Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Effi Briest
nommen, erhob sich von seinem Platz und stellte
sich, beide Hände auf dem Rücken, gegen das mehr
und mehr verglimmende Kaminfeuer. Frau von
Briest, eine Handarbeit in Händen, rückte gleichfalls
näher an den Kamin und sagte zu Wilke, der gerade
eintrat, um den Frühstückstisch abzuräumen: "Und
nun, Wilke, wenn Sie drin im Saal, aber das geht
vor, alles in Ordnung haben, dann sorgen Sie, daß
die Torten nach drüben kommen, die Nußtorte zu
Pastors und die Schüssel mit kleinen Kuchen zu
Jahnke's. Und nehmen Sie sich mit den Gläsern
in acht. Ich meine die dünn geschliffenen."

Briest war schon bei der dritten Zigarette, sah
sehr wohl aus und erklärte, "nichts bekomme einem
so gut wie eine Hochzeit, natürlich die eigene aus¬
genommen."

"Ich weiß nicht, Briest, wie Du zu solcher
Bemerkung kommst. Mir war ganz neu, daß Du
darunter gelitten haben willst. Ich wüßte auch
nicht warum."

"Luise, Du bist eine Spielverderberin. Aber
ich nehme nichts übel, auch nicht einmal so 'was.
Im übrigen, was wollen wir von uns sprechen, die
wir nicht einmal eine Hochzeitsreise gemacht haben.
Dein Vater war dagegen. Aber Effi macht nun
eine Hochzeitsreise. Beneidenswert. Mit dem Zehn¬

Effi Brieſt
nommen, erhob ſich von ſeinem Platz und ſtellte
ſich, beide Hände auf dem Rücken, gegen das mehr
und mehr verglimmende Kaminfeuer. Frau von
Brieſt, eine Handarbeit in Händen, rückte gleichfalls
näher an den Kamin und ſagte zu Wilke, der gerade
eintrat, um den Frühſtückstiſch abzuräumen: „Und
nun, Wilke, wenn Sie drin im Saal, aber das geht
vor, alles in Ordnung haben, dann ſorgen Sie, daß
die Torten nach drüben kommen, die Nußtorte zu
Paſtors und die Schüſſel mit kleinen Kuchen zu
Jahnke's. Und nehmen Sie ſich mit den Gläſern
in acht. Ich meine die dünn geſchliffenen.“

Brieſt war ſchon bei der dritten Zigarette, ſah
ſehr wohl aus und erklärte, „nichts bekomme einem
ſo gut wie eine Hochzeit, natürlich die eigene aus¬
genommen.“

„Ich weiß nicht, Brieſt, wie Du zu ſolcher
Bemerkung kommſt. Mir war ganz neu, daß Du
darunter gelitten haben willſt. Ich wüßte auch
nicht warum.“

„Luiſe, Du biſt eine Spielverderberin. Aber
ich nehme nichts übel, auch nicht einmal ſo 'was.
Im übrigen, was wollen wir von uns ſprechen, die
wir nicht einmal eine Hochzeitsreiſe gemacht haben.
Dein Vater war dagegen. Aber Effi macht nun
eine Hochzeitsreiſe. Beneidenswert. Mit dem Zehn¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="55"/><fw place="top" type="header">Effi Brie&#x017F;t<lb/></fw>nommen, erhob &#x017F;ich von &#x017F;einem Platz und &#x017F;tellte<lb/>
&#x017F;ich, beide Hände auf dem Rücken, gegen das mehr<lb/>
und mehr verglimmende Kaminfeuer. Frau von<lb/>
Brie&#x017F;t, eine Handarbeit in Händen, rückte gleichfalls<lb/>
näher an den Kamin und &#x017F;agte zu Wilke, der gerade<lb/>
eintrat, um den Früh&#x017F;tücksti&#x017F;ch abzuräumen: &#x201E;Und<lb/>
nun, Wilke, wenn Sie drin im Saal, aber das geht<lb/>
vor, alles in Ordnung haben, dann &#x017F;orgen Sie, daß<lb/>
die Torten nach drüben kommen, die Nußtorte zu<lb/>
Pa&#x017F;tors und die Schü&#x017F;&#x017F;el mit kleinen Kuchen zu<lb/>
Jahnke's. Und nehmen Sie &#x017F;ich mit den Glä&#x017F;ern<lb/>
in acht. Ich meine die dünn ge&#x017F;chliffenen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Brie&#x017F;t war &#x017F;chon bei der dritten Zigarette, &#x017F;ah<lb/>
&#x017F;ehr wohl aus und erklärte, &#x201E;nichts bekomme einem<lb/>
&#x017F;o gut wie eine Hochzeit, natürlich die eigene aus¬<lb/>
genommen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich weiß nicht, Brie&#x017F;t, wie Du zu &#x017F;olcher<lb/>
Bemerkung komm&#x017F;t. Mir war ganz neu, daß Du<lb/>
darunter gelitten haben will&#x017F;t. Ich wüßte auch<lb/>
nicht warum.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Lui&#x017F;e, Du bi&#x017F;t eine Spielverderberin. Aber<lb/>
ich nehme nichts übel, auch nicht einmal &#x017F;o 'was.<lb/>
Im übrigen, was wollen wir von uns &#x017F;prechen, die<lb/>
wir nicht einmal eine Hochzeitsrei&#x017F;e gemacht haben.<lb/>
Dein Vater war dagegen. Aber Effi macht nun<lb/>
eine Hochzeitsrei&#x017F;e. Beneidenswert. Mit dem Zehn¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0064] Effi Brieſt nommen, erhob ſich von ſeinem Platz und ſtellte ſich, beide Hände auf dem Rücken, gegen das mehr und mehr verglimmende Kaminfeuer. Frau von Brieſt, eine Handarbeit in Händen, rückte gleichfalls näher an den Kamin und ſagte zu Wilke, der gerade eintrat, um den Frühſtückstiſch abzuräumen: „Und nun, Wilke, wenn Sie drin im Saal, aber das geht vor, alles in Ordnung haben, dann ſorgen Sie, daß die Torten nach drüben kommen, die Nußtorte zu Paſtors und die Schüſſel mit kleinen Kuchen zu Jahnke's. Und nehmen Sie ſich mit den Gläſern in acht. Ich meine die dünn geſchliffenen.“ Brieſt war ſchon bei der dritten Zigarette, ſah ſehr wohl aus und erklärte, „nichts bekomme einem ſo gut wie eine Hochzeit, natürlich die eigene aus¬ genommen.“ „Ich weiß nicht, Brieſt, wie Du zu ſolcher Bemerkung kommſt. Mir war ganz neu, daß Du darunter gelitten haben willſt. Ich wüßte auch nicht warum.“ „Luiſe, Du biſt eine Spielverderberin. Aber ich nehme nichts übel, auch nicht einmal ſo 'was. Im übrigen, was wollen wir von uns ſprechen, die wir nicht einmal eine Hochzeitsreiſe gemacht haben. Dein Vater war dagegen. Aber Effi macht nun eine Hochzeitsreiſe. Beneidenswert. Mit dem Zehn¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/64
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/64>, abgerufen am 23.11.2024.