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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
das Meer. Aber es ist etwas anderes, ein unendlich
feiner Ton, fast wie menschliche Stimme ..."

"Das sind Sinnestäuschungen," sagte Sidonie,
die jetzt den richtigen Einsetzemoment gekommen glaubte.
"Sie sind nervenkrank. Sie hören Stimmen. Gebe
Gott, daß Sie auch die richtige Stimme hören."

"Ich höre ... nun, gewiß, es ist Thorheit, ich
weiß, sonst würd' ich mir einbilden, ich hätte die
Meerfrauen singen hören ... Aber, ich bitte Sie,
was ist das? Es blitzt ja bis hoch in den Himmel
hinauf. Das muß ein Nordlicht sein."

"Ja," sagte Sidonie. "Gnädigste Frau thun
ja, als ob es ein Weltwunder wäre. Das ist es
nicht. Und wenn es dergleichen wäre, wir haben
uns vor Naturkultus zu hüten. Übrigens ein wahres
Glück, daß wir außer Gefahr sind, unsern Freund
Oberförster, diesen eitelsten aller Sterblichen, über
dies Nordlicht sprechen zu hören. Ich wette, daß
er sich einbilden würde, das thue ihm der Himmel
zu Gefallen, um sein Fest noch festlicher zu machen.
Er ist ein Narr. Güldenklee konnte besseres thun,
als ihn feiern. Und dabei spielt er sich auf den
Kirchlichen aus und hat auch neulich eine Altardecke
geschenkt. Vielleicht, daß Cora daran mitgestickt hat.
Diese Unechten sind schuld an allem, denn ihre
Weltlichkeit liegt immer oben auf und wird Denen

Th Fontane, Effi Briest. 18

Effi Brieſt
das Meer. Aber es iſt etwas anderes, ein unendlich
feiner Ton, faſt wie menſchliche Stimme …“

„Das ſind Sinnestäuſchungen,“ ſagte Sidonie,
die jetzt den richtigen Einſetzemoment gekommen glaubte.
„Sie ſind nervenkrank. Sie hören Stimmen. Gebe
Gott, daß Sie auch die richtige Stimme hören.“

„Ich höre … nun, gewiß, es iſt Thorheit, ich
weiß, ſonſt würd' ich mir einbilden, ich hätte die
Meerfrauen ſingen hören … Aber, ich bitte Sie,
was iſt das? Es blitzt ja bis hoch in den Himmel
hinauf. Das muß ein Nordlicht ſein.“

„Ja,“ ſagte Sidonie. „Gnädigſte Frau thun
ja, als ob es ein Weltwunder wäre. Das iſt es
nicht. Und wenn es dergleichen wäre, wir haben
uns vor Naturkultus zu hüten. Übrigens ein wahres
Glück, daß wir außer Gefahr ſind, unſern Freund
Oberförſter, dieſen eitelſten aller Sterblichen, über
dies Nordlicht ſprechen zu hören. Ich wette, daß
er ſich einbilden würde, das thue ihm der Himmel
zu Gefallen, um ſein Feſt noch feſtlicher zu machen.
Er iſt ein Narr. Güldenklee konnte beſſeres thun,
als ihn feiern. Und dabei ſpielt er ſich auf den
Kirchlichen aus und hat auch neulich eine Altardecke
geſchenkt. Vielleicht, daß Cora daran mitgeſtickt hat.
Dieſe Unechten ſind ſchuld an allem, denn ihre
Weltlichkeit liegt immer oben auf und wird Denen

Th Fontane, Effi Brieſt. 18
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[273/0282] Effi Brieſt das Meer. Aber es iſt etwas anderes, ein unendlich feiner Ton, faſt wie menſchliche Stimme …“ „Das ſind Sinnestäuſchungen,“ ſagte Sidonie, die jetzt den richtigen Einſetzemoment gekommen glaubte. „Sie ſind nervenkrank. Sie hören Stimmen. Gebe Gott, daß Sie auch die richtige Stimme hören.“ „Ich höre … nun, gewiß, es iſt Thorheit, ich weiß, ſonſt würd' ich mir einbilden, ich hätte die Meerfrauen ſingen hören … Aber, ich bitte Sie, was iſt das? Es blitzt ja bis hoch in den Himmel hinauf. Das muß ein Nordlicht ſein.“ „Ja,“ ſagte Sidonie. „Gnädigſte Frau thun ja, als ob es ein Weltwunder wäre. Das iſt es nicht. Und wenn es dergleichen wäre, wir haben uns vor Naturkultus zu hüten. Übrigens ein wahres Glück, daß wir außer Gefahr ſind, unſern Freund Oberförſter, dieſen eitelſten aller Sterblichen, über dies Nordlicht ſprechen zu hören. Ich wette, daß er ſich einbilden würde, das thue ihm der Himmel zu Gefallen, um ſein Feſt noch feſtlicher zu machen. Er iſt ein Narr. Güldenklee konnte beſſeres thun, als ihn feiern. Und dabei ſpielt er ſich auf den Kirchlichen aus und hat auch neulich eine Altardecke geſchenkt. Vielleicht, daß Cora daran mitgeſtickt hat. Dieſe Unechten ſind ſchuld an allem, denn ihre Weltlichkeit liegt immer oben auf und wird Denen Th Fontane, Effi Brieſt. 18

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/282>, abgerufen am 25.11.2024.