Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.Aber doch für mich. Das Militärwochenblatt hat mir heute früh das Honorar geschickt.' >Viel?' unterbrach ich ihn wieder in höchster Erregung. >Das Militärwochenblatt schickt immer viel,' antwortete er ruhig, und legte dabei drei Zwanzigmarkscheine vor mich hin. Jch, geblendet, als ob es nicht Scheine, sondern das reine pure Gold wäre, will mich blindlings und dankbar auf ihn losstürzen, aber er wehrt mich vornehm ab und sagt nur: ,Alles deine, Leo; aber nicht zum Verkneipen. Uebermorgen früh reist du nach Berlin.'" "Der gute Wendelin! Er schickt ihn dir, weil er weiß, daß er dein Liebling ist," unterbrach hier Manon und streichelte der Mama die Hände. Therese aber las weiter: ",... Vier Uhr nachmittags bist du da, benimmst dich nett und hilfst am andern Morgen den Geburtstag mitfeiern. Nach Kaisers Geburtstag kommt Mamas Geburtstag. Das ist Poggenpuhlscher Katechismus. Und nun zieh dich an und geh eine Stunde spazieren. Denn du stehst da wie Sylvester in seiner letzten Stunde.' Unter diesen Worten verließ er mich wie ein Fürst. Und ich werde thun, wie er befohlen hat und Dienstag nachmittag bei euch eintreffen. Vier Uhr. Tout a vous ma Reine mere. Dein glücklicher, verdrehter, wohlaffektionierter Leo I." Aber doch für mich. Das Militärwochenblatt hat mir heute früh das Honorar geschickt.‘ ›Viel?‘ unterbrach ich ihn wieder in höchster Erregung. ›Das Militärwochenblatt schickt immer viel,‘ antwortete er ruhig, und legte dabei drei Zwanzigmarkscheine vor mich hin. Jch, geblendet, als ob es nicht Scheine, sondern das reine pure Gold wäre, will mich blindlings und dankbar auf ihn losstürzen, aber er wehrt mich vornehm ab und sagt nur: ‚Alles deine, Leo; aber nicht zum Verkneipen. Uebermorgen früh reist du nach Berlin.‘“ „Der gute Wendelin! Er schickt ihn dir, weil er weiß, daß er dein Liebling ist,“ unterbrach hier Manon und streichelte der Mama die Hände. Therese aber las weiter: „‚... Vier Uhr nachmittags bist du da, benimmst dich nett und hilfst am andern Morgen den Geburtstag mitfeiern. Nach Kaisers Geburtstag kommt Mamas Geburtstag. Das ist Poggenpuhlscher Katechismus. Und nun zieh dich an und geh eine Stunde spazieren. Denn du stehst da wie Sylvester in seiner letzten Stunde.‘ Unter diesen Worten verließ er mich wie ein Fürst. Und ich werde thun, wie er befohlen hat und Dienstag nachmittag bei euch eintreffen. Vier Uhr. Tout à vous ma Reine mère. Dein glücklicher, verdrehter, wohlaffektionierter Leo I.“ <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0029" n="22"/> Aber doch für mich. Das Militärwochenblatt hat mir heute früh das Honorar geschickt.‘</p><lb/> <p><choice><sic>»‚Viel</sic><corr>›Viel</corr></choice>?‘ unterbrach ich ihn wieder in höchster Erregung.</p><lb/> <p><choice><sic>»‚Das</sic><corr>›Das</corr></choice> Militärwochenblatt schickt immer viel,‘ antwortete er ruhig, und legte dabei drei Zwanzigmarkscheine vor mich hin. Jch, geblendet, als ob es nicht Scheine, sondern das reine pure Gold wäre, will mich blindlings und dankbar auf ihn losstürzen, aber er wehrt mich vornehm ab und sagt nur: ‚Alles deine, Leo; aber nicht zum Verkneipen. Uebermorgen früh reist du nach Berlin.‘“</p><lb/> <p>„Der gute Wendelin! Er schickt ihn dir, weil er weiß, daß er dein Liebling ist,“ unterbrach hier Manon und streichelte der Mama die Hände. Therese aber las weiter: „‚... Vier Uhr nachmittags bist du da, benimmst dich nett und hilfst am andern Morgen den Geburtstag mitfeiern. Nach Kaisers Geburtstag kommt Mamas Geburtstag. Das ist Poggenpuhlscher Katechismus. Und nun zieh dich an und geh eine Stunde spazieren. Denn du stehst da wie Sylvester in seiner letzten Stunde.‘ Unter diesen Worten verließ er mich wie ein Fürst. Und ich werde thun, wie er befohlen hat und Dienstag nachmittag bei euch eintreffen. Vier Uhr. Tout à vous ma Reine mère. Dein glücklicher, verdrehter, wohlaffektionierter Leo <hi rendition="#aq">I</hi>.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [22/0029]
Aber doch für mich. Das Militärwochenblatt hat mir heute früh das Honorar geschickt.‘
›Viel?‘ unterbrach ich ihn wieder in höchster Erregung.
›Das Militärwochenblatt schickt immer viel,‘ antwortete er ruhig, und legte dabei drei Zwanzigmarkscheine vor mich hin. Jch, geblendet, als ob es nicht Scheine, sondern das reine pure Gold wäre, will mich blindlings und dankbar auf ihn losstürzen, aber er wehrt mich vornehm ab und sagt nur: ‚Alles deine, Leo; aber nicht zum Verkneipen. Uebermorgen früh reist du nach Berlin.‘“
„Der gute Wendelin! Er schickt ihn dir, weil er weiß, daß er dein Liebling ist,“ unterbrach hier Manon und streichelte der Mama die Hände. Therese aber las weiter: „‚... Vier Uhr nachmittags bist du da, benimmst dich nett und hilfst am andern Morgen den Geburtstag mitfeiern. Nach Kaisers Geburtstag kommt Mamas Geburtstag. Das ist Poggenpuhlscher Katechismus. Und nun zieh dich an und geh eine Stunde spazieren. Denn du stehst da wie Sylvester in seiner letzten Stunde.‘ Unter diesen Worten verließ er mich wie ein Fürst. Und ich werde thun, wie er befohlen hat und Dienstag nachmittag bei euch eintreffen. Vier Uhr. Tout à vous ma Reine mère. Dein glücklicher, verdrehter, wohlaffektionierter Leo I.“
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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