Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.Du hast neuerdings ein paarmal Andeutungen gemacht, erst in deinen Briefen und nun auch hier wieder, so heute abend noch auf dem Heimwege. Du weißt, daß ich in dieser delikaten Sache nicht wie Therese denke; sie hält die Poggenpuhls für einen Pfeiler der Gesellschaft, für eine staatliche Säule, was natürlich lächerlich ist; aber du deinerseits hast umgekehrt eine Neigung, zu wenig auf unsern alten Namen zu geben oder was dasselbe sagen will, auf den Ruhm unsres alten Namens. Ruhm und Name sind aber viel." "Kann ich zugeben, Manon; aber wer hat heutzutage nicht einen Namen? Und was macht nicht alles einen Namen! Pears Soap, Blookers Cacao, Malzextrakt von Johann Hoff. Rittertum und Heldenschaft stehen daneben weit zurück. Nimm da beispielsweise den Marschall Niel! Er hat, glaub' ich, Sebastopol erobert und war, wenn ich nicht irre, verzeih den Kalauer, ein Genie im ,Genie'; jedenfalls eine militärische Berühmtheit. Und doch, wenn nicht die Rose nach ihm hieße, wüßte kein Mensch mehr, daß er gelebt hat. Jndessen lassen wir Niel; was geht uns am Ende Niel an? Nehmen wir lieber etwas, was uns viel, viel näher liegt, nehmen wir da beispielsweise den großen Namen Hildebrand. Es gibt, glaub' ich, drei berühmte Maler dieses Namens, der Du hast neuerdings ein paarmal Andeutungen gemacht, erst in deinen Briefen und nun auch hier wieder, so heute abend noch auf dem Heimwege. Du weißt, daß ich in dieser delikaten Sache nicht wie Therese denke; sie hält die Poggenpuhls für einen Pfeiler der Gesellschaft, für eine staatliche Säule, was natürlich lächerlich ist; aber du deinerseits hast umgekehrt eine Neigung, zu wenig auf unsern alten Namen zu geben oder was dasselbe sagen will, auf den Ruhm unsres alten Namens. Ruhm und Name sind aber viel.“ „Kann ich zugeben, Manon; aber wer hat heutzutage nicht einen Namen? Und was macht nicht alles einen Namen! Pears Soap, Blookers Cacao, Malzextrakt von Johann Hoff. Rittertum und Heldenschaft stehen daneben weit zurück. Nimm da beispielsweise den Marschall Niel! Er hat, glaub’ ich, Sebastopol erobert und war, wenn ich nicht irre, verzeih den Kalauer, ein Genie im ‚Genie‘; jedenfalls eine militärische Berühmtheit. Und doch, wenn nicht die Rose nach ihm hieße, wüßte kein Mensch mehr, daß er gelebt hat. Jndessen lassen wir Niel; was geht uns am Ende Niel an? Nehmen wir lieber etwas, was uns viel, viel näher liegt, nehmen wir da beispielsweise den großen Namen Hildebrand. Es gibt, glaub’ ich, drei berühmte Maler dieses Namens, der <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0096" n="89"/> Du hast neuerdings ein paarmal Andeutungen gemacht, erst in deinen Briefen und nun auch hier wieder, so heute abend noch auf dem Heimwege. Du weißt, daß ich in dieser delikaten Sache nicht wie Therese denke; sie hält die Poggenpuhls für einen Pfeiler der Gesellschaft, für eine staatliche Säule, was natürlich lächerlich ist; aber du deinerseits hast umgekehrt eine Neigung, zu wenig auf unsern alten Namen zu geben oder was dasselbe sagen will, auf den <hi rendition="#g">Ruhm</hi> unsres alten Namens. Ruhm und Name sind aber viel.“</p><lb/> <p>„Kann ich zugeben, Manon; aber wer hat heutzutage <hi rendition="#g">nicht</hi> einen Namen? Und was <hi rendition="#g">macht</hi> nicht alles einen Namen! Pears Soap, Blookers Cacao, Malzextrakt von Johann Hoff. Rittertum und Heldenschaft stehen daneben weit zurück. Nimm da beispielsweise den Marschall Niel! Er hat, glaub’ ich, Sebastopol erobert und war, wenn ich nicht irre, verzeih den Kalauer, ein Genie im ‚Genie‘; jedenfalls eine militärische Berühmtheit. Und doch, wenn nicht die Rose nach ihm hieße, wüßte kein Mensch mehr, daß er gelebt hat. Jndessen lassen wir Niel; was geht uns am Ende Niel an? Nehmen wir lieber etwas, was uns viel, viel näher liegt, nehmen wir da beispielsweise den großen Namen Hildebrand. Es gibt, glaub’ ich, drei berühmte Maler dieses Namens, der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0096]
Du hast neuerdings ein paarmal Andeutungen gemacht, erst in deinen Briefen und nun auch hier wieder, so heute abend noch auf dem Heimwege. Du weißt, daß ich in dieser delikaten Sache nicht wie Therese denke; sie hält die Poggenpuhls für einen Pfeiler der Gesellschaft, für eine staatliche Säule, was natürlich lächerlich ist; aber du deinerseits hast umgekehrt eine Neigung, zu wenig auf unsern alten Namen zu geben oder was dasselbe sagen will, auf den Ruhm unsres alten Namens. Ruhm und Name sind aber viel.“
„Kann ich zugeben, Manon; aber wer hat heutzutage nicht einen Namen? Und was macht nicht alles einen Namen! Pears Soap, Blookers Cacao, Malzextrakt von Johann Hoff. Rittertum und Heldenschaft stehen daneben weit zurück. Nimm da beispielsweise den Marschall Niel! Er hat, glaub’ ich, Sebastopol erobert und war, wenn ich nicht irre, verzeih den Kalauer, ein Genie im ‚Genie‘; jedenfalls eine militärische Berühmtheit. Und doch, wenn nicht die Rose nach ihm hieße, wüßte kein Mensch mehr, daß er gelebt hat. Jndessen lassen wir Niel; was geht uns am Ende Niel an? Nehmen wir lieber etwas, was uns viel, viel näher liegt, nehmen wir da beispielsweise den großen Namen Hildebrand. Es gibt, glaub’ ich, drei berühmte Maler dieses Namens, der
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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