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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
drin. Und es wird wohl so sein. Aber an wem
liegt das? Das liegt doch nicht an mir. Er spricht
immer so viel vom alten Testament. Und wenn es
auch ganz gut ist, es erbaut mich nicht. Überhaupt
all' das Zuhören; es ist nicht das rechte. Sieh',
ich müßte so viel zu thun haben, daß ich nicht ein
noch aus wüßte. Das wäre 'was für mich. Da
giebt es so Vereine, wo junge Mädchen die Wirt¬
schaft lernen oder Nähschulen oder Kindergärtnerinnen.
Hast Du nie davon gehört?"

"Ja, ich habe 'mal davon gehört. Anniechen
sollte 'mal in einen Kindergarten."

"Nun siehst Du, Du weißt es besser als ich.
Und in solchen Verein, wo man sich nützlich machen
kann, da möchte ich eintreten. Aber daran ist gar
nicht zu denken; die Damen nehmen mich nicht an
und können es auch nicht. Und das ist das schreck¬
lichste, daß einem die Welt so zu ist und daß es sich
einem sogar verbietet, bei Gutem mit dabei zu sein.
Ich kann nicht 'mal armen Kindern eine Nachhülfe¬
stunde geben ..."

"Das wäre auch nichts für Sie, gnädige Frau;
die Kinder haben immer so fettige Stiefel an, und
wenn es nasses Wetter ist, -- das ist dann solch'
Dunst und Schmook, das halten die gnädige Frau
gar nicht aus."

30 *

Effi Brieſt
drin. Und es wird wohl ſo ſein. Aber an wem
liegt das? Das liegt doch nicht an mir. Er ſpricht
immer ſo viel vom alten Teſtament. Und wenn es
auch ganz gut iſt, es erbaut mich nicht. Überhaupt
all' das Zuhören; es iſt nicht das rechte. Sieh',
ich müßte ſo viel zu thun haben, daß ich nicht ein
noch aus wüßte. Das wäre 'was für mich. Da
giebt es ſo Vereine, wo junge Mädchen die Wirt¬
ſchaft lernen oder Nähſchulen oder Kindergärtnerinnen.
Haſt Du nie davon gehört?“

„Ja, ich habe 'mal davon gehört. Anniechen
ſollte 'mal in einen Kindergarten.“

„Nun ſiehſt Du, Du weißt es beſſer als ich.
Und in ſolchen Verein, wo man ſich nützlich machen
kann, da möchte ich eintreten. Aber daran iſt gar
nicht zu denken; die Damen nehmen mich nicht an
und können es auch nicht. Und das iſt das ſchreck¬
lichſte, daß einem die Welt ſo zu iſt und daß es ſich
einem ſogar verbietet, bei Gutem mit dabei zu ſein.
Ich kann nicht 'mal armen Kindern eine Nachhülfe¬
ſtunde geben …“

„Das wäre auch nichts für Sie, gnädige Frau;
die Kinder haben immer ſo fettige Stiefel an, und
wenn es naſſes Wetter iſt, — das iſt dann ſolch'
Dunſt und Schmook, das halten die gnädige Frau
gar nicht aus.“

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[467/0476] Effi Brieſt drin. Und es wird wohl ſo ſein. Aber an wem liegt das? Das liegt doch nicht an mir. Er ſpricht immer ſo viel vom alten Teſtament. Und wenn es auch ganz gut iſt, es erbaut mich nicht. Überhaupt all' das Zuhören; es iſt nicht das rechte. Sieh', ich müßte ſo viel zu thun haben, daß ich nicht ein noch aus wüßte. Das wäre 'was für mich. Da giebt es ſo Vereine, wo junge Mädchen die Wirt¬ ſchaft lernen oder Nähſchulen oder Kindergärtnerinnen. Haſt Du nie davon gehört?“ „Ja, ich habe 'mal davon gehört. Anniechen ſollte 'mal in einen Kindergarten.“ „Nun ſiehſt Du, Du weißt es beſſer als ich. Und in ſolchen Verein, wo man ſich nützlich machen kann, da möchte ich eintreten. Aber daran iſt gar nicht zu denken; die Damen nehmen mich nicht an und können es auch nicht. Und das iſt das ſchreck¬ lichſte, daß einem die Welt ſo zu iſt und daß es ſich einem ſogar verbietet, bei Gutem mit dabei zu ſein. Ich kann nicht 'mal armen Kindern eine Nachhülfe¬ ſtunde geben …“ „Das wäre auch nichts für Sie, gnädige Frau; die Kinder haben immer ſo fettige Stiefel an, und wenn es naſſes Wetter iſt, — das iſt dann ſolch' Dunſt und Schmook, das halten die gnädige Frau gar nicht aus.“ 30 *

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/476>, abgerufen am 22.11.2024.