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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
ärgert) zu balanzieren. Also lassen wir sie hier;
wenn es nicht das beste ist, so ist es gewiß nicht
das schlechteste."

Das bestätigte sich denn auch. Effi erholte sich,
nahm um ein Geringes wieder zu (der alte Briest
gehörte zu den Wiegefanatikern) und verlor ein gut
Teil ihrer Reizbarkeit. Dabei war aber ihr Luft¬
bedürfnis in einem beständigen Wachsen, und zumal
wenn Westwind ging und graues Gewölk am Himmel
zog, verbrachte sie viele Stunden im Freien. An
solchen Tagen ging sie wohl auch auf die Felder
hinaus und ins Luch, oft eine halbe Meile weit,
und setzte sich, wenn sie müde geworden, auf einen
Hürdenzaun und sah, in Träume verloren, auf die
Ranunkeln und roten Ampferstauden, die sich im
Winde bewegten.

"Du gehst immer so allein," sagte Frau von
Briest. "Unter unseren Leuten bist Du sicher; aber
es schleicht auch so viel fremdes Gesindel umher."

Das machte doch einen Eindruck auf Effi, die
an Gefahr nie gedacht hatte, und als sie mit Roswitha
allein war, sagte sie: "Dich kann ich nicht gut
mitnehmen, Roswitha; Du bist zu dick und nicht
mehr fest auf den Füßen."

"Nu, gnäd'ge Frau, so schlimm ist es doch
noch nicht. Ich könnte ja doch noch heiraten."

32 *

Effi Brieſt
ärgert) zu balanzieren. Alſo laſſen wir ſie hier;
wenn es nicht das beſte iſt, ſo iſt es gewiß nicht
das ſchlechteſte.“

Das beſtätigte ſich denn auch. Effi erholte ſich,
nahm um ein Geringes wieder zu (der alte Brieſt
gehörte zu den Wiegefanatikern) und verlor ein gut
Teil ihrer Reizbarkeit. Dabei war aber ihr Luft¬
bedürfnis in einem beſtändigen Wachſen, und zumal
wenn Weſtwind ging und graues Gewölk am Himmel
zog, verbrachte ſie viele Stunden im Freien. An
ſolchen Tagen ging ſie wohl auch auf die Felder
hinaus und ins Luch, oft eine halbe Meile weit,
und ſetzte ſich, wenn ſie müde geworden, auf einen
Hürdenzaun und ſah, in Träume verloren, auf die
Ranunkeln und roten Ampferſtauden, die ſich im
Winde bewegten.

„Du gehſt immer ſo allein,“ ſagte Frau von
Brieſt. „Unter unſeren Leuten biſt Du ſicher; aber
es ſchleicht auch ſo viel fremdes Geſindel umher.“

Das machte doch einen Eindruck auf Effi, die
an Gefahr nie gedacht hatte, und als ſie mit Roswitha
allein war, ſagte ſie: „Dich kann ich nicht gut
mitnehmen, Roswitha; Du biſt zu dick und nicht
mehr feſt auf den Füßen.“

„Nu, gnäd'ge Frau, ſo ſchlimm iſt es doch
noch nicht. Ich könnte ja doch noch heiraten.“

32 *
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[499/0508] Effi Brieſt ärgert) zu balanzieren. Alſo laſſen wir ſie hier; wenn es nicht das beſte iſt, ſo iſt es gewiß nicht das ſchlechteſte.“ Das beſtätigte ſich denn auch. Effi erholte ſich, nahm um ein Geringes wieder zu (der alte Brieſt gehörte zu den Wiegefanatikern) und verlor ein gut Teil ihrer Reizbarkeit. Dabei war aber ihr Luft¬ bedürfnis in einem beſtändigen Wachſen, und zumal wenn Weſtwind ging und graues Gewölk am Himmel zog, verbrachte ſie viele Stunden im Freien. An ſolchen Tagen ging ſie wohl auch auf die Felder hinaus und ins Luch, oft eine halbe Meile weit, und ſetzte ſich, wenn ſie müde geworden, auf einen Hürdenzaun und ſah, in Träume verloren, auf die Ranunkeln und roten Ampferſtauden, die ſich im Winde bewegten. „Du gehſt immer ſo allein,“ ſagte Frau von Brieſt. „Unter unſeren Leuten biſt Du ſicher; aber es ſchleicht auch ſo viel fremdes Geſindel umher.“ Das machte doch einen Eindruck auf Effi, die an Gefahr nie gedacht hatte, und als ſie mit Roswitha allein war, ſagte ſie: „Dich kann ich nicht gut mitnehmen, Roswitha; Du biſt zu dick und nicht mehr feſt auf den Füßen.“ „Nu, gnäd'ge Frau, ſo ſchlimm iſt es doch noch nicht. Ich könnte ja doch noch heiraten.“ 32 *

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/508>, abgerufen am 23.11.2024.