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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
nun die Menschen und verschimpfieren mir meine
liebe, arme Frau. Und der arme Major. Nun ist
er tot."

"Ja, Roswitha, was denken Sie sich eigentlich.
Soll er nicht tot sein? Oder soll lieber unser
gnädiger Herr tot sein?"

"Nein, Johanna, unser gnäd'ger Herr, der soll
auch leben, alles soll leben. Ich bin nicht für tot¬
schießen und kann nicht 'mal das Knallen hören.
Aber bedenken Sie doch, Johanna, das ist ja nun
schon eine halbe Ewigkeit her, und die Briefe, die
mir gleich so sonderbar aussahen, weil sie die rote
Strippe hatten und drei- oder viermal umwickelt und
dann eingeknotet und keine Schleife -- die sahen ja
schon ganz gelb aus, so lange ist es her. Wir sind
ja nun schon über sechs Jahre hier, und wie kann
man wegen solcher alten Geschichten ..."

"Ach, Roswitha, Sie reden, wie Sie's verstehen.
Und bei Lichte besehen, sind Sie schuld. Von den
Briefen kommt es her. Warum kamen Sie mit dem
Stemmeisen und brachen den Nähtisch auf, was man
nie darf; man darf kein Schloß aufbrechen, was ein
anderer zugeschlossen hat."

"Aber, Johanna, das ist doch wirklich zu schlecht
von Ihnen, mir so 'was auf den Kopf zuzusagen,
und Sie wissen doch, daß Sie schuld sind und daß

Effi Brieſt
nun die Menſchen und verſchimpfieren mir meine
liebe, arme Frau. Und der arme Major. Nun iſt
er tot.“

„Ja, Roswitha, was denken Sie ſich eigentlich.
Soll er nicht tot ſein? Oder ſoll lieber unſer
gnädiger Herr tot ſein?“

„Nein, Johanna, unſer gnäd'ger Herr, der ſoll
auch leben, alles ſoll leben. Ich bin nicht für tot¬
ſchießen und kann nicht 'mal das Knallen hören.
Aber bedenken Sie doch, Johanna, das iſt ja nun
ſchon eine halbe Ewigkeit her, und die Briefe, die
mir gleich ſo ſonderbar ausſahen, weil ſie die rote
Strippe hatten und drei- oder viermal umwickelt und
dann eingeknotet und keine Schleife — die ſahen ja
ſchon ganz gelb aus, ſo lange iſt es her. Wir ſind
ja nun ſchon über ſechs Jahre hier, und wie kann
man wegen ſolcher alten Geſchichten …“

„Ach, Roswitha, Sie reden, wie Sie's verſtehen.
Und bei Lichte beſehen, ſind Sie ſchuld. Von den
Briefen kommt es her. Warum kamen Sie mit dem
Stemmeiſen und brachen den Nähtiſch auf, was man
nie darf; man darf kein Schloß aufbrechen, was ein
anderer zugeſchloſſen hat.“

„Aber, Johanna, das iſt doch wirklich zu ſchlecht
von Ihnen, mir ſo 'was auf den Kopf zuzuſagen,
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[432/0441] Effi Brieſt nun die Menſchen und verſchimpfieren mir meine liebe, arme Frau. Und der arme Major. Nun iſt er tot.“ „Ja, Roswitha, was denken Sie ſich eigentlich. Soll er nicht tot ſein? Oder ſoll lieber unſer gnädiger Herr tot ſein?“ „Nein, Johanna, unſer gnäd'ger Herr, der ſoll auch leben, alles ſoll leben. Ich bin nicht für tot¬ ſchießen und kann nicht 'mal das Knallen hören. Aber bedenken Sie doch, Johanna, das iſt ja nun ſchon eine halbe Ewigkeit her, und die Briefe, die mir gleich ſo ſonderbar ausſahen, weil ſie die rote Strippe hatten und drei- oder viermal umwickelt und dann eingeknotet und keine Schleife — die ſahen ja ſchon ganz gelb aus, ſo lange iſt es her. Wir ſind ja nun ſchon über ſechs Jahre hier, und wie kann man wegen ſolcher alten Geſchichten …“ „Ach, Roswitha, Sie reden, wie Sie's verſtehen. Und bei Lichte beſehen, ſind Sie ſchuld. Von den Briefen kommt es her. Warum kamen Sie mit dem Stemmeiſen und brachen den Nähtiſch auf, was man nie darf; man darf kein Schloß aufbrechen, was ein anderer zugeſchloſſen hat.“ „Aber, Johanna, das iſt doch wirklich zu ſchlecht von Ihnen, mir ſo 'was auf den Kopf zuzuſagen, und Sie wiſſen doch, daß Sie ſchuld ſind und daß

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/441>, abgerufen am 22.11.2024.