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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
hielt Effi darauf, daß sie der ärztlichen Verordnung
streng nachkam. Es verging kein Tag, wo sie nicht
ihren vorgeschriebenen Spaziergang gemacht hätte,
meist nachmittags, wenn sich Innstetten in seine
Zeitungen zu vertiefen begann. Das Wetter war
schön, eine milde, frische Luft, der Himmel bedeckt.
Sie ging in der Regel allein und sagte zu Roswitha:
"Roswitha, ich gehe nun also die Chaussee hinunter
und dann rechts an den Platz mit dem Karussell;
da will ich auf Dich warten, da hole mich ab. Und
dann gehen wir durch die Birkenallee oder durch die
Reeperbahn wieder zurück. Aber komme nur, wenn
Annie schläft. Und wenn sie nicht schläft, so schicke
Johanna. Oder laß es lieber ganz; es ist nicht
nötig, ich finde mich schon zurecht."

Den ersten Tag, als es so verabredet war,
trafen sie sich auch wirklich. Effi saß auf einer an
einem langen Holzschuppen sich hinziehenden Bank
und sah nach einem niedrigen Fachwerkhause hinüber,
gelb mit schwarz gestrichenen Balken, einer Wirtschaft
für kleine Bürger, die hier ihr Glas Bier tranken
oder Solo spielten. Es dunkelte noch kaum, die
Fenster aber waren schon hell, und ihr Lichtschimmer
fiel auf die Schneemassen und etliche zur Seite
stehende Bäume. "Sieh', Roswitha, wie schön das
aussieht."

Effi Brieſt
hielt Effi darauf, daß ſie der ärztlichen Verordnung
ſtreng nachkam. Es verging kein Tag, wo ſie nicht
ihren vorgeſchriebenen Spaziergang gemacht hätte,
meiſt nachmittags, wenn ſich Innſtetten in ſeine
Zeitungen zu vertiefen begann. Das Wetter war
ſchön, eine milde, friſche Luft, der Himmel bedeckt.
Sie ging in der Regel allein und ſagte zu Roswitha:
„Roswitha, ich gehe nun alſo die Chauſſee hinunter
und dann rechts an den Platz mit dem Karuſſell;
da will ich auf Dich warten, da hole mich ab. Und
dann gehen wir durch die Birkenallee oder durch die
Reeperbahn wieder zurück. Aber komme nur, wenn
Annie ſchläft. Und wenn ſie nicht ſchläft, ſo ſchicke
Johanna. Oder laß es lieber ganz; es iſt nicht
nötig, ich finde mich ſchon zurecht.“

Den erſten Tag, als es ſo verabredet war,
trafen ſie ſich auch wirklich. Effi ſaß auf einer an
einem langen Holzſchuppen ſich hinziehenden Bank
und ſah nach einem niedrigen Fachwerkhauſe hinüber,
gelb mit ſchwarz geſtrichenen Balken, einer Wirtſchaft
für kleine Bürger, die hier ihr Glas Bier tranken
oder Solo ſpielten. Es dunkelte noch kaum, die
Fenſter aber waren ſchon hell, und ihr Lichtſchimmer
fiel auf die Schneemaſſen und etliche zur Seite
ſtehende Bäume. „Sieh', Roswitha, wie ſchön das
ausſieht.“

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[297/0306] Effi Brieſt hielt Effi darauf, daß ſie der ärztlichen Verordnung ſtreng nachkam. Es verging kein Tag, wo ſie nicht ihren vorgeſchriebenen Spaziergang gemacht hätte, meiſt nachmittags, wenn ſich Innſtetten in ſeine Zeitungen zu vertiefen begann. Das Wetter war ſchön, eine milde, friſche Luft, der Himmel bedeckt. Sie ging in der Regel allein und ſagte zu Roswitha: „Roswitha, ich gehe nun alſo die Chauſſee hinunter und dann rechts an den Platz mit dem Karuſſell; da will ich auf Dich warten, da hole mich ab. Und dann gehen wir durch die Birkenallee oder durch die Reeperbahn wieder zurück. Aber komme nur, wenn Annie ſchläft. Und wenn ſie nicht ſchläft, ſo ſchicke Johanna. Oder laß es lieber ganz; es iſt nicht nötig, ich finde mich ſchon zurecht.“ Den erſten Tag, als es ſo verabredet war, trafen ſie ſich auch wirklich. Effi ſaß auf einer an einem langen Holzſchuppen ſich hinziehenden Bank und ſah nach einem niedrigen Fachwerkhauſe hinüber, gelb mit ſchwarz geſtrichenen Balken, einer Wirtſchaft für kleine Bürger, die hier ihr Glas Bier tranken oder Solo ſpielten. Es dunkelte noch kaum, die Fenſter aber waren ſchon hell, und ihr Lichtſchimmer fiel auf die Schneemaſſen und etliche zur Seite ſtehende Bäume. „Sieh', Roswitha, wie ſchön das ausſieht.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/306>, abgerufen am 27.11.2024.