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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"O, diese Stimmung kenn' ich an ihm. Bei der
wievielten wart Ihr?"

"Ich hab' es nicht mehr gegenwärtig, und viel¬
leicht hätte ich es auch damals nicht mehr sagen
können. Aber das glaub' ich, daß es ihm ganz ernst
war. Und vielleicht wäre es auch das Richtige
gewesen. Glaubst Du nicht, daß Du mit ihm hättest
leben können?"

"Leben können? Das ist wenig, Geert. Aber
beinah möchte ich sagen, ich hätte auch nicht einmal
mit ihm leben können."

"Warum nicht? Er ist wirklich ein liebens¬
würdiger und netter Mensch und auch ganz gescheidt."

"Ja, das ist er ..."

"Aber ..."

"Aber er ist dalbrig. Und das ist keine Eigen¬
schaft, die wir Frauen lieben, auch nicht einmal dann,
wenn wir noch halbe Kinder sind, wohin Du mich
immer gerechnet hast und vielleicht, trotz meiner
Fortschritte, auch jetzt noch rechnest. Das Dalbrige,
das ist nicht unsre Sache. Männer müssen Männer
sein."

"Gut, daß Du das sagst. Alle Teufel, da muß
man sich ja zusammennehmen. Und ich kann von
Glück sagen, daß ich von so 'was, das wie Zusammen¬
nehmen aussieht, oder wenigstens ein Zusammen¬

Effi Brieſt

„O, dieſe Stimmung kenn' ich an ihm. Bei der
wievielten wart Ihr?“

„Ich hab' es nicht mehr gegenwärtig, und viel¬
leicht hätte ich es auch damals nicht mehr ſagen
können. Aber das glaub' ich, daß es ihm ganz ernſt
war. Und vielleicht wäre es auch das Richtige
geweſen. Glaubſt Du nicht, daß Du mit ihm hätteſt
leben können?“

„Leben können? Das iſt wenig, Geert. Aber
beinah möchte ich ſagen, ich hätte auch nicht einmal
mit ihm leben können.“

„Warum nicht? Er iſt wirklich ein liebens¬
würdiger und netter Menſch und auch ganz geſcheidt.“

„Ja, das iſt er …“

„Aber …“

„Aber er iſt dalbrig. Und das iſt keine Eigen¬
ſchaft, die wir Frauen lieben, auch nicht einmal dann,
wenn wir noch halbe Kinder ſind, wohin Du mich
immer gerechnet haſt und vielleicht, trotz meiner
Fortſchritte, auch jetzt noch rechneſt. Das Dalbrige,
das iſt nicht unſre Sache. Männer müſſen Männer
ſein.“

„Gut, daß Du das ſagſt. Alle Teufel, da muß
man ſich ja zuſammennehmen. Und ich kann von
Glück ſagen, daß ich von ſo 'was, das wie Zuſammen¬
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[314/0323] Effi Brieſt „O, dieſe Stimmung kenn' ich an ihm. Bei der wievielten wart Ihr?“ „Ich hab' es nicht mehr gegenwärtig, und viel¬ leicht hätte ich es auch damals nicht mehr ſagen können. Aber das glaub' ich, daß es ihm ganz ernſt war. Und vielleicht wäre es auch das Richtige geweſen. Glaubſt Du nicht, daß Du mit ihm hätteſt leben können?“ „Leben können? Das iſt wenig, Geert. Aber beinah möchte ich ſagen, ich hätte auch nicht einmal mit ihm leben können.“ „Warum nicht? Er iſt wirklich ein liebens¬ würdiger und netter Menſch und auch ganz geſcheidt.“ „Ja, das iſt er …“ „Aber …“ „Aber er iſt dalbrig. Und das iſt keine Eigen¬ ſchaft, die wir Frauen lieben, auch nicht einmal dann, wenn wir noch halbe Kinder ſind, wohin Du mich immer gerechnet haſt und vielleicht, trotz meiner Fortſchritte, auch jetzt noch rechneſt. Das Dalbrige, das iſt nicht unſre Sache. Männer müſſen Männer ſein.“ „Gut, daß Du das ſagſt. Alle Teufel, da muß man ſich ja zuſammennehmen. Und ich kann von Glück ſagen, daß ich von ſo 'was, das wie Zuſammen¬ nehmen ausſieht, oder wenigſtens ein Zuſammen¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/323>, abgerufen am 29.11.2024.