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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
oder gar Lärm zu machen; endlich aber, weil doch
wer das Wort nehmen mußte, fragte Crampas, "was
es denn eigentlich sei?"

"Mirambo kann nicht fahren," sagte der Hofe¬
knecht; "das linke Pferd hat ihn beim Anspannen
vor das Schienbein geschlagen. Er liegt im Stall
und schreit."

Nun wurde natürlich nach Dr. Hannemann
gerufen, der denn auch hinausging und nach fünf
Minuten mit echter Chirurgenruhe versicherte: "Ja,
Mirambo müsse zurückbleiben; es sei vorläufig in der
Sache nichts zu machen, als still liegen und kühlen.
Übrigens von Bedenklichem keine Rede." Das war
nun einigermaßen ein Trost, aber schaffte doch die
Verlegenheit, wie der Gieshübler'sche Schlitten zurück¬
zufahren sei, nicht aus der Welt, bis Innstetten er¬
klärte, daß er für Mirambo einzutreten und das
Zwiegestirn von Doktor und Apotheker persönlich
glücklich heimzusteuern gedenke. Lachend und unter
ziemlich angeheiterten Scherzen gegen den verbind¬
lichsten aller Landräte, der sich, um hülfreich zu sein,
sogar von seiner jungen Frau trennen wolle, wurde
dem Vorschlage zugestimmt, und Innstetten, mit
Gieshübler und dem Doktor im Fond, nahm jetzt
wieder die Tete. Crampas und Lindequist folgten
unmittelbar. Und als gleich danach auch Kruse mit

Effi Brieſt
oder gar Lärm zu machen; endlich aber, weil doch
wer das Wort nehmen mußte, fragte Crampas, „was
es denn eigentlich ſei?“

„Mirambo kann nicht fahren,“ ſagte der Hofe¬
knecht; „das linke Pferd hat ihn beim Anſpannen
vor das Schienbein geſchlagen. Er liegt im Stall
und ſchreit.“

Nun wurde natürlich nach Dr. Hannemann
gerufen, der denn auch hinausging und nach fünf
Minuten mit echter Chirurgenruhe verſicherte: „Ja,
Mirambo müſſe zurückbleiben; es ſei vorläufig in der
Sache nichts zu machen, als ſtill liegen und kühlen.
Übrigens von Bedenklichem keine Rede.“ Das war
nun einigermaßen ein Troſt, aber ſchaffte doch die
Verlegenheit, wie der Gieshübler'ſche Schlitten zurück¬
zufahren ſei, nicht aus der Welt, bis Innſtetten er¬
klärte, daß er für Mirambo einzutreten und das
Zwiegeſtirn von Doktor und Apotheker perſönlich
glücklich heimzuſteuern gedenke. Lachend und unter
ziemlich angeheiterten Scherzen gegen den verbind¬
lichſten aller Landräte, der ſich, um hülfreich zu ſein,
ſogar von ſeiner jungen Frau trennen wolle, wurde
dem Vorſchlage zugeſtimmt, und Innſtetten, mit
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[270/0279] Effi Brieſt oder gar Lärm zu machen; endlich aber, weil doch wer das Wort nehmen mußte, fragte Crampas, „was es denn eigentlich ſei?“ „Mirambo kann nicht fahren,“ ſagte der Hofe¬ knecht; „das linke Pferd hat ihn beim Anſpannen vor das Schienbein geſchlagen. Er liegt im Stall und ſchreit.“ Nun wurde natürlich nach Dr. Hannemann gerufen, der denn auch hinausging und nach fünf Minuten mit echter Chirurgenruhe verſicherte: „Ja, Mirambo müſſe zurückbleiben; es ſei vorläufig in der Sache nichts zu machen, als ſtill liegen und kühlen. Übrigens von Bedenklichem keine Rede.“ Das war nun einigermaßen ein Troſt, aber ſchaffte doch die Verlegenheit, wie der Gieshübler'ſche Schlitten zurück¬ zufahren ſei, nicht aus der Welt, bis Innſtetten er¬ klärte, daß er für Mirambo einzutreten und das Zwiegeſtirn von Doktor und Apotheker perſönlich glücklich heimzuſteuern gedenke. Lachend und unter ziemlich angeheiterten Scherzen gegen den verbind¬ lichſten aller Landräte, der ſich, um hülfreich zu ſein, ſogar von ſeiner jungen Frau trennen wolle, wurde dem Vorſchlage zugeſtimmt, und Innſtetten, mit Gieshübler und dem Doktor im Fond, nahm jetzt wieder die Tête. Crampas und Lindequiſt folgten unmittelbar. Und als gleich danach auch Kruſe mit

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/279>, abgerufen am 26.11.2024.