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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Krankheit und die Todesursach erfahren wollte, geöffnet und danach
erst hierher nach Groeben gebracht, allwo der Sarg unter dem
Kirchenstuhle, darin die Predigers Frau ihren Sitz hat, beigesetzt
wurde.

Charles Guichard war am 27. September 1724 geboren
und 18 Jahre lang in Königs Diensten gewesen. Sein Alter
hat er folglich gebracht auf fünfzig und ein halbes Jahr. Sein
moralischer Charakter war gutthätig und freundlich gegen seine
Nächsten, ohne Hochmuth und Geiz, übrigens aber von deistischem
Glauben.

1778 am 14. April starb zu Berlin Joachim Ernst
v. Schlabrendorf auf Siethen Lehns- und Gerichtsherr. Nachdem
derselbe sein Gut über den doppelten Werth hinaus verschuldet
und selbiges endlich seinen Creditoribus zur Administration und
Sequestration überlassen, auch seine Mobilien an die Meistbietenden
öffentlich verkauft hatte, hatte sich derselbe vor etwa anderthalb
Jahren mit Frau und Tochter nach Berlin begeben. Und eben
daselbst ist er denn auch, der sich von jeher bis an sein Ende mit
nichts als Intriguen und Listen zu seinem großen Schaden be-
schäftigt hatte, 63 Jahre alt an der Lungenentzündung gestorben.
Er war auf dem ehemalig Schlabrendorfschen Gute Blankensee ge-
boren, klein von Statur und hageren Leibes, und hat in seiner
Jugend einige Zeit auf Schulen und Universitäten zugebracht.
Alles was er von daher profitiret, wandte er an, um Anderen
Uebles zu thun, aber freilich immer zu seinem eigenen Verderben.
Vor den Augen und insonderheit vor Leuten, die seine Schliche
noch nicht kannten, erschien er als ein Biedermann in Worten
und Mienen, und war kein christlicherer und ehrlicherer und treu-
herzigerer Mann als er in der ganzen Welt zu finden. Er zeigte
sich dann immer ohne Stolz des Adels, dienstfertig gegen alle
Menschen, frei, munter und offenherzig, und insonderheit milde gegen
alle Bedürftigen. Aber dies Alles nur um zu blenden und Ver-
trauensselige zu finden, deren Vertrauen ihm dann eine gute Ge-
legenheit bot, das Vermögen von Kirchen, von Wittwen und armen
Leuten an sich zu reißen. Alle diejenigen jedoch, die sich nicht
blenden und zu seinem Dienste nicht wollten gebrauchen lassen,
die wußt' er mit allen Mitteln zu verfolgen und ihnen zu schaden

Krankheit und die Todesurſach erfahren wollte, geöffnet und danach
erſt hierher nach Groeben gebracht, allwo der Sarg unter dem
Kirchenſtuhle, darin die Predigers Frau ihren Sitz hat, beigeſetzt
wurde.

Charles Guichard war am 27. September 1724 geboren
und 18 Jahre lang in Königs Dienſten geweſen. Sein Alter
hat er folglich gebracht auf fünfzig und ein halbes Jahr. Sein
moraliſcher Charakter war gutthätig und freundlich gegen ſeine
Nächſten, ohne Hochmuth und Geiz, übrigens aber von deiſtiſchem
Glauben.

1778 am 14. April ſtarb zu Berlin Joachim Ernſt
v. Schlabrendorf auf Siethen Lehns- und Gerichtsherr. Nachdem
derſelbe ſein Gut über den doppelten Werth hinaus verſchuldet
und ſelbiges endlich ſeinen Creditoribus zur Adminiſtration und
Sequeſtration überlaſſen, auch ſeine Mobilien an die Meiſtbietenden
öffentlich verkauft hatte, hatte ſich derſelbe vor etwa anderthalb
Jahren mit Frau und Tochter nach Berlin begeben. Und eben
daſelbſt iſt er denn auch, der ſich von jeher bis an ſein Ende mit
nichts als Intriguen und Liſten zu ſeinem großen Schaden be-
ſchäftigt hatte, 63 Jahre alt an der Lungenentzündung geſtorben.
Er war auf dem ehemalig Schlabrendorfſchen Gute Blankenſee ge-
boren, klein von Statur und hageren Leibes, und hat in ſeiner
Jugend einige Zeit auf Schulen und Univerſitäten zugebracht.
Alles was er von daher profitiret, wandte er an, um Anderen
Uebles zu thun, aber freilich immer zu ſeinem eigenen Verderben.
Vor den Augen und inſonderheit vor Leuten, die ſeine Schliche
noch nicht kannten, erſchien er als ein Biedermann in Worten
und Mienen, und war kein chriſtlicherer und ehrlicherer und treu-
herzigerer Mann als er in der ganzen Welt zu finden. Er zeigte
ſich dann immer ohne Stolz des Adels, dienſtfertig gegen alle
Menſchen, frei, munter und offenherzig, und inſonderheit milde gegen
alle Bedürftigen. Aber dies Alles nur um zu blenden und Ver-
trauensſelige zu finden, deren Vertrauen ihm dann eine gute Ge-
legenheit bot, das Vermögen von Kirchen, von Wittwen und armen
Leuten an ſich zu reißen. Alle diejenigen jedoch, die ſich nicht
blenden und zu ſeinem Dienſte nicht wollten gebrauchen laſſen,
die wußt’ er mit allen Mitteln zu verfolgen und ihnen zu ſchaden

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[366/0382] Krankheit und die Todesurſach erfahren wollte, geöffnet und danach erſt hierher nach Groeben gebracht, allwo der Sarg unter dem Kirchenſtuhle, darin die Predigers Frau ihren Sitz hat, beigeſetzt wurde. Charles Guichard war am 27. September 1724 geboren und 18 Jahre lang in Königs Dienſten geweſen. Sein Alter hat er folglich gebracht auf fünfzig und ein halbes Jahr. Sein moraliſcher Charakter war gutthätig und freundlich gegen ſeine Nächſten, ohne Hochmuth und Geiz, übrigens aber von deiſtiſchem Glauben. 1778 am 14. April ſtarb zu Berlin Joachim Ernſt v. Schlabrendorf auf Siethen Lehns- und Gerichtsherr. Nachdem derſelbe ſein Gut über den doppelten Werth hinaus verſchuldet und ſelbiges endlich ſeinen Creditoribus zur Adminiſtration und Sequeſtration überlaſſen, auch ſeine Mobilien an die Meiſtbietenden öffentlich verkauft hatte, hatte ſich derſelbe vor etwa anderthalb Jahren mit Frau und Tochter nach Berlin begeben. Und eben daſelbſt iſt er denn auch, der ſich von jeher bis an ſein Ende mit nichts als Intriguen und Liſten zu ſeinem großen Schaden be- ſchäftigt hatte, 63 Jahre alt an der Lungenentzündung geſtorben. Er war auf dem ehemalig Schlabrendorfſchen Gute Blankenſee ge- boren, klein von Statur und hageren Leibes, und hat in ſeiner Jugend einige Zeit auf Schulen und Univerſitäten zugebracht. Alles was er von daher profitiret, wandte er an, um Anderen Uebles zu thun, aber freilich immer zu ſeinem eigenen Verderben. Vor den Augen und inſonderheit vor Leuten, die ſeine Schliche noch nicht kannten, erſchien er als ein Biedermann in Worten und Mienen, und war kein chriſtlicherer und ehrlicherer und treu- herzigerer Mann als er in der ganzen Welt zu finden. Er zeigte ſich dann immer ohne Stolz des Adels, dienſtfertig gegen alle Menſchen, frei, munter und offenherzig, und inſonderheit milde gegen alle Bedürftigen. Aber dies Alles nur um zu blenden und Ver- trauensſelige zu finden, deren Vertrauen ihm dann eine gute Ge- legenheit bot, das Vermögen von Kirchen, von Wittwen und armen Leuten an ſich zu reißen. Alle diejenigen jedoch, die ſich nicht blenden und zu ſeinem Dienſte nicht wollten gebrauchen laſſen, die wußt’ er mit allen Mitteln zu verfolgen und ihnen zu ſchaden

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/382>, abgerufen am 22.11.2024.