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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
letzte Bitte gewesen: "Ich möchte auf meinem Stein
meinen alten Namen wieder haben; ich habe dem
andern keine Ehre gemacht." Und es war ihr
versprochen worden.

Ja, gestern war die Marmorplatte gekommen
und aufgelegt worden, und angesichts der Stelle
saßen nun wieder Briest und Frau und sahen darauf
hin und auf den Heliotrop, den man geschont, und
der den Stein jetzt einrahmte. Rollo lag daneben,
den Kopf in die Pfoten gesteckt.

Wilke, dessen Gamaschen immer weiter wurden,
brachte das Frühstück, und die Post, und der alte
Briest sagte: "Wilke, bestelle den kleinen Wagen.
Ich will mit der Frau über Land fahren."

Frau von Briest hatte mittlerweile den Kaffee
eingeschenkt und sah nach dem Rondell und seinem
Blumenbeete. "Sieh', Briest, Rollo liegt wieder vor
dem Stein. Es ist ihm doch noch tiefer gegangen
als uns. Er frißt auch nicht mehr."

"Ja, Luise, die Kreatur. Das ist ja, was ich
immer sage. Es ist nicht so viel mit uns, wie wir
glauben. Da reden wir immer von Instinkt. Am
Ende ist es doch das beste."

"Sprich nicht so. Wenn Du so philosophierst ...
nimm es mir nicht übel, Briest, dazu reicht es
bei Dir nicht aus. Du hast Deinen guten

Effi Brieſt
letzte Bitte geweſen: „Ich möchte auf meinem Stein
meinen alten Namen wieder haben; ich habe dem
andern keine Ehre gemacht.“ Und es war ihr
verſprochen worden.

Ja, geſtern war die Marmorplatte gekommen
und aufgelegt worden, und angeſichts der Stelle
ſaßen nun wieder Brieſt und Frau und ſahen darauf
hin und auf den Heliotrop, den man geſchont, und
der den Stein jetzt einrahmte. Rollo lag daneben,
den Kopf in die Pfoten geſteckt.

Wilke, deſſen Gamaſchen immer weiter wurden,
brachte das Frühſtück, und die Poſt, und der alte
Brieſt ſagte: „Wilke, beſtelle den kleinen Wagen.
Ich will mit der Frau über Land fahren.“

Frau von Brieſt hatte mittlerweile den Kaffee
eingeſchenkt und ſah nach dem Rondell und ſeinem
Blumenbeete. „Sieh', Brieſt, Rollo liegt wieder vor
dem Stein. Es iſt ihm doch noch tiefer gegangen
als uns. Er frißt auch nicht mehr.“

„Ja, Luiſe, die Kreatur. Das iſt ja, was ich
immer ſage. Es iſt nicht ſo viel mit uns, wie wir
glauben. Da reden wir immer von Inſtinkt. Am
Ende iſt es doch das beſte.“

„Sprich nicht ſo. Wenn Du ſo philoſophierſt …
nimm es mir nicht übel, Brieſt, dazu reicht es
bei Dir nicht aus. Du haſt Deinen guten

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[519/0528] Effi Brieſt letzte Bitte geweſen: „Ich möchte auf meinem Stein meinen alten Namen wieder haben; ich habe dem andern keine Ehre gemacht.“ Und es war ihr verſprochen worden. Ja, geſtern war die Marmorplatte gekommen und aufgelegt worden, und angeſichts der Stelle ſaßen nun wieder Brieſt und Frau und ſahen darauf hin und auf den Heliotrop, den man geſchont, und der den Stein jetzt einrahmte. Rollo lag daneben, den Kopf in die Pfoten geſteckt. Wilke, deſſen Gamaſchen immer weiter wurden, brachte das Frühſtück, und die Poſt, und der alte Brieſt ſagte: „Wilke, beſtelle den kleinen Wagen. Ich will mit der Frau über Land fahren.“ Frau von Brieſt hatte mittlerweile den Kaffee eingeſchenkt und ſah nach dem Rondell und ſeinem Blumenbeete. „Sieh', Brieſt, Rollo liegt wieder vor dem Stein. Es iſt ihm doch noch tiefer gegangen als uns. Er frißt auch nicht mehr.“ „Ja, Luiſe, die Kreatur. Das iſt ja, was ich immer ſage. Es iſt nicht ſo viel mit uns, wie wir glauben. Da reden wir immer von Inſtinkt. Am Ende iſt es doch das beſte.“ „Sprich nicht ſo. Wenn Du ſo philoſophierſt … nimm es mir nicht übel, Brieſt, dazu reicht es bei Dir nicht aus. Du haſt Deinen guten

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/528>, abgerufen am 23.11.2024.