Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.Die schöne Gertrud horcht gespannt Bei Dämmerschein, im Garten; Durch ihre Brust zieht, Hand in Hand, Ein Bangen und Erwarten; Da schallt ein Huf, der Hund schlägt an, Sie spricht: "Gott, hab Erbarmen!" Und eh sie weiter beten kann, Hält sie der Graf in Armen. Er spricht: "nun halt' es endlich mir,
Was Du mir oft versprochen, Mir ist die Zeit seit Monden schier Auf Schnecken fortgekrochen; Sprich nicht, auf's Neue, hin und her Von Schwur, Altar und Treue, -- Die Treu' ist eine alte Mähr', Und Schwachheit ist die Reue." Die ſchöne Gertrud horcht geſpannt Bei Dämmerſchein, im Garten; Durch ihre Bruſt zieht, Hand in Hand, Ein Bangen und Erwarten; Da ſchallt ein Huf, der Hund ſchlägt an, Sie ſpricht: „Gott, hab Erbarmen!“ Und eh ſie weiter beten kann, Hält ſie der Graf in Armen. Er ſpricht: „nun halt’ es endlich mir,
Was Du mir oft verſprochen, Mir iſt die Zeit ſeit Monden ſchier Auf Schnecken fortgekrochen; Sprich nicht, auf’s Neue, hin und her Von Schwur, Altar und Treue, — Die Treu’ iſt eine alte Mähr’, Und Schwachheit iſt die Reue.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0146" n="132"/> </l> <lg n="2"> <l>Die ſchöne Gertrud horcht geſpannt</l><lb/> <l>Bei Dämmerſchein, im Garten;</l><lb/> <l>Durch ihre Bruſt zieht, Hand in Hand,</l><lb/> <l>Ein Bangen und Erwarten;</l><lb/> <l>Da ſchallt ein Huf, der Hund ſchlägt an,</l><lb/> <l>Sie ſpricht: „Gott, hab Erbarmen!“</l><lb/> <l>Und eh ſie weiter beten kann,</l><lb/> <l>Hält ſie der Graf in Armen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er ſpricht: „nun halt’ es endlich mir,</l><lb/> <l>Was Du mir oft verſprochen,</l><lb/> <l>Mir iſt die Zeit ſeit Monden ſchier</l><lb/> <l>Auf Schnecken fortgekrochen;</l><lb/> <l>Sprich nicht, auf’s Neue, hin und her</l><lb/> <l>Von Schwur, Altar und Treue, —</l><lb/> <l>Die Treu’ iſt eine alte Mähr’,</l><lb/> <l>Und Schwachheit iſt die Reue.“</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0146]
Die ſchöne Gertrud horcht geſpannt
Bei Dämmerſchein, im Garten;
Durch ihre Bruſt zieht, Hand in Hand,
Ein Bangen und Erwarten;
Da ſchallt ein Huf, der Hund ſchlägt an,
Sie ſpricht: „Gott, hab Erbarmen!“
Und eh ſie weiter beten kann,
Hält ſie der Graf in Armen.
Er ſpricht: „nun halt’ es endlich mir,
Was Du mir oft verſprochen,
Mir iſt die Zeit ſeit Monden ſchier
Auf Schnecken fortgekrochen;
Sprich nicht, auf’s Neue, hin und her
Von Schwur, Altar und Treue, —
Die Treu’ iſt eine alte Mähr’,
Und Schwachheit iſt die Reue.“
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