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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
Du sicher und kann nichts an Dich heran, kein
Lebendiger und kein Toter. Aber sieh' mal den
Mond da drüben. Ist es nicht schön?"

Effi, die, still in sich versunken, jedes Wort
halb ängstlich, halb begierig eingesogen hatte, richtete
sich jetzt auf und sah nach rechts hinüber, wo der
Mond, unter weißem, aber rasch hinschwindendem
Gewölk, eben aufgegangen war. Kupferfarben stand
die große Scheibe hinter einem Erlengehölz und warf
ihr Licht auf eine breite Wasserfläche, die die Kessine
hier bildete. Oder vielleicht war es auch schon ein
Haff, an dem das Meer draußen seinen Anteil hatte.

Effi war wie benommen. "Ja, Du hast recht,
Geert, wie schön; aber es hat zugleich so 'was Un¬
heimliches. In Italien habe ich nie solchen Eindruck
gehabt, auch nicht als wir von Mestre nach Venedig
hinüberfuhren. Da war auch Wasser und Sumpf
und Mondschein, und ich dachte, die Brücke würde
brechen; aber es war nicht so gespenstig. Woran
liegt es nur? Ist es doch das Nördliche?"

Innstetten lachte. "Wir sind hier fünfzehn
Meilen nördlicher als in Hohen-Cremmen und eh'
der erste Eisbär kommt, mußt Du noch eine Weile
warten. Ich glaube, Du bist nervös von der langen
Reise und dazu das St. Privat-Panorama und die
Geschichte von dem Chinesen."

Effi Brieſt
Du ſicher und kann nichts an Dich heran, kein
Lebendiger und kein Toter. Aber ſieh' mal den
Mond da drüben. Iſt es nicht ſchön?“

Effi, die, ſtill in ſich verſunken, jedes Wort
halb ängſtlich, halb begierig eingeſogen hatte, richtete
ſich jetzt auf und ſah nach rechts hinüber, wo der
Mond, unter weißem, aber raſch hinſchwindendem
Gewölk, eben aufgegangen war. Kupferfarben ſtand
die große Scheibe hinter einem Erlengehölz und warf
ihr Licht auf eine breite Waſſerfläche, die die Keſſine
hier bildete. Oder vielleicht war es auch ſchon ein
Haff, an dem das Meer draußen ſeinen Anteil hatte.

Effi war wie benommen. „Ja, Du haſt recht,
Geert, wie ſchön; aber es hat zugleich ſo 'was Un¬
heimliches. In Italien habe ich nie ſolchen Eindruck
gehabt, auch nicht als wir von Meſtre nach Venedig
hinüberfuhren. Da war auch Waſſer und Sumpf
und Mondſchein, und ich dachte, die Brücke würde
brechen; aber es war nicht ſo geſpenſtig. Woran
liegt es nur? Iſt es doch das Nördliche?“

Innſtetten lachte. „Wir ſind hier fünfzehn
Meilen nördlicher als in Hohen-Cremmen und eh'
der erſte Eisbär kommt, mußt Du noch eine Weile
warten. Ich glaube, Du biſt nervös von der langen
Reiſe und dazu das St. Privat-Panorama und die
Geſchichte von dem Chineſen.“

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[74/0083] Effi Brieſt Du ſicher und kann nichts an Dich heran, kein Lebendiger und kein Toter. Aber ſieh' mal den Mond da drüben. Iſt es nicht ſchön?“ Effi, die, ſtill in ſich verſunken, jedes Wort halb ängſtlich, halb begierig eingeſogen hatte, richtete ſich jetzt auf und ſah nach rechts hinüber, wo der Mond, unter weißem, aber raſch hinſchwindendem Gewölk, eben aufgegangen war. Kupferfarben ſtand die große Scheibe hinter einem Erlengehölz und warf ihr Licht auf eine breite Waſſerfläche, die die Keſſine hier bildete. Oder vielleicht war es auch ſchon ein Haff, an dem das Meer draußen ſeinen Anteil hatte. Effi war wie benommen. „Ja, Du haſt recht, Geert, wie ſchön; aber es hat zugleich ſo 'was Un¬ heimliches. In Italien habe ich nie ſolchen Eindruck gehabt, auch nicht als wir von Meſtre nach Venedig hinüberfuhren. Da war auch Waſſer und Sumpf und Mondſchein, und ich dachte, die Brücke würde brechen; aber es war nicht ſo geſpenſtig. Woran liegt es nur? Iſt es doch das Nördliche?“ Innſtetten lachte. „Wir ſind hier fünfzehn Meilen nördlicher als in Hohen-Cremmen und eh' der erſte Eisbär kommt, mußt Du noch eine Weile warten. Ich glaube, Du biſt nervös von der langen Reiſe und dazu das St. Privat-Panorama und die Geſchichte von dem Chineſen.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/83>, abgerufen am 23.11.2024.