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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
ihnen nicht entgehen konnte, daß es nicht die helle
Jugend, sondern eine Verklärtheit war, was der
schlanken Erscheinung und den leuchtenden Augen
diesen eigentümlichen Ausdruck gab. Alle, die schärfer
zusahen, sahen dies, nur Effi selbst sah es nicht und
lebte ganz dem Glücksgefühle, wieder an dieser für
sie so freundlich friedreichen Stelle zu sein, in Ver¬
söhnung mit denen, die sie immer geliebt hatte und
von denen sie immer geliebt worden war, auch in
den Jahren ihres Elends und ihrer Verbannung.

Sie beschäftigte sich mit allerlei Wirtschaftlichem
und sorgte für Ausschmückung und kleine Verbesserungen
im Haushalt. Ihr Sinn für das Schöne ließ sie darin
immer das Richtige treffen. Lesen aber und vor
allem die Beschäftigung mit den Künsten hatte sie
ganz aufgegeben. "Ich habe davon so viel gehabt,
daß ich froh bin, die Hände in den Schoß legen zu
können." Es erinnerte sie auch wohl zu sehr an ihre
traurigen Tage. Sie bildete statt dessen die Kunst
aus, still und entzückt auf die Natur zu blicken, und
wenn das Laub von den Platanen fiel, wenn die
Sonnenstrahlen auf dem Eis des kleinen Teiches
blitzten oder die ersten Krokus aus dem noch halb
winterlichen Rondell aufblühten, -- das that ihr
wohl, und auf all das konnte sie stundenlang
blicken und dabei vergessen, was ihr das Leben

Effi Brieſt
ihnen nicht entgehen konnte, daß es nicht die helle
Jugend, ſondern eine Verklärtheit war, was der
ſchlanken Erſcheinung und den leuchtenden Augen
dieſen eigentümlichen Ausdruck gab. Alle, die ſchärfer
zuſahen, ſahen dies, nur Effi ſelbſt ſah es nicht und
lebte ganz dem Glücksgefühle, wieder an dieſer für
ſie ſo freundlich friedreichen Stelle zu ſein, in Ver¬
ſöhnung mit denen, die ſie immer geliebt hatte und
von denen ſie immer geliebt worden war, auch in
den Jahren ihres Elends und ihrer Verbannung.

Sie beſchäftigte ſich mit allerlei Wirtſchaftlichem
und ſorgte für Ausſchmückung und kleine Verbeſſerungen
im Haushalt. Ihr Sinn für das Schöne ließ ſie darin
immer das Richtige treffen. Leſen aber und vor
allem die Beſchäftigung mit den Künſten hatte ſie
ganz aufgegeben. „Ich habe davon ſo viel gehabt,
daß ich froh bin, die Hände in den Schoß legen zu
können.“ Es erinnerte ſie auch wohl zu ſehr an ihre
traurigen Tage. Sie bildete ſtatt deſſen die Kunſt
aus, ſtill und entzückt auf die Natur zu blicken, und
wenn das Laub von den Platanen fiel, wenn die
Sonnenſtrahlen auf dem Eis des kleinen Teiches
blitzten oder die erſten Krokus aus dem noch halb
winterlichen Rondell aufblühten, — das that ihr
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[491/0500] Effi Brieſt ihnen nicht entgehen konnte, daß es nicht die helle Jugend, ſondern eine Verklärtheit war, was der ſchlanken Erſcheinung und den leuchtenden Augen dieſen eigentümlichen Ausdruck gab. Alle, die ſchärfer zuſahen, ſahen dies, nur Effi ſelbſt ſah es nicht und lebte ganz dem Glücksgefühle, wieder an dieſer für ſie ſo freundlich friedreichen Stelle zu ſein, in Ver¬ ſöhnung mit denen, die ſie immer geliebt hatte und von denen ſie immer geliebt worden war, auch in den Jahren ihres Elends und ihrer Verbannung. Sie beſchäftigte ſich mit allerlei Wirtſchaftlichem und ſorgte für Ausſchmückung und kleine Verbeſſerungen im Haushalt. Ihr Sinn für das Schöne ließ ſie darin immer das Richtige treffen. Leſen aber und vor allem die Beſchäftigung mit den Künſten hatte ſie ganz aufgegeben. „Ich habe davon ſo viel gehabt, daß ich froh bin, die Hände in den Schoß legen zu können.“ Es erinnerte ſie auch wohl zu ſehr an ihre traurigen Tage. Sie bildete ſtatt deſſen die Kunſt aus, ſtill und entzückt auf die Natur zu blicken, und wenn das Laub von den Platanen fiel, wenn die Sonnenſtrahlen auf dem Eis des kleinen Teiches blitzten oder die erſten Krokus aus dem noch halb winterlichen Rondell aufblühten, — das that ihr wohl, und auf all das konnte ſie ſtundenlang blicken und dabei vergeſſen, was ihr das Leben

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/500>, abgerufen am 22.11.2024.