Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.
Noch ist sein Schloß ein Bacchustempel: Bei Hof ist Ball; schau, -- scheint nicht eben Die Schönheit selbst daher zu schweben? Wer anders kann sie sein die Schlanke, Zu der, wenn sie vorüberrauscht, Ein jeder Sinn sich und Gedanke Hinneiget und gefangen lauscht! An ihrer Schönheit stumpft der Hohn. Mehr als ein König auf dem Thron,
Noch iſt ſein Schloß ein Bacchustempel: Bei Hof iſt Ball; ſchau, — ſcheint nicht eben Die Schönheit ſelbſt daher zu ſchweben? Wer anders kann ſie ſein die Schlanke, Zu der, wenn ſie vorüberrauſcht, Ein jeder Sinn ſich und Gedanke Hinneiget und gefangen lauſcht! An ihrer Schönheit ſtumpft der Hohn. Mehr als ein König auf dem Thron, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <l> <pb facs="#f0225" n="211"/> </l> <l>Noch iſt ſein Schloß ein Bacchustempel:</l><lb/> <l>Die Flaſche gilt, es gilt die Dirn’;</l><lb/> <l>Wohl raſt die Peſt, doch jedes Opfer</l><lb/> <l>Scheint nur zu rufen: „Friſch gelebt!</l><lb/> <l>Wer weiß es ob der Tod den Klopfer</l><lb/> <l>Nicht bald an Deiner Thüre hebt.“</l><lb/> <l>Es iſt, als ob das nahe Sterben</l><lb/> <l>Dem Leben tauſend Reize leiht,</l><lb/> <l>Man jagt um ſeine Luſt zu werben;</l><lb/> <l>„<hi rendition="#g">Genuß</hi>“ iſt Loſungswort der Zeit.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Bei Hof iſt Ball; ſchau, — ſcheint nicht eben</l><lb/> <l>Die Schönheit ſelbſt daher zu ſchweben?</l><lb/> <l>Wer anders kann ſie ſein die Schlanke,</l><lb/> <l>Zu der, wenn ſie vorüberrauſcht,</l><lb/> <l>Ein jeder Sinn ſich und Gedanke</l><lb/> <l>Hinneiget und gefangen lauſcht!</l><lb/> <l>An ihrer Schönheit ſtumpft der Hohn.</l><lb/> <l>Mehr als ein König auf dem Thron,</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0225]
Noch iſt ſein Schloß ein Bacchustempel:
Die Flaſche gilt, es gilt die Dirn’;
Wohl raſt die Peſt, doch jedes Opfer
Scheint nur zu rufen: „Friſch gelebt!
Wer weiß es ob der Tod den Klopfer
Nicht bald an Deiner Thüre hebt.“
Es iſt, als ob das nahe Sterben
Dem Leben tauſend Reize leiht,
Man jagt um ſeine Luſt zu werben;
„Genuß“ iſt Loſungswort der Zeit.
Bei Hof iſt Ball; ſchau, — ſcheint nicht eben
Die Schönheit ſelbſt daher zu ſchweben?
Wer anders kann ſie ſein die Schlanke,
Zu der, wenn ſie vorüberrauſcht,
Ein jeder Sinn ſich und Gedanke
Hinneiget und gefangen lauſcht!
An ihrer Schönheit ſtumpft der Hohn.
Mehr als ein König auf dem Thron,
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/225>, abgerufen am 18.07.2024. |