Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.das Kegeln für nicht fein und vornehm genug, ist Dir zu spießbürgerlich und ärgerst Dich, wenn die Kugel so hindonnert und der Junge, der im besten Fall immer nur ein Hemd und eine Hose anhat, alle Neune schreit. Aber Du hast unrecht, Otto. Nichts ist fein oder unfein an sich, es kommt lediglich darauf an, wozu wir die Dinge machen oder wie wir uns dazu stellen. Das Allergewöhnlichste kann auch wieder das Aparteste sein. Ich sage Dir, eine gute Kegelpartie geht über alles: Rock und Weste weg und den Gurt angezogen und nun die Kugel in der flachen Hand gewogen, als ob es die Weltkugel wär' oder die Schicksalskugel und es hinge Leben und Sterben dran. Und nun richtig aufgesetzt und siehe da, alle Hälse recken sich und am weitesten der, der an dem schwarzen Schreibebrett sitzt, und ,baff', da liegen sie wie gemäht. Und nun werden die alten Kegelwitze laut und der alte Conrektor sagt: ,wie Grummet sah man unsere Leute die Türkenglieder mähn'. O, ich sage Dir, Otto, das ist wohl hübsch. Aber Du willst nicht und so haben wir denn blos die Wahl zwischen Boccia und Cricket." "Boccia," sagte Maud. "Ich bin für Cricket," unterbrach Onkel Dodo, "trotzdem es englisch ist und alles Englische mir das Kegeln für nicht fein und vornehm genug, ist Dir zu spießbürgerlich und ärgerst Dich, wenn die Kugel so hindonnert und der Junge, der im besten Fall immer nur ein Hemd und eine Hose anhat, alle Neune schreit. Aber Du hast unrecht, Otto. Nichts ist fein oder unfein an sich, es kommt lediglich darauf an, wozu wir die Dinge machen oder wie wir uns dazu stellen. Das Allergewöhnlichste kann auch wieder das Aparteste sein. Ich sage Dir, eine gute Kegelpartie geht über alles: Rock und Weste weg und den Gurt angezogen und nun die Kugel in der flachen Hand gewogen, als ob es die Weltkugel wär’ oder die Schicksalskugel und es hinge Leben und Sterben dran. Und nun richtig aufgesetzt und siehe da, alle Hälse recken sich und am weitesten der, der an dem schwarzen Schreibebrett sitzt, und ‚baff‘, da liegen sie wie gemäht. Und nun werden die alten Kegelwitze laut und der alte Conrektor sagt: ‚wie Grummet sah man unsere Leute die Türkenglieder mähn‘. O, ich sage Dir, Otto, das ist wohl hübsch. Aber Du willst nicht und so haben wir denn blos die Wahl zwischen Boccia und Cricket.“ „Boccia,“ sagte Maud. „Ich bin für Cricket,“ unterbrach Onkel Dodo, „trotzdem es englisch ist und alles Englische mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="104"/> das Kegeln für nicht fein und vornehm genug, ist Dir zu spießbürgerlich und ärgerst Dich, wenn die Kugel so hindonnert und der Junge, der im besten Fall immer nur ein Hemd und eine Hose anhat, alle Neune schreit. Aber Du hast unrecht, Otto. Nichts ist fein oder unfein an sich, es kommt lediglich darauf an, wozu wir die Dinge machen oder wie wir uns dazu stellen. Das Allergewöhnlichste kann auch wieder das Aparteste sein. Ich sage Dir, eine gute Kegelpartie geht über alles: Rock und Weste weg und den Gurt angezogen und nun die Kugel in der flachen Hand gewogen, als ob es die Weltkugel wär’ oder die Schicksalskugel und es hinge Leben und Sterben dran. Und nun richtig aufgesetzt und siehe da, alle Hälse recken sich und am weitesten <hi rendition="#g">der</hi>, der an dem schwarzen Schreibebrett sitzt, und ‚baff‘, da liegen sie wie gemäht. Und nun werden die alten Kegelwitze laut und der alte Conrektor sagt: ‚wie Grummet sah man unsere Leute die Türkenglieder mähn‘. O, ich sage Dir, Otto, das ist wohl hübsch. Aber Du willst nicht und so haben wir denn blos die Wahl zwischen Boccia und Cricket.“</p><lb/> <p>„Boccia,“ sagte Maud.</p><lb/> <p>„Ich bin für Cricket,“ unterbrach Onkel Dodo, „trotzdem es englisch ist und alles Englische mir </p> </div> </body> </text> </TEI> [104/0106]
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„Boccia,“ sagte Maud.
„Ich bin für Cricket,“ unterbrach Onkel Dodo, „trotzdem es englisch ist und alles Englische mir
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
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Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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