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Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

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"Das ist es ja eben, was einen ärgert, dieser unwürdige Weibereinfluß. Und dann, Mama, von mir will ich am Ende nicht reden, ich bin vielleicht enfant perdu; meinetwegen. Aber Wendelin, dieser Musterknabe, wenn ich meinen Herrn Bruder so nennen darf, an dem müßte er doch wenigstens seine Freude haben und sogar die Frau Tante. Da liegt doch die Knauserei ganz deutlich zu Tage."

"Spricht Wendelin ebenso?"

"Nein. Der nicht, der braucht es auch nicht. Wendelin, der das Talent hat, bei seiner Wasserkaraffe sich Herr von ungezählten Welten zu fühlen, Wendelin macht auch so seinen Weg. Aber auch für ihn ist doch ein Unterschied. Es ist nun 'mal was andres, ob man seinen Weg spielend macht oder in ewiger Askese. Die mit Askese haben meistens einen Knacks weg; - sie werden berühmt oder können es wenigstens werden, aber auch wenn sie berühmt sind, wirken sie meistens wie kleine Schulmeister. Möglich, daß Wendelin eine Ausnahme macht."

"Glaubst du denn überhaupt und mit einer Art von Zuversicht, daß etwas Höheres aus ihm werden wird?"

"Gewiß, Mutter. Kein halbes Jahr, so kommt er in den Generalstab. Was er über Skobeleff geschrieben hat Aufsehen gemacht. Und dann noch ein

„Das ist es ja eben, was einen ärgert, dieser unwürdige Weibereinfluß. Und dann, Mama, von mir will ich am Ende nicht reden, ich bin vielleicht enfant perdu; meinetwegen. Aber Wendelin, dieser Musterknabe, wenn ich meinen Herrn Bruder so nennen darf, an dem müßte er doch wenigstens seine Freude haben und sogar die Frau Tante. Da liegt doch die Knauserei ganz deutlich zu Tage.“

„Spricht Wendelin ebenso?“

„Nein. Der nicht, der braucht es auch nicht. Wendelin, der das Talent hat, bei seiner Wasserkaraffe sich Herr von ungezählten Welten zu fühlen, Wendelin macht auch so seinen Weg. Aber auch für ihn ist doch ein Unterschied. Es ist nun ’mal was andres, ob man seinen Weg spielend macht oder in ewiger Askese. Die mit Askese haben meistens einen Knacks weg; – sie werden berühmt oder können es wenigstens werden, aber auch wenn sie berühmt sind, wirken sie meistens wie kleine Schulmeister. Möglich, daß Wendelin eine Ausnahme macht.“

„Glaubst du denn überhaupt und mit einer Art von Zuversicht, daß etwas Höheres aus ihm werden wird?“

„Gewiß, Mutter. Kein halbes Jahr, so kommt er in den Generalstab. Was er über Skobeleff geschrieben hat Aufsehen gemacht. Und dann noch ein

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[40/0047] „Das ist es ja eben, was einen ärgert, dieser unwürdige Weibereinfluß. Und dann, Mama, von mir will ich am Ende nicht reden, ich bin vielleicht enfant perdu; meinetwegen. Aber Wendelin, dieser Musterknabe, wenn ich meinen Herrn Bruder so nennen darf, an dem müßte er doch wenigstens seine Freude haben und sogar die Frau Tante. Da liegt doch die Knauserei ganz deutlich zu Tage.“ „Spricht Wendelin ebenso?“ „Nein. Der nicht, der braucht es auch nicht. Wendelin, der das Talent hat, bei seiner Wasserkaraffe sich Herr von ungezählten Welten zu fühlen, Wendelin macht auch so seinen Weg. Aber auch für ihn ist doch ein Unterschied. Es ist nun ’mal was andres, ob man seinen Weg spielend macht oder in ewiger Askese. Die mit Askese haben meistens einen Knacks weg; – sie werden berühmt oder können es wenigstens werden, aber auch wenn sie berühmt sind, wirken sie meistens wie kleine Schulmeister. Möglich, daß Wendelin eine Ausnahme macht.“ „Glaubst du denn überhaupt und mit einer Art von Zuversicht, daß etwas Höheres aus ihm werden wird?“ „Gewiß, Mutter. Kein halbes Jahr, so kommt er in den Generalstab. Was er über Skobeleff geschrieben hat Aufsehen gemacht. Und dann noch ein

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

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  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/47>, abgerufen am 23.04.2024.