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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
und daß es eine so fromme Frau war, das machte
die Sache nur noch erquicklicher.

"Ach, gnädigste Frau ..."

"Da kommt es schon. Ich kenne das. Immer
dasselbe. Darin ändern die Zeiten nichts. Und
vielleicht ist es auch recht gut so. Denn worauf es
ankommt, meine liebe junge Frau, das ist das Kämpfen.
Man muß immer ringen mit dem natürlichen Menschen.
Und wenn man sich dann so unter hat und beinah'
schreien möchte, weil's weh thut, dann jubeln die
lieben Engel!"

"Ach, gnädigste Frau. Es ist oft recht schwer."

"Freilich ist es schwer. Aber je schwerer, desto
besser. Darüber müssen Sie sich freuen. Das mit
dem Fleisch, das bleibt, und ich habe Enkel und
Enkelinnen, da seh' ich es jeden Tag. Aber im
Glauben sich unterkriegen, meine liebe Frau, darauf
kommt es an, das ist das Wahre. Das hat uns
unser alter Martin Luther zur Erkenntnis gebracht,
der Gottesmann. Kennen Sie seine Tischreden?"

"Nein, gnädigste Frau."

"Die werde ich Ihnen schicken."

In diesem Augenblicke trat Major Crampas an
Effi heran und bat, sich nach ihrem Befinden er¬
kundigen zu dürfen. Effi war wie mit Blut über¬
gossen, aber ehe sie noch antworten konnte, sagte

Effi Brieſt
und daß es eine ſo fromme Frau war, das machte
die Sache nur noch erquicklicher.

„Ach, gnädigſte Frau …“

„Da kommt es ſchon. Ich kenne das. Immer
daſſelbe. Darin ändern die Zeiten nichts. Und
vielleicht iſt es auch recht gut ſo. Denn worauf es
ankommt, meine liebe junge Frau, das iſt das Kämpfen.
Man muß immer ringen mit dem natürlichen Menſchen.
Und wenn man ſich dann ſo unter hat und beinah'
ſchreien möchte, weil's weh thut, dann jubeln die
lieben Engel!“

„Ach, gnädigſte Frau. Es iſt oft recht ſchwer.“

„Freilich iſt es ſchwer. Aber je ſchwerer, deſto
beſſer. Darüber müſſen Sie ſich freuen. Das mit
dem Fleiſch, das bleibt, und ich habe Enkel und
Enkelinnen, da ſeh' ich es jeden Tag. Aber im
Glauben ſich unterkriegen, meine liebe Frau, darauf
kommt es an, das iſt das Wahre. Das hat uns
unſer alter Martin Luther zur Erkenntnis gebracht,
der Gottesmann. Kennen Sie ſeine Tiſchreden?“

„Nein, gnädigſte Frau.“

„Die werde ich Ihnen ſchicken.“

In dieſem Augenblicke trat Major Crampas an
Effi heran und bat, ſich nach ihrem Befinden er¬
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goſſen, aber ehe ſie noch antworten konnte, ſagte

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[288/0297] Effi Brieſt und daß es eine ſo fromme Frau war, das machte die Sache nur noch erquicklicher. „Ach, gnädigſte Frau …“ „Da kommt es ſchon. Ich kenne das. Immer daſſelbe. Darin ändern die Zeiten nichts. Und vielleicht iſt es auch recht gut ſo. Denn worauf es ankommt, meine liebe junge Frau, das iſt das Kämpfen. Man muß immer ringen mit dem natürlichen Menſchen. Und wenn man ſich dann ſo unter hat und beinah' ſchreien möchte, weil's weh thut, dann jubeln die lieben Engel!“ „Ach, gnädigſte Frau. Es iſt oft recht ſchwer.“ „Freilich iſt es ſchwer. Aber je ſchwerer, deſto beſſer. Darüber müſſen Sie ſich freuen. Das mit dem Fleiſch, das bleibt, und ich habe Enkel und Enkelinnen, da ſeh' ich es jeden Tag. Aber im Glauben ſich unterkriegen, meine liebe Frau, darauf kommt es an, das iſt das Wahre. Das hat uns unſer alter Martin Luther zur Erkenntnis gebracht, der Gottesmann. Kennen Sie ſeine Tiſchreden?“ „Nein, gnädigſte Frau.“ „Die werde ich Ihnen ſchicken.“ In dieſem Augenblicke trat Major Crampas an Effi heran und bat, ſich nach ihrem Befinden er¬ kundigen zu dürfen. Effi war wie mit Blut über¬ goſſen, aber ehe ſie noch antworten konnte, ſagte

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/297>, abgerufen am 25.11.2024.