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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
da und wollte von Entschuldigungen, daß es so hoch
sei, nichts wissen. "Nur keine Entschuldigungen, meine
liebe, gnädigste Frau; denn erstens ist es mein Metier,
und zweitens bin ich glücklich und beinahe stolz, die
drei Treppen so gut noch steigen zu können. Wenn
ich nicht fürchten müßte, Sie zu belästigen -- denn
ich komme doch schließlich als Arzt und nicht als
Naturfreund und Landschaftsschwärmer --, so käme
ich wohl noch öfter, bloß um Sie zu sehen und mich
hier etliche Minuten an Ihr Hinterfenster zu setzen.
Ich glaube, Sie würdigen den Ausblick nicht genug."

"O doch, doch," sagte Effi; Rummschüttel aber ließ
sich nicht stören und fuhr fort: "Bitte, meine gnädigste
Frau, treten Sie hier heran, nur einen Augenblick, oder
erlauben Sie mir, daß ich Sie bis an das Fenster
führe. Wieder ganz herrlich heute. Sehen Sie doch
nur die verschiedenen Bahndämme, drei, nein vier,
und wie es beständig darauf hin und her gleitet ...
und nun verschwindet der Zug da wieder hinter einer
Baumgruppe. Wirklich herrlich. Und wie die Sonne
den weißen Rauch durchleuchtet! Wäre der Matthäi¬
kirchhof nicht unmittelbar dahinter, so wäre es ideal."

"Ich sehe gern Kirchhöfe."

"Ja, Sie dürfen das sagen. Aber unserein! Unser¬
einem kommt unabweislich immer die Frage, könnten
hier nicht vielleicht einige weniger liegen? Im übrigen,

Effi Brieſt
da und wollte von Entſchuldigungen, daß es ſo hoch
ſei, nichts wiſſen. „Nur keine Entſchuldigungen, meine
liebe, gnädigſte Frau; denn erſtens iſt es mein Metier,
und zweitens bin ich glücklich und beinahe ſtolz, die
drei Treppen ſo gut noch ſteigen zu können. Wenn
ich nicht fürchten müßte, Sie zu beläſtigen — denn
ich komme doch ſchließlich als Arzt und nicht als
Naturfreund und Landſchaftsſchwärmer —, ſo käme
ich wohl noch öfter, bloß um Sie zu ſehen und mich
hier etliche Minuten an Ihr Hinterfenſter zu ſetzen.
Ich glaube, Sie würdigen den Ausblick nicht genug.“

„O doch, doch,“ ſagte Effi; Rummſchüttel aber ließ
ſich nicht ſtören und fuhr fort: „Bitte, meine gnädigſte
Frau, treten Sie hier heran, nur einen Augenblick, oder
erlauben Sie mir, daß ich Sie bis an das Fenſter
führe. Wieder ganz herrlich heute. Sehen Sie doch
nur die verſchiedenen Bahndämme, drei, nein vier,
und wie es beſtändig darauf hin und her gleitet …
und nun verſchwindet der Zug da wieder hinter einer
Baumgruppe. Wirklich herrlich. Und wie die Sonne
den weißen Rauch durchleuchtet! Wäre der Matthäi¬
kirchhof nicht unmittelbar dahinter, ſo wäre es ideal.“

„Ich ſehe gern Kirchhöfe.“

„Ja, Sie dürfen das ſagen. Aber unſerein! Unſer¬
einem kommt unabweislich immer die Frage, könnten
hier nicht vielleicht einige weniger liegen? Im übrigen,

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[455/0464] Effi Brieſt da und wollte von Entſchuldigungen, daß es ſo hoch ſei, nichts wiſſen. „Nur keine Entſchuldigungen, meine liebe, gnädigſte Frau; denn erſtens iſt es mein Metier, und zweitens bin ich glücklich und beinahe ſtolz, die drei Treppen ſo gut noch ſteigen zu können. Wenn ich nicht fürchten müßte, Sie zu beläſtigen — denn ich komme doch ſchließlich als Arzt und nicht als Naturfreund und Landſchaftsſchwärmer —, ſo käme ich wohl noch öfter, bloß um Sie zu ſehen und mich hier etliche Minuten an Ihr Hinterfenſter zu ſetzen. Ich glaube, Sie würdigen den Ausblick nicht genug.“ „O doch, doch,“ ſagte Effi; Rummſchüttel aber ließ ſich nicht ſtören und fuhr fort: „Bitte, meine gnädigſte Frau, treten Sie hier heran, nur einen Augenblick, oder erlauben Sie mir, daß ich Sie bis an das Fenſter führe. Wieder ganz herrlich heute. Sehen Sie doch nur die verſchiedenen Bahndämme, drei, nein vier, und wie es beſtändig darauf hin und her gleitet … und nun verſchwindet der Zug da wieder hinter einer Baumgruppe. Wirklich herrlich. Und wie die Sonne den weißen Rauch durchleuchtet! Wäre der Matthäi¬ kirchhof nicht unmittelbar dahinter, ſo wäre es ideal.“ „Ich ſehe gern Kirchhöfe.“ „Ja, Sie dürfen das ſagen. Aber unſerein! Unſer¬ einem kommt unabweislich immer die Frage, könnten hier nicht vielleicht einige weniger liegen? Im übrigen,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/464>, abgerufen am 23.11.2024.