Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.
Glücksfälle für Thatsachen und überließ sich, ohne seiner auch in besten Zeiten doch immer nur bescheidenen Mittel zu gedenken, der Pflege "nobler Passionen". Er begann mit Pferd und Wagen, ging aber bald zur Spielpassion über und verspielte, während der sieben Jahre von 1819 bis 26, ein kleines Vermögen. Der Hauptgewinner war ein benachbarter Rittergutsbesitzer. Als mir dreißig Jahre später der Sohn dieses Rittergutsbesitzers eine kleine Summe Geld lieh, sagte mein Vater: "das stecke nur ruhig ein, sein Vater hat mir ganz allmälig zehntausend Thaler in Whist en trois abgenommen." Vielleicht war diese Zahl zu hoch gegriffen, aber wie's damit auch stehen mochte, die Summe war jedenfalls bedeutend genug, um sein Credit und Debet außer Balance zu bringen und ihn, neben Andrem, auch zu einem sehr säumigen Zinszahler zu machen. Dies wäre nun, unter gewöhnlichen Verhältnissen, wo man etwa zu Hypotheken-Einschreibungen und Aehnlichem hätte greifen können, eine Zeitlang ganz ertragbar gewesen; zum Unglück aber traf es sich so, daß meines Vaters Hauptgläubiger sein eigner Vater war, der nun Gelegenheit nahm, seinem nur zu berechtigten Unmuthe, sei's in Briefen, sei's bei persönlichen Zusammenkünften, Ausdruck zu geben. Das Bedrückliche der Situation Glücksfälle für Thatsachen und überließ sich, ohne seiner auch in besten Zeiten doch immer nur bescheidenen Mittel zu gedenken, der Pflege „nobler Passionen“. Er begann mit Pferd und Wagen, ging aber bald zur Spielpassion über und verspielte, während der sieben Jahre von 1819 bis 26, ein kleines Vermögen. Der Hauptgewinner war ein benachbarter Rittergutsbesitzer. Als mir dreißig Jahre später der Sohn dieses Rittergutsbesitzers eine kleine Summe Geld lieh, sagte mein Vater: „das stecke nur ruhig ein, sein Vater hat mir ganz allmälig zehntausend Thaler in Whist en trois abgenommen.“ Vielleicht war diese Zahl zu hoch gegriffen, aber wie’s damit auch stehen mochte, die Summe war jedenfalls bedeutend genug, um sein Credit und Debet außer Balance zu bringen und ihn, neben Andrem, auch zu einem sehr säumigen Zinszahler zu machen. Dies wäre nun, unter gewöhnlichen Verhältnissen, wo man etwa zu Hypotheken-Einschreibungen und Aehnlichem hätte greifen können, eine Zeitlang ganz ertragbar gewesen; zum Unglück aber traf es sich so, daß meines Vaters Hauptgläubiger sein eigner Vater war, der nun Gelegenheit nahm, seinem nur zu berechtigten Unmuthe, sei’s in Briefen, sei’s bei persönlichen Zusammenkünften, Ausdruck zu geben. Das Bedrückliche der Situation <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="24"/> Glücksfälle für Thatsachen und überließ sich, ohne seiner auch in besten Zeiten doch immer nur bescheidenen Mittel zu gedenken, der Pflege „nobler Passionen“. Er begann mit Pferd und Wagen, ging aber bald zur Spielpassion über und verspielte, während der sieben Jahre von 1819 bis 26, ein kleines Vermögen. Der Hauptgewinner war ein benachbarter Rittergutsbesitzer. Als mir dreißig Jahre später der Sohn dieses Rittergutsbesitzers eine kleine Summe Geld lieh, sagte mein Vater: „das stecke nur ruhig ein, sein Vater hat mir ganz allmälig zehntausend Thaler in Whist <hi rendition="#aq">en trois</hi> abgenommen.“ Vielleicht war diese Zahl zu hoch gegriffen, aber wie’s damit auch stehen mochte, die Summe war jedenfalls bedeutend genug, um sein <hi rendition="#aq">Credit</hi> und <hi rendition="#aq">Debet</hi> außer Balance zu bringen und ihn, neben Andrem, auch zu einem sehr säumigen Zinszahler zu machen. Dies wäre nun, unter gewöhnlichen Verhältnissen, wo man etwa zu Hypotheken-Einschreibungen und Aehnlichem hätte greifen können, eine Zeitlang ganz ertragbar gewesen; zum Unglück aber traf es sich so, daß meines Vaters Hauptgläubiger sein eigner Vater war, der nun Gelegenheit nahm, seinem nur zu berechtigten Unmuthe, sei’s in Briefen, sei’s bei persönlichen Zusammenkünften, Ausdruck zu geben. Das Bedrückliche der Situation </p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0032]
Glücksfälle für Thatsachen und überließ sich, ohne seiner auch in besten Zeiten doch immer nur bescheidenen Mittel zu gedenken, der Pflege „nobler Passionen“. Er begann mit Pferd und Wagen, ging aber bald zur Spielpassion über und verspielte, während der sieben Jahre von 1819 bis 26, ein kleines Vermögen. Der Hauptgewinner war ein benachbarter Rittergutsbesitzer. Als mir dreißig Jahre später der Sohn dieses Rittergutsbesitzers eine kleine Summe Geld lieh, sagte mein Vater: „das stecke nur ruhig ein, sein Vater hat mir ganz allmälig zehntausend Thaler in Whist en trois abgenommen.“ Vielleicht war diese Zahl zu hoch gegriffen, aber wie’s damit auch stehen mochte, die Summe war jedenfalls bedeutend genug, um sein Credit und Debet außer Balance zu bringen und ihn, neben Andrem, auch zu einem sehr säumigen Zinszahler zu machen. Dies wäre nun, unter gewöhnlichen Verhältnissen, wo man etwa zu Hypotheken-Einschreibungen und Aehnlichem hätte greifen können, eine Zeitlang ganz ertragbar gewesen; zum Unglück aber traf es sich so, daß meines Vaters Hauptgläubiger sein eigner Vater war, der nun Gelegenheit nahm, seinem nur zu berechtigten Unmuthe, sei’s in Briefen, sei’s bei persönlichen Zusammenkünften, Ausdruck zu geben. Das Bedrückliche der Situation
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