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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
nehmen in Zukunft fordert, so gut wie direkt her¬
komme ... Sage, wie denkst Du Dir ein Ministerium?"

"Ein Ministerium? Nun, das kann zweierlei
sein. Es können Menschen sein, kluge, vornehme
Herren, die den Staat regieren, und es kann auch
bloß ein Haus sein, ein Palazzo, ein Palazzo Strozzi
oder Pitti oder, wenn die nicht passen, irgend ein
andrer. Du siehst, ich habe meine italienische Reise
nicht umsonst gemacht."

"Und könntest Du Dich entschließen, in solchem
Palazzo zu wohnen? Ich meine in solchem Mini¬
sterium?"

"Um Gotteswillen, Geert, sie haben Dich doch
nicht zum Minister gemacht? Gieshübler sagte so
'was. Und der Fürst kann alles. Gott, der hat es
am Ende durchgesetzt, und ich bin erst achtzehn."

Innstetten lachte. "Nein, Effi, nicht Minister,
so weit sind wir noch nicht. Aber vielleicht kommen
noch allerhand Gaben in mir heraus, und dann ist
es nicht unmöglich."

"Also jetzt noch nicht, noch nicht Minister?"

"Nein. Und wir werden, die Wahrheit zu sagen,
auch nicht einmal in einem Ministerium wohnen, aber
ich werde täglich ins Ministerium gehen, wie ich jetzt
in unser Landratsamt gehe, und werde dem Minister
Vortrag halten und mit ihm reisen, wenn er die

Effi Brieſt
nehmen in Zukunft fordert, ſo gut wie direkt her¬
komme … Sage, wie denkſt Du Dir ein Miniſterium?“

„Ein Miniſterium? Nun, das kann zweierlei
ſein. Es können Menſchen ſein, kluge, vornehme
Herren, die den Staat regieren, und es kann auch
bloß ein Haus ſein, ein Palazzo, ein Palazzo Strozzi
oder Pitti oder, wenn die nicht paſſen, irgend ein
andrer. Du ſiehſt, ich habe meine italieniſche Reiſe
nicht umſonſt gemacht.“

„Und könnteſt Du Dich entſchließen, in ſolchem
Palazzo zu wohnen? Ich meine in ſolchem Mini¬
ſterium?“

„Um Gotteswillen, Geert, ſie haben Dich doch
nicht zum Miniſter gemacht? Gieshübler ſagte ſo
'was. Und der Fürſt kann alles. Gott, der hat es
am Ende durchgeſetzt, und ich bin erſt achtzehn.“

Innſtetten lachte. „Nein, Effi, nicht Miniſter,
ſo weit ſind wir noch nicht. Aber vielleicht kommen
noch allerhand Gaben in mir heraus, und dann iſt
es nicht unmöglich.“

„Alſo jetzt noch nicht, noch nicht Miniſter?“

„Nein. Und wir werden, die Wahrheit zu ſagen,
auch nicht einmal in einem Miniſterium wohnen, aber
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[315/0324] Effi Brieſt nehmen in Zukunft fordert, ſo gut wie direkt her¬ komme … Sage, wie denkſt Du Dir ein Miniſterium?“ „Ein Miniſterium? Nun, das kann zweierlei ſein. Es können Menſchen ſein, kluge, vornehme Herren, die den Staat regieren, und es kann auch bloß ein Haus ſein, ein Palazzo, ein Palazzo Strozzi oder Pitti oder, wenn die nicht paſſen, irgend ein andrer. Du ſiehſt, ich habe meine italieniſche Reiſe nicht umſonſt gemacht.“ „Und könnteſt Du Dich entſchließen, in ſolchem Palazzo zu wohnen? Ich meine in ſolchem Mini¬ ſterium?“ „Um Gotteswillen, Geert, ſie haben Dich doch nicht zum Miniſter gemacht? Gieshübler ſagte ſo 'was. Und der Fürſt kann alles. Gott, der hat es am Ende durchgeſetzt, und ich bin erſt achtzehn.“ Innſtetten lachte. „Nein, Effi, nicht Miniſter, ſo weit ſind wir noch nicht. Aber vielleicht kommen noch allerhand Gaben in mir heraus, und dann iſt es nicht unmöglich.“ „Alſo jetzt noch nicht, noch nicht Miniſter?“ „Nein. Und wir werden, die Wahrheit zu ſagen, auch nicht einmal in einem Miniſterium wohnen, aber ich werde täglich ins Miniſterium gehen, wie ich jetzt in unſer Landratsamt gehe, und werde dem Miniſter Vortrag halten und mit ihm reiſen, wenn er die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/324>, abgerufen am 25.11.2024.