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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
mit angerechnet, die's ernst mit dem Heil ihrer Seele
meinen."

"Es ist so schwer, ins Herz zu sehen!"

"Ja. Das ist es. Aber bei manchem ist es
auch ganz leicht." Und dabei sah sie die junge Frau
mit beinahe ungezogener Eindringlichkeit an.

Effi schwieg und wandte sich ungeduldig zur
Seite.

"Bei manchem, sag' ich, ist es ganz leicht,"
wiederholte Sidonie, die ihren Zweck erreicht hatte
und deshalb ruhig lächelnd fortfuhr: "und zu diesen
leichten Rätseln gehört unser Oberförster. Wer seine
Kinder so erzieht, den beklag' ich, aber das eine
gute hat es, es liegt bei ihm alles klar da. Und wie
bei ihm selbst, so bei den Töchtern. Cora geht nach
Amerika und wird Millionärin oder Methodisten¬
predigerin; in jedem Fall ist sie verloren. Ich habe
noch keine Vierzehnjährige gesehen ..."

In diesem Augenblicke hielt der Schlitten, und
als sich beide Damen umsahen, um in Erfahrung
zu bringen, was es denn eigentlich sei, bemerkten sie,
daß rechts von ihnen, in etwa dreißig Schritt Ab¬
stand, auch die beiden anderen Schlitten hielten --
am weitesten nach rechts der von Innstetten geführte,
näher heran der Crampas'sche.

"Was ist?" fragte Effi.

Effi Brieſt
mit angerechnet, die's ernſt mit dem Heil ihrer Seele
meinen.“

„Es iſt ſo ſchwer, ins Herz zu ſehen!“

„Ja. Das iſt es. Aber bei manchem iſt es
auch ganz leicht.“ Und dabei ſah ſie die junge Frau
mit beinahe ungezogener Eindringlichkeit an.

Effi ſchwieg und wandte ſich ungeduldig zur
Seite.

„Bei manchem, ſag' ich, iſt es ganz leicht,“
wiederholte Sidonie, die ihren Zweck erreicht hatte
und deshalb ruhig lächelnd fortfuhr: „und zu dieſen
leichten Rätſeln gehört unſer Oberförſter. Wer ſeine
Kinder ſo erzieht, den beklag' ich, aber das eine
gute hat es, es liegt bei ihm alles klar da. Und wie
bei ihm ſelbſt, ſo bei den Töchtern. Cora geht nach
Amerika und wird Millionärin oder Methodiſten¬
predigerin; in jedem Fall iſt ſie verloren. Ich habe
noch keine Vierzehnjährige geſehen …“

In dieſem Augenblicke hielt der Schlitten, und
als ſich beide Damen umſahen, um in Erfahrung
zu bringen, was es denn eigentlich ſei, bemerkten ſie,
daß rechts von ihnen, in etwa dreißig Schritt Ab¬
ſtand, auch die beiden anderen Schlitten hielten —
am weiteſten nach rechts der von Innſtetten geführte,
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[274/0283] Effi Brieſt mit angerechnet, die's ernſt mit dem Heil ihrer Seele meinen.“ „Es iſt ſo ſchwer, ins Herz zu ſehen!“ „Ja. Das iſt es. Aber bei manchem iſt es auch ganz leicht.“ Und dabei ſah ſie die junge Frau mit beinahe ungezogener Eindringlichkeit an. Effi ſchwieg und wandte ſich ungeduldig zur Seite. „Bei manchem, ſag' ich, iſt es ganz leicht,“ wiederholte Sidonie, die ihren Zweck erreicht hatte und deshalb ruhig lächelnd fortfuhr: „und zu dieſen leichten Rätſeln gehört unſer Oberförſter. Wer ſeine Kinder ſo erzieht, den beklag' ich, aber das eine gute hat es, es liegt bei ihm alles klar da. Und wie bei ihm ſelbſt, ſo bei den Töchtern. Cora geht nach Amerika und wird Millionärin oder Methodiſten¬ predigerin; in jedem Fall iſt ſie verloren. Ich habe noch keine Vierzehnjährige geſehen …“ In dieſem Augenblicke hielt der Schlitten, und als ſich beide Damen umſahen, um in Erfahrung zu bringen, was es denn eigentlich ſei, bemerkten ſie, daß rechts von ihnen, in etwa dreißig Schritt Ab¬ ſtand, auch die beiden anderen Schlitten hielten — am weiteſten nach rechts der von Innſtetten geführte, näher heran der Crampas'ſche. „Was iſt?“ fragte Effi.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/283>, abgerufen am 25.11.2024.