Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.pflegt. Dahinter steigt der Müggelsheimer Forst an, und wo er "Kahniswall?" fragte ich einigermaßen überrascht. "Gewiß, Kahniswall. Kennen Sie es? Eine Colonisten-An- "Ja, dann kenn' ich es. Nicht von Ansehn, aber aus einer Wir stiegen wieder auf Deck, und die Aufforderung erging "Wir wissen hier Bescheid, wie in unserer eigenen Tasche; "Ich habe vor Jahren, als ich Geschichten aus dem Teltow "Nun so lassen Sie hören." "Gut denn." Der Fischer von Kahniswall. "Fischer Kahnis hielt eine Fähre, da, wo der Rahnsdorfer pflegt. Dahinter ſteigt der Müggelsheimer Forſt an, und wo er „Kahniswall?“ fragte ich einigermaßen überraſcht. „Gewiß, Kahniswall. Kennen Sie es? Eine Coloniſten-An- „Ja, dann kenn’ ich es. Nicht von Anſehn, aber aus einer Wir ſtiegen wieder auf Deck, und die Aufforderung erging „Wir wiſſen hier Beſcheid, wie in unſerer eigenen Taſche; „Ich habe vor Jahren, als ich Geſchichten aus dem Teltow „Nun ſo laſſen Sie hören.“ „Gut denn.“ Der Fiſcher von Kahniswall. „Fiſcher Kahnis hielt eine Fähre, da, wo der Rahnsdorfer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0084" n="68"/> pflegt. Dahinter ſteigt der Müggelsheimer Forſt an, und wo er<lb/> ſich wieder ſenkt, das iſt Kahniswall.</p><lb/> <p>„Kahniswall?“ fragte ich einigermaßen überraſcht.</p><lb/> <p>„Gewiß, Kahniswall. Kennen Sie es? Eine Coloniſten-An-<lb/> lage; früher ein Fiſcherhaus.“</p><lb/> <p>„Ja, dann kenn’ ich es. Nicht von Anſehn, aber aus einer<lb/> Erzählung. Und Robins-Eiland, das dort im Rohrgehege mit<lb/> den drei Pappelweiden ſchwimmt, muß dann juſt die Inſel ſein,<lb/> wo meine Robinſonade ſpielt.“</p><lb/> <p>Wir ſtiegen wieder auf Deck, und die Aufforderung erging<lb/> an mich zu erzählen, wobei es nicht an Zweifeln und ſcherzhaften<lb/> Vorwürfen fehlte, ihnen, „den Halb-Autochthonen dieſer Gegenden“,<lb/> etwas Neues über die nördliche Wendei verrathen zu wollen.</p><lb/> <p>„Wir wiſſen hier Beſcheid, wie in unſerer eigenen Taſche;<lb/> wir könnten Civilſtandsregiſter führen und Chroniken ſchreiben, und<lb/> nun kommen Sie, um uns auf unſerem eigenen Terrain eine Nieder-<lb/> lage zu bereiten. Kahniswall, eine Robinſonade; was iſt es<lb/> damit?“</p><lb/> <p>„Ich habe vor Jahren, als ich Geſchichten aus dem Teltow<lb/> ſammelte, durch Güte eines Freundes davon erfahren. Es war<lb/> eine briefliche Mittheilung und trug die Ueberſchrift: „der Fiſcher<lb/> von Kahniswall“.</p><lb/> <p>„Nun ſo laſſen Sie hören.“</p><lb/> <p>„Gut denn.“</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Fiſcher von Kahniswall.</hi> </head><lb/> <p>„Fiſcher Kahnis hielt eine Fähre, da, wo der Rahnsdorfer<lb/> Spreearm in den Seddin-See eintritt. Das Häuschen, das er be-<lb/> wohnte, war des ſumpfigen Untergrundes halber von ihm ſelber<lb/> auf einem eigens hergerichteten Damm oder Wall aufgeführt worden,<lb/> und weil Alles damals noch ohne feſte Bezeichnung war, erhielt<lb/> dieſe Wallſtrecke, wo ſein Häuschen ſtand, den Namen Kahniswall.<lb/> Die Coloniſten von <hi rendition="#g">Goſen</hi> und <hi rendition="#g">Neu-Zittau</hi>, ſeine nächſten Nachbarn,<lb/> vergaßen über dieſen Ortsnamen ſehr bald den Namen deſſen, der<lb/> Wall und Häuschen erſt geſchaffen hatte, und nannten ihn, nach<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0084]
pflegt. Dahinter ſteigt der Müggelsheimer Forſt an, und wo er
ſich wieder ſenkt, das iſt Kahniswall.
„Kahniswall?“ fragte ich einigermaßen überraſcht.
„Gewiß, Kahniswall. Kennen Sie es? Eine Coloniſten-An-
lage; früher ein Fiſcherhaus.“
„Ja, dann kenn’ ich es. Nicht von Anſehn, aber aus einer
Erzählung. Und Robins-Eiland, das dort im Rohrgehege mit
den drei Pappelweiden ſchwimmt, muß dann juſt die Inſel ſein,
wo meine Robinſonade ſpielt.“
Wir ſtiegen wieder auf Deck, und die Aufforderung erging
an mich zu erzählen, wobei es nicht an Zweifeln und ſcherzhaften
Vorwürfen fehlte, ihnen, „den Halb-Autochthonen dieſer Gegenden“,
etwas Neues über die nördliche Wendei verrathen zu wollen.
„Wir wiſſen hier Beſcheid, wie in unſerer eigenen Taſche;
wir könnten Civilſtandsregiſter führen und Chroniken ſchreiben, und
nun kommen Sie, um uns auf unſerem eigenen Terrain eine Nieder-
lage zu bereiten. Kahniswall, eine Robinſonade; was iſt es
damit?“
„Ich habe vor Jahren, als ich Geſchichten aus dem Teltow
ſammelte, durch Güte eines Freundes davon erfahren. Es war
eine briefliche Mittheilung und trug die Ueberſchrift: „der Fiſcher
von Kahniswall“.
„Nun ſo laſſen Sie hören.“
„Gut denn.“
Der Fiſcher von Kahniswall.
„Fiſcher Kahnis hielt eine Fähre, da, wo der Rahnsdorfer
Spreearm in den Seddin-See eintritt. Das Häuschen, das er be-
wohnte, war des ſumpfigen Untergrundes halber von ihm ſelber
auf einem eigens hergerichteten Damm oder Wall aufgeführt worden,
und weil Alles damals noch ohne feſte Bezeichnung war, erhielt
dieſe Wallſtrecke, wo ſein Häuschen ſtand, den Namen Kahniswall.
Die Coloniſten von Goſen und Neu-Zittau, ſeine nächſten Nachbarn,
vergaßen über dieſen Ortsnamen ſehr bald den Namen deſſen, der
Wall und Häuschen erſt geſchaffen hatte, und nannten ihn, nach
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