Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.Neben diesem war noch ein Stuhl frei; der war für mich. Ich ging aber, so war ich instruirt, zuvörderst auf den Lehrer zu, um diesem die Hand zu geben. Er rückte denn auch, war er doch ohnehin kurzsichtig, seinen Sessel ein wenig herum, um mich besser sehen zu können. "Nun, das ist recht, daß Du da bist. Setze Dich da drüben neben Deinen Freund. Und nun wollen wir mit einer Leseprobe beginnen. Ihr habt Alle den Kinderfreund und der soll auch bleiben. Aber heute möcht' ich doch, daß wir zuerst die Bibel nähmen; Ihr habt doch die Bibel?" Wir bestätigten und er seinerseits fuhr fort: "Ich denke, wir fangen mit dem Anfang an. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Für die zwei Kleinen ist es noch zu schwer, aber Ihr beiden Großen könnt euch darin theilen." Wir lasen denn auch das Kapitel so ziemlich zu Zufall habe ihn, von Anfang an, zu einer populären Figur gemacht. Er erholte sich anscheinend auch gesundheitlich, nahm an allem Theil und schrieb reizende Briefe, die Willibald Alexis, ein Freund des Krause'schen Hauses, herausgegeben hat. Aber sein Leiden war schon zu weit vorgeschritten und so starb er denn bereits im Sommer 1842. Als der Begräbnißtag da war, war gerade Prinz Adalbert, auf seiner Brasilienfahrt, im Hafen von Malaga gelandet und nahm, in freundlicher Erinnerung an die im Krause'schen Hause verlebten Tage, Veranlassung, sich mit seinen Offizieren an der Trauerfeierlichkeit zu betheiligen.
Neben diesem war noch ein Stuhl frei; der war für mich. Ich ging aber, so war ich instruirt, zuvörderst auf den Lehrer zu, um diesem die Hand zu geben. Er rückte denn auch, war er doch ohnehin kurzsichtig, seinen Sessel ein wenig herum, um mich besser sehen zu können. „Nun, das ist recht, daß Du da bist. Setze Dich da drüben neben Deinen Freund. Und nun wollen wir mit einer Leseprobe beginnen. Ihr habt Alle den Kinderfreund und der soll auch bleiben. Aber heute möcht’ ich doch, daß wir zuerst die Bibel nähmen; Ihr habt doch die Bibel?“ Wir bestätigten und er seinerseits fuhr fort: „Ich denke, wir fangen mit dem Anfang an. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Für die zwei Kleinen ist es noch zu schwer, aber Ihr beiden Großen könnt euch darin theilen.“ Wir lasen denn auch das Kapitel so ziemlich zu Zufall habe ihn, von Anfang an, zu einer populären Figur gemacht. Er erholte sich anscheinend auch gesundheitlich, nahm an allem Theil und schrieb reizende Briefe, die Willibald Alexis, ein Freund des Krause’schen Hauses, herausgegeben hat. Aber sein Leiden war schon zu weit vorgeschritten und so starb er denn bereits im Sommer 1842. Als der Begräbnißtag da war, war gerade Prinz Adalbert, auf seiner Brasilienfahrt, im Hafen von Malaga gelandet und nahm, in freundlicher Erinnerung an die im Krause’schen Hause verlebten Tage, Veranlassung, sich mit seinen Offizieren an der Trauerfeierlichkeit zu betheiligen.
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Neben diesem war noch ein Stuhl frei; der war für mich. Ich ging aber, so war ich instruirt, zuvörderst auf den Lehrer zu, um diesem die Hand zu geben. Er rückte denn auch, war er doch ohnehin kurzsichtig, seinen Sessel ein wenig herum, um mich besser sehen zu können. „Nun, das ist recht, daß Du da bist. Setze Dich da drüben neben Deinen Freund. Und nun wollen wir mit einer Leseprobe beginnen. Ihr habt Alle den Kinderfreund und der soll auch bleiben. Aber heute möcht’ ich doch, daß wir zuerst die Bibel nähmen; Ihr habt doch die Bibel?“ Wir bestätigten und er seinerseits fuhr fort: „Ich denke, wir fangen mit dem Anfang an. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Für die zwei Kleinen ist es noch zu schwer, aber Ihr beiden Großen könnt euch darin theilen.“
Wir lasen denn auch das Kapitel so ziemlich zu *)
*) Zufall habe ihn, von Anfang an, zu einer populären Figur gemacht. Er erholte sich anscheinend auch gesundheitlich, nahm an allem Theil und schrieb reizende Briefe, die Willibald Alexis, ein Freund des Krause’schen Hauses, herausgegeben hat. Aber sein Leiden war schon zu weit vorgeschritten und so starb er denn bereits im Sommer 1842. Als der Begräbnißtag da war, war gerade Prinz Adalbert, auf seiner Brasilienfahrt, im Hafen von Malaga gelandet und nahm, in freundlicher Erinnerung an die im Krause’schen Hause verlebten Tage, Veranlassung, sich mit seinen Offizieren an der Trauerfeierlichkeit zu betheiligen.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/228>, abgerufen am 16.02.2025. |