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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Natürlich hängt er mit der zusammen. Er
war ihr Mann und ist der Vater von der Trippelli."

Effi lachte. "Von der Trippelli! Nun sehe ich
erst klar in allem. Daß sie in Kessin geboren, schrieb
ja schon Gieshübler; aber ich dachte, sie sei die
Tochter von einem italienischen Konsul. Wir haben
ja so viele fremdländische Namen hier. Und nun
ist sie gut deutsch und stammt von Trippel. Ist sie
denn so vorzüglich, daß sie wagen konnte, sich so zu
italienisieren?"

"Dem Mutigen gehört die Welt. Übrigens ist
sie ganz tüchtig. Sie war ein paar Jahr lang in
Paris bei der berühmten Viardot, wo sie auch den
russischen Fürsten kennen lernte, denn die russischen
Fürsten sind sehr aufgeklärt, über kleine Standes¬
vorurteile weg, und Kotschukoff und Gieshübler --
den sie übrigens ,Onkel' nennt, und man kann fast
von ihm sagen, er sei der geborne Onkel -- diese
beiden sind es recht eigentlich, die die kleine Marie
Trippel zu dem gemacht haben, was sie jetzt ist.
Gieshübler war es, durch den sie nach Paris kam,
und Kotschukoff hat sie dann Trippelli trans¬
poniert."

"Ach, Geert, wie reizend ist das alles und
welch Alltagsleben habe ich doch in Hohen-Cremmen
geführt! Nie was Apartes."

Effi Brieſt

„Natürlich hängt er mit der zuſammen. Er
war ihr Mann und iſt der Vater von der Trippelli.“

Effi lachte. „Von der Trippelli! Nun ſehe ich
erſt klar in allem. Daß ſie in Keſſin geboren, ſchrieb
ja ſchon Gieshübler; aber ich dachte, ſie ſei die
Tochter von einem italieniſchen Konſul. Wir haben
ja ſo viele fremdländiſche Namen hier. Und nun
iſt ſie gut deutſch und ſtammt von Trippel. Iſt ſie
denn ſo vorzüglich, daß ſie wagen konnte, ſich ſo zu
italieniſieren?“

„Dem Mutigen gehört die Welt. Übrigens iſt
ſie ganz tüchtig. Sie war ein paar Jahr lang in
Paris bei der berühmten Viardot, wo ſie auch den
ruſſiſchen Fürſten kennen lernte, denn die ruſſiſchen
Fürſten ſind ſehr aufgeklärt, über kleine Standes¬
vorurteile weg, und Kotſchukoff und Gieshübler —
den ſie übrigens ‚Onkel‘ nennt, und man kann faſt
von ihm ſagen, er ſei der geborne Onkel — dieſe
beiden ſind es recht eigentlich, die die kleine Marie
Trippel zu dem gemacht haben, was ſie jetzt iſt.
Gieshübler war es, durch den ſie nach Paris kam,
und Kotſchukoff hat ſie dann Trippelli trans¬
poniert.“

„Ach, Geert, wie reizend iſt das alles und
welch Alltagsleben habe ich doch in Hohen-Cremmen
geführt! Nie was Apartes.“

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[144/0153] Effi Brieſt „Natürlich hängt er mit der zuſammen. Er war ihr Mann und iſt der Vater von der Trippelli.“ Effi lachte. „Von der Trippelli! Nun ſehe ich erſt klar in allem. Daß ſie in Keſſin geboren, ſchrieb ja ſchon Gieshübler; aber ich dachte, ſie ſei die Tochter von einem italieniſchen Konſul. Wir haben ja ſo viele fremdländiſche Namen hier. Und nun iſt ſie gut deutſch und ſtammt von Trippel. Iſt ſie denn ſo vorzüglich, daß ſie wagen konnte, ſich ſo zu italieniſieren?“ „Dem Mutigen gehört die Welt. Übrigens iſt ſie ganz tüchtig. Sie war ein paar Jahr lang in Paris bei der berühmten Viardot, wo ſie auch den ruſſiſchen Fürſten kennen lernte, denn die ruſſiſchen Fürſten ſind ſehr aufgeklärt, über kleine Standes¬ vorurteile weg, und Kotſchukoff und Gieshübler — den ſie übrigens ‚Onkel‘ nennt, und man kann faſt von ihm ſagen, er ſei der geborne Onkel — dieſe beiden ſind es recht eigentlich, die die kleine Marie Trippel zu dem gemacht haben, was ſie jetzt iſt. Gieshübler war es, durch den ſie nach Paris kam, und Kotſchukoff hat ſie dann Trippelli trans¬ poniert.“ „Ach, Geert, wie reizend iſt das alles und welch Alltagsleben habe ich doch in Hohen-Cremmen geführt! Nie was Apartes.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/153>, abgerufen am 25.11.2024.