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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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seiner Schöpfung, den "Fischer von Kahniswall". Diese Bezeich-
nung verblieb ihm auch sein Lebelang, trotzdem er, bei jungen
Jahren schon, die nach ihm benannte Heimstätte verließ. In der
Geschichte jedoch, die Sie nun hören sollen, werd' ich ihn, der
Kürze halber, einfach bei seinem Namen nennen.

Kahnis hatte eine junge Frau, eine Kossäthentochter aus
Schmöckwitz, die sehr blond und sehr hübsch war, viel hübscher als
man nach ihrem Geburtsort hätte schließen sollen. Er war, bei
Beginn unserer Erzählung, drei Jahre mit ihr verheirathet und
hatte zwei Kinder, Krausköpfe, die er über die Maßen liebte.
Seine Hanne aber liebte er noch viel mehr. Hatte sie doch, allem
Dreinreden unerachtet, aus bloßer Neigung zu ihm -- er war ein
stattlicher Spreewende -- eine Art Mesalliance geschlossen.

So kam der Oktober 1806. Eh' der Unglücks-Monat zu
Ende war, waren die Schelmen-Franzosen in Berlin, und drei
Tage später auch in Cöpenick. Hier sah sie nun unser Kahnis.
Es waren Kürassiere von der Division Nansouty. Als er hörte,
daß ein paar Schwadronen auch auf die umliegenden Dörfer ge-
legt werden sollten, überkam ihn ein eigenthümlich schreckhaftes
Gefühl, eine Eifersuchts-Ahnung, ein Etwas, das er bis dahin
nicht gekannt hatte. Wer wollt' es ihm verargen? Er war ge-
rade gescheidt genug, um zu wissen, daß die Weiber, in ihrer ewigen
Neugier, das Fremde und Aparte lieben, und so sehr er seiner
Hanne unter gewöhnlichen Verhältnissen traute, so wenig glaubte
er ihrer sicher zu sein, wenn es sich um einen Wettstreit mit den
Nansouty'schen Kürassieren handelte, die alle sechs Fuß maßen und
einen drei Fuß langen Roßschweif am Helme hatten. Ich muß
sagen, daß er sich hierin, wie in vielen anderen Stücken, als ein
einfacher, aber sehr verständiger Mann bewies."

Capitain Backhusen nickte zustimmend.

"Kahnis sann also nach, wie er der Gefahr entgehen könne,
überschlief es und sagte dann anderen Tages früh: "Hanne, komm';
ich mag die Kerls nicht sehen. Sie haben keinen Herrgott und
stehlen Kinder. Hier an der Straße sind wir nicht sicher vor
ihnen. Ich weiß aber einen guten Platz, wo sie uns nicht finden
sollen. Ewig wird es ja nicht dauern." Daß er aus eifersüchtiger
Furcht seinen Vorschlag machte, davon schwieg er. Er verfuhr wie

ſeiner Schöpfung, den „Fiſcher von Kahniswall“. Dieſe Bezeich-
nung verblieb ihm auch ſein Lebelang, trotzdem er, bei jungen
Jahren ſchon, die nach ihm benannte Heimſtätte verließ. In der
Geſchichte jedoch, die Sie nun hören ſollen, werd’ ich ihn, der
Kürze halber, einfach bei ſeinem Namen nennen.

Kahnis hatte eine junge Frau, eine Koſſäthentochter aus
Schmöckwitz, die ſehr blond und ſehr hübſch war, viel hübſcher als
man nach ihrem Geburtsort hätte ſchließen ſollen. Er war, bei
Beginn unſerer Erzählung, drei Jahre mit ihr verheirathet und
hatte zwei Kinder, Krausköpfe, die er über die Maßen liebte.
Seine Hanne aber liebte er noch viel mehr. Hatte ſie doch, allem
Dreinreden unerachtet, aus bloßer Neigung zu ihm — er war ein
ſtattlicher Spreewende — eine Art Mesalliance geſchloſſen.

So kam der Oktober 1806. Eh’ der Unglücks-Monat zu
Ende war, waren die Schelmen-Franzoſen in Berlin, und drei
Tage ſpäter auch in Cöpenick. Hier ſah ſie nun unſer Kahnis.
Es waren Küraſſiere von der Diviſion Nanſouty. Als er hörte,
daß ein paar Schwadronen auch auf die umliegenden Dörfer ge-
legt werden ſollten, überkam ihn ein eigenthümlich ſchreckhaftes
Gefühl, eine Eiferſuchts-Ahnung, ein Etwas, das er bis dahin
nicht gekannt hatte. Wer wollt’ es ihm verargen? Er war ge-
rade geſcheidt genug, um zu wiſſen, daß die Weiber, in ihrer ewigen
Neugier, das Fremde und Aparte lieben, und ſo ſehr er ſeiner
Hanne unter gewöhnlichen Verhältniſſen traute, ſo wenig glaubte
er ihrer ſicher zu ſein, wenn es ſich um einen Wettſtreit mit den
Nanſouty’ſchen Küraſſieren handelte, die alle ſechs Fuß maßen und
einen drei Fuß langen Roßſchweif am Helme hatten. Ich muß
ſagen, daß er ſich hierin, wie in vielen anderen Stücken, als ein
einfacher, aber ſehr verſtändiger Mann bewies.“

Capitain Backhuſen nickte zuſtimmend.

„Kahnis ſann alſo nach, wie er der Gefahr entgehen könne,
überſchlief es und ſagte dann anderen Tages früh: „Hanne, komm’;
ich mag die Kerls nicht ſehen. Sie haben keinen Herrgott und
ſtehlen Kinder. Hier an der Straße ſind wir nicht ſicher vor
ihnen. Ich weiß aber einen guten Platz, wo ſie uns nicht finden
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[69/0085] ſeiner Schöpfung, den „Fiſcher von Kahniswall“. Dieſe Bezeich- nung verblieb ihm auch ſein Lebelang, trotzdem er, bei jungen Jahren ſchon, die nach ihm benannte Heimſtätte verließ. In der Geſchichte jedoch, die Sie nun hören ſollen, werd’ ich ihn, der Kürze halber, einfach bei ſeinem Namen nennen. Kahnis hatte eine junge Frau, eine Koſſäthentochter aus Schmöckwitz, die ſehr blond und ſehr hübſch war, viel hübſcher als man nach ihrem Geburtsort hätte ſchließen ſollen. Er war, bei Beginn unſerer Erzählung, drei Jahre mit ihr verheirathet und hatte zwei Kinder, Krausköpfe, die er über die Maßen liebte. Seine Hanne aber liebte er noch viel mehr. Hatte ſie doch, allem Dreinreden unerachtet, aus bloßer Neigung zu ihm — er war ein ſtattlicher Spreewende — eine Art Mesalliance geſchloſſen. So kam der Oktober 1806. Eh’ der Unglücks-Monat zu Ende war, waren die Schelmen-Franzoſen in Berlin, und drei Tage ſpäter auch in Cöpenick. Hier ſah ſie nun unſer Kahnis. Es waren Küraſſiere von der Diviſion Nanſouty. Als er hörte, daß ein paar Schwadronen auch auf die umliegenden Dörfer ge- legt werden ſollten, überkam ihn ein eigenthümlich ſchreckhaftes Gefühl, eine Eiferſuchts-Ahnung, ein Etwas, das er bis dahin nicht gekannt hatte. Wer wollt’ es ihm verargen? Er war ge- rade geſcheidt genug, um zu wiſſen, daß die Weiber, in ihrer ewigen Neugier, das Fremde und Aparte lieben, und ſo ſehr er ſeiner Hanne unter gewöhnlichen Verhältniſſen traute, ſo wenig glaubte er ihrer ſicher zu ſein, wenn es ſich um einen Wettſtreit mit den Nanſouty’ſchen Küraſſieren handelte, die alle ſechs Fuß maßen und einen drei Fuß langen Roßſchweif am Helme hatten. Ich muß ſagen, daß er ſich hierin, wie in vielen anderen Stücken, als ein einfacher, aber ſehr verſtändiger Mann bewies.“ Capitain Backhuſen nickte zuſtimmend. „Kahnis ſann alſo nach, wie er der Gefahr entgehen könne, überſchlief es und ſagte dann anderen Tages früh: „Hanne, komm’; ich mag die Kerls nicht ſehen. Sie haben keinen Herrgott und ſtehlen Kinder. Hier an der Straße ſind wir nicht ſicher vor ihnen. Ich weiß aber einen guten Platz, wo ſie uns nicht finden ſollen. Ewig wird es ja nicht dauern.“ Daß er aus eiferſüchtiger Furcht ſeinen Vorſchlag machte, davon ſchwieg er. Er verfuhr wie

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/85>, abgerufen am 21.11.2024.