Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

zwischen heut und einem Jahr erlebe. Sie sind
reich, lieber Wedell, und mit Ihnen pressirt es am
Ende nicht. Aber sehen Sie sich unsern Freund
Botho an. Daß er so wohlgenährt aussieht, das
verdankt er nicht seiner Sandbüchse, die, die paar
Wiesen abgerechnet, eigentlich nichts als eine Kiefern¬
schonung ist, und noch weniger seinem Muränensee.
"Muränensee", das klingt wundervoll und man
könnte beinah sagen poetisch. Aber das ist auch alles.
Man kann von Muränen nicht leben. Ich weiß,
Du hörst nicht gerne davon, aber da wir mal dabei
sind, so muß es heraus. Wie liegt es denn? Dein
Großvater hat die Haide 'runterschlagen lassen und
Dein Vater selig -- ein kapitaler Mann, aber ich
habe keinen Menschen je so schlecht L'hombre spielen
sehn und so hoch dazu -- Dein Vater selig, sag'
ich, hat die fünfhundert Morgen Bruchacker an die
Jeseritzer Bauern parzellirt und was von gutem
Boden übrig geblieben ist, ist nicht viel, und die
dreißigtausend Thaler sind auch längst wieder fort.
Wärst Du allein, so möcht' es gehn, aber Du mußt
theilen mit Deinem Bruder und vorläufig hat die
Mama, meine Frau Schwester Liebden, das Ganze
noch in Händen, eine prächtige Frau, klug und ge¬
scheidt, aber auch nicht auf die sparsame Seite ge¬
fallen. Botho, wozu stehst Du bei den Kaiser¬
kürassieren und wozu hast Du eine reiche Cousine,

zwiſchen heut und einem Jahr erlebe. Sie ſind
reich, lieber Wedell, und mit Ihnen preſſirt es am
Ende nicht. Aber ſehen Sie ſich unſern Freund
Botho an. Daß er ſo wohlgenährt ausſieht, das
verdankt er nicht ſeiner Sandbüchſe, die, die paar
Wieſen abgerechnet, eigentlich nichts als eine Kiefern¬
ſchonung iſt, und noch weniger ſeinem Muränenſee.
„Muränenſee“, das klingt wundervoll und man
könnte beinah ſagen poetiſch. Aber das iſt auch alles.
Man kann von Muränen nicht leben. Ich weiß,
Du hörſt nicht gerne davon, aber da wir mal dabei
ſind, ſo muß es heraus. Wie liegt es denn? Dein
Großvater hat die Haide 'runterſchlagen laſſen und
Dein Vater ſelig — ein kapitaler Mann, aber ich
habe keinen Menſchen je ſo ſchlecht L'hombre ſpielen
ſehn und ſo hoch dazu — Dein Vater ſelig, ſag'
ich, hat die fünfhundert Morgen Bruchacker an die
Jeſeritzer Bauern parzellirt und was von gutem
Boden übrig geblieben iſt, iſt nicht viel, und die
dreißigtauſend Thaler ſind auch längſt wieder fort.
Wärſt Du allein, ſo möcht' es gehn, aber Du mußt
theilen mit Deinem Bruder und vorläufig hat die
Mama, meine Frau Schweſter Liebden, das Ganze
noch in Händen, eine prächtige Frau, klug und ge¬
ſcheidt, aber auch nicht auf die ſparſame Seite ge¬
fallen. Botho, wozu ſtehſt Du bei den Kaiſer¬
küraſſieren und wozu haſt Du eine reiche Couſine,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0081" n="71"/>
zwi&#x017F;chen heut und einem Jahr erlebe. Sie &#x017F;ind<lb/>
reich, lieber Wedell, und mit Ihnen pre&#x017F;&#x017F;irt es am<lb/>
Ende nicht. Aber &#x017F;ehen Sie &#x017F;ich un&#x017F;ern Freund<lb/>
Botho an. Daß er &#x017F;o wohlgenährt aus&#x017F;ieht, das<lb/>
verdankt er nicht &#x017F;einer Sandbüch&#x017F;e, die, die paar<lb/>
Wie&#x017F;en abgerechnet, eigentlich nichts als eine Kiefern¬<lb/>
&#x017F;chonung i&#x017F;t, und noch weniger &#x017F;einem Muränen&#x017F;ee.<lb/>
&#x201E;Muränen&#x017F;ee&#x201C;, das klingt wundervoll und man<lb/>
könnte beinah &#x017F;agen poeti&#x017F;ch. Aber das i&#x017F;t auch alles.<lb/>
Man kann von Muränen nicht leben. Ich weiß,<lb/>
Du hör&#x017F;t nicht gerne davon, aber da wir mal dabei<lb/>
&#x017F;ind, &#x017F;o muß es heraus. Wie liegt es denn? Dein<lb/>
Großvater hat die Haide 'runter&#x017F;chlagen la&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Dein Vater &#x017F;elig &#x2014; ein kapitaler Mann, aber ich<lb/>
habe keinen Men&#x017F;chen je &#x017F;o &#x017F;chlecht L'hombre &#x017F;pielen<lb/>
&#x017F;ehn und &#x017F;o hoch dazu &#x2014; Dein Vater &#x017F;elig, &#x017F;ag'<lb/>
ich, hat die fünfhundert Morgen Bruchacker an die<lb/>
Je&#x017F;eritzer Bauern parzellirt und was von gutem<lb/>
Boden übrig geblieben i&#x017F;t, i&#x017F;t nicht viel, und die<lb/>
dreißigtau&#x017F;end Thaler &#x017F;ind auch läng&#x017F;t wieder fort.<lb/>
Wär&#x017F;t Du allein, &#x017F;o möcht' es gehn, aber Du mußt<lb/>
theilen mit Deinem Bruder und vorläufig hat die<lb/>
Mama, meine Frau Schwe&#x017F;ter Liebden, das Ganze<lb/>
noch in Händen, eine prächtige Frau, klug und ge¬<lb/>
&#x017F;cheidt, aber auch nicht auf die &#x017F;par&#x017F;ame Seite ge¬<lb/>
fallen. Botho, wozu &#x017F;teh&#x017F;t Du bei den Kai&#x017F;er¬<lb/>
küra&#x017F;&#x017F;ieren und wozu ha&#x017F;t Du eine reiche Cou&#x017F;ine,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0081] zwiſchen heut und einem Jahr erlebe. Sie ſind reich, lieber Wedell, und mit Ihnen preſſirt es am Ende nicht. Aber ſehen Sie ſich unſern Freund Botho an. Daß er ſo wohlgenährt ausſieht, das verdankt er nicht ſeiner Sandbüchſe, die, die paar Wieſen abgerechnet, eigentlich nichts als eine Kiefern¬ ſchonung iſt, und noch weniger ſeinem Muränenſee. „Muränenſee“, das klingt wundervoll und man könnte beinah ſagen poetiſch. Aber das iſt auch alles. Man kann von Muränen nicht leben. Ich weiß, Du hörſt nicht gerne davon, aber da wir mal dabei ſind, ſo muß es heraus. Wie liegt es denn? Dein Großvater hat die Haide 'runterſchlagen laſſen und Dein Vater ſelig — ein kapitaler Mann, aber ich habe keinen Menſchen je ſo ſchlecht L'hombre ſpielen ſehn und ſo hoch dazu — Dein Vater ſelig, ſag' ich, hat die fünfhundert Morgen Bruchacker an die Jeſeritzer Bauern parzellirt und was von gutem Boden übrig geblieben iſt, iſt nicht viel, und die dreißigtauſend Thaler ſind auch längſt wieder fort. Wärſt Du allein, ſo möcht' es gehn, aber Du mußt theilen mit Deinem Bruder und vorläufig hat die Mama, meine Frau Schweſter Liebden, das Ganze noch in Händen, eine prächtige Frau, klug und ge¬ ſcheidt, aber auch nicht auf die ſparſame Seite ge¬ fallen. Botho, wozu ſtehſt Du bei den Kaiſer¬ küraſſieren und wozu haſt Du eine reiche Couſine,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/81
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/81>, abgerufen am 23.11.2024.