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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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dalbert, nun ja, aber eine dalbrige junge Frau ist
immer noch besser als keine."

Danach rief er die Leute zusammen und ließ
sie wissen, daß die gnädige Frau in drei Tagen
wieder da sein werde; sie sollten Alles in Stand
setzen und die Schlösser putzen. Und kein Fliegen¬
fleck auf dem großen Spiegel.

Als er so Vorkehrungen getroffen, ging er zum
Dienst in die Kaserne. "Wenn wer fragt, ich bin
von 5 an wieder zu Haus."

Sein Programm für die zwischenliegende Zeit
ging dahin, daß er bis Mittag auf dem Eskadron¬
hofe bleiben, dann ein paar Stunden reiten und
nach dem Ritt im Klub essen wollte. Wenn er
niemand anders dort traf, so traf er doch Balafre,
was gleichbedeutend war mit Whist en deux und
einer Fülle von Hofgeschichten, wahren und un¬
wahren. Denn Balafre, so zuverlässig er war,
legte doch grundsätzlich eine Stunde des Tags für
Humbug und Aufschneidereien an. Ja, diese Be¬
schäftigung stand ihm, nach Art eines geistigen
Sports, unter seinen Vergnügungen obenan.

Und wie das Programm war, so wurd' es auch
ausgeführt. Die Hofuhr in der Kaserne schlug eben
12, als er sich in den Sattel hob und nach
Passirung erst der "Linden" und gleich danach der
Luisenstraße, schließlich in einen neben dem Kanal

dalbert, nun ja, aber eine dalbrige junge Frau iſt
immer noch beſſer als keine.“

Danach rief er die Leute zuſammen und ließ
ſie wiſſen, daß die gnädige Frau in drei Tagen
wieder da ſein werde; ſie ſollten Alles in Stand
ſetzen und die Schlöſſer putzen. Und kein Fliegen¬
fleck auf dem großen Spiegel.

Als er ſo Vorkehrungen getroffen, ging er zum
Dienſt in die Kaſerne. „Wenn wer fragt, ich bin
von 5 an wieder zu Haus.“

Sein Programm für die zwiſchenliegende Zeit
ging dahin, daß er bis Mittag auf dem Eskadron¬
hofe bleiben, dann ein paar Stunden reiten und
nach dem Ritt im Klub eſſen wollte. Wenn er
niemand anders dort traf, ſo traf er doch Balafré,
was gleichbedeutend war mit Whiſt en deux und
einer Fülle von Hofgeſchichten, wahren und un¬
wahren. Denn Balafré, ſo zuverläſſig er war,
legte doch grundſätzlich eine Stunde des Tags für
Humbug und Aufſchneidereien an. Ja, dieſe Be¬
ſchäftigung ſtand ihm, nach Art eines geiſtigen
Sports, unter ſeinen Vergnügungen obenan.

Und wie das Programm war, ſo wurd' es auch
ausgeführt. Die Hofuhr in der Kaſerne ſchlug eben
12, als er ſich in den Sattel hob und nach
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[254/0264] dalbert, nun ja, aber eine dalbrige junge Frau iſt immer noch beſſer als keine.“ Danach rief er die Leute zuſammen und ließ ſie wiſſen, daß die gnädige Frau in drei Tagen wieder da ſein werde; ſie ſollten Alles in Stand ſetzen und die Schlöſſer putzen. Und kein Fliegen¬ fleck auf dem großen Spiegel. Als er ſo Vorkehrungen getroffen, ging er zum Dienſt in die Kaſerne. „Wenn wer fragt, ich bin von 5 an wieder zu Haus.“ Sein Programm für die zwiſchenliegende Zeit ging dahin, daß er bis Mittag auf dem Eskadron¬ hofe bleiben, dann ein paar Stunden reiten und nach dem Ritt im Klub eſſen wollte. Wenn er niemand anders dort traf, ſo traf er doch Balafré, was gleichbedeutend war mit Whiſt en deux und einer Fülle von Hofgeſchichten, wahren und un¬ wahren. Denn Balafré, ſo zuverläſſig er war, legte doch grundſätzlich eine Stunde des Tags für Humbug und Aufſchneidereien an. Ja, dieſe Be¬ ſchäftigung ſtand ihm, nach Art eines geiſtigen Sports, unter ſeinen Vergnügungen obenan. Und wie das Programm war, ſo wurd' es auch ausgeführt. Die Hofuhr in der Kaſerne ſchlug eben 12, als er ſich in den Sattel hob und nach Paſſirung erſt der „Linden“ und gleich danach der Luiſenſtraße, ſchließlich in einen neben dem Kanal

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/264>, abgerufen am 24.11.2024.