nicht wäre. Hab’ ich recht? Der Wind ist die Gesundheit und das Leben, und es wundert mich, daß die Griechen keinen großen Windgott gehabt haben. Einen kleinen hatten sie.“</p><lb/> <p>Ich bestätigte.</p><lb/> <p>„Nun sehn Sie. Ja, der Wind, auf den kommt es an und haben Sie <hi rendition="#g">den</hi> erst lieb gewonnen, so wollen Sie jeden dritten Tag hinauf. Und so weit bring’ ich Sie noch. Und wenn mal ein Wetter kommt und einen in die Hütte treibt, zu Köhlervolk oder andern blutarmen Leuten, und wenn man dann das Wasser aus dem Schuh gießt und sich einen Friesrock anzieht, bis alles wieder an einer langen Ofenstrippe getrocknet ist, – sehen Sie, Doktor, das heißt leben und Leben genießen. Und so was müssen wir als Ziel im Auge behalten. Aber das alles ist Zukunftsprogramm, und vorläufig und für heute (Sie werden doch nicht ausspannen) sind wir noch auf dem Burgberg und begnügen uns mit ihm und marschieren, statt auf den Brocken, in weitem Bogen auf die Pfarre zu, wo wir Hochwürden, ich wette zehn gegen eins, </p> </div> </body> </text> </TEI> [112/0114]
Aber der Wind. Im Wind steckt alles; kennen Sie die Geschichte von Christus und Petrus? Ohne Wind wär’ alles Pest und Tod. Es wär’ eine mephitische Welt, wenn der Wind nicht wäre. Hab’ ich recht? Der Wind ist die Gesundheit und das Leben, und es wundert mich, daß die Griechen keinen großen Windgott gehabt haben. Einen kleinen hatten sie.“
Ich bestätigte.
„Nun sehn Sie. Ja, der Wind, auf den kommt es an und haben Sie den erst lieb gewonnen, so wollen Sie jeden dritten Tag hinauf. Und so weit bring’ ich Sie noch. Und wenn mal ein Wetter kommt und einen in die Hütte treibt, zu Köhlervolk oder andern blutarmen Leuten, und wenn man dann das Wasser aus dem Schuh gießt und sich einen Friesrock anzieht, bis alles wieder an einer langen Ofenstrippe getrocknet ist, – sehen Sie, Doktor, das heißt leben und Leben genießen. Und so was müssen wir als Ziel im Auge behalten. Aber das alles ist Zukunftsprogramm, und vorläufig und für heute (Sie werden doch nicht ausspannen) sind wir noch auf dem Burgberg und begnügen uns mit ihm und marschieren, statt auf den Brocken, in weitem Bogen auf die Pfarre zu, wo wir Hochwürden, ich wette zehn gegen eins,
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/114>, abgerufen am 04.07.2024. |