Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.O Trauertag! die letzte seiner Stunden Schlug meinem Herzen unheilbare Wunden: Der Blume gleich, die schon im Lenz geknickt, Hab ich in ihr mein sterbend Kind erblickt. Noch hielt ich zitternd es auf meinen Knien, Als es vom Tode schon gestempelt schien, Und als sein liebes, liebes Auge brach, Sein letzter Seufzer mir zum Herzen sprach, Entflohen war, still ohne Kampf, sein Geist, Da fühlt ich mich auf immerdar verwaist. Bald ward er, den gehegt ich und gepflegt, Sanft schlummernd in sein Erdenbett gelegt; Mitleidge Seelen schlossen einen Kreis, Still betend standen sie, und weinten leis. Der Pfarrer sprach; ich aber hörte nur Den einen dumpfen Ton, der klanglos schwur: "Wirst deinen Liebling hier nicht wiedersehn! Bald ist der Liebe letzter Dienst geschehn." O Trauertag! die letzte ſeiner Stunden Schlug meinem Herzen unheilbare Wunden: Der Blume gleich, die ſchon im Lenz geknickt, Hab ich in ihr mein ſterbend Kind erblickt. Noch hielt ich zitternd es auf meinen Knien, Als es vom Tode ſchon geſtempelt ſchien, Und als ſein liebes, liebes Auge brach, Sein letzter Seufzer mir zum Herzen ſprach, Entflohen war, ſtill ohne Kampf, ſein Geiſt, Da fühlt ich mich auf immerdar verwaiſt. Bald ward er, den gehegt ich und gepflegt, Sanft ſchlummernd in ſein Erdenbett gelegt; Mitleidge Seelen ſchloſſen einen Kreis, Still betend ſtanden ſie, und weinten leis. Der Pfarrer ſprach; ich aber hörte nur Den einen dumpfen Ton, der klanglos ſchwur: „Wirſt deinen Liebling hier nicht wiederſehn! Bald iſt der Liebe letzter Dienſt geſchehn.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0115" n="101"/> </l> <lg n="2"> <l>O Trauertag! die letzte ſeiner Stunden</l><lb/> <l>Schlug meinem Herzen unheilbare Wunden:</l><lb/> <l>Der Blume gleich, die ſchon im Lenz geknickt,</l><lb/> <l>Hab ich in ihr mein ſterbend Kind erblickt.</l><lb/> <l>Noch hielt ich zitternd es auf meinen Knien,</l><lb/> <l>Als es vom Tode ſchon geſtempelt ſchien,</l><lb/> <l>Und als ſein liebes, liebes Auge brach,</l><lb/> <l>Sein letzter Seufzer mir zum Herzen ſprach,</l><lb/> <l>Entflohen war, ſtill ohne Kampf, ſein Geiſt,</l><lb/> <l>Da fühlt ich mich auf immerdar verwaiſt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Bald ward er, den gehegt ich und gepflegt,</l><lb/> <l>Sanft ſchlummernd in ſein Erdenbett gelegt;</l><lb/> <l>Mitleidge Seelen ſchloſſen einen Kreis,</l><lb/> <l>Still betend ſtanden ſie, und weinten leis.</l><lb/> <l>Der Pfarrer ſprach; ich aber hörte nur</l><lb/> <l>Den <hi rendition="#g">einen</hi> dumpfen Ton, der klanglos ſchwur:</l><lb/> <l>„Wirſt deinen Liebling hier nicht wiederſehn!</l><lb/> <l>Bald iſt der Liebe letzter Dienſt geſchehn.“</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0115]
O Trauertag! die letzte ſeiner Stunden
Schlug meinem Herzen unheilbare Wunden:
Der Blume gleich, die ſchon im Lenz geknickt,
Hab ich in ihr mein ſterbend Kind erblickt.
Noch hielt ich zitternd es auf meinen Knien,
Als es vom Tode ſchon geſtempelt ſchien,
Und als ſein liebes, liebes Auge brach,
Sein letzter Seufzer mir zum Herzen ſprach,
Entflohen war, ſtill ohne Kampf, ſein Geiſt,
Da fühlt ich mich auf immerdar verwaiſt.
Bald ward er, den gehegt ich und gepflegt,
Sanft ſchlummernd in ſein Erdenbett gelegt;
Mitleidge Seelen ſchloſſen einen Kreis,
Still betend ſtanden ſie, und weinten leis.
Der Pfarrer ſprach; ich aber hörte nur
Den einen dumpfen Ton, der klanglos ſchwur:
„Wirſt deinen Liebling hier nicht wiederſehn!
Bald iſt der Liebe letzter Dienſt geſchehn.“
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