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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Notizen über Zahl und Gattung der unterzubringenden Truppen
erhalten und dem französischen General die vollständigste Auskunft
über die vorzunehmende Dislocation ertheilt hatte, forderte Vilatte
ihn auf, die Vorbereitungen zu dem nahe bevorstehenden Napoleons-
tage (15. August) zu treffen. Knesebeck that wie befohlen. Als
er andern Tages meldete, daß Alles angeordnet sei, lud ihn der
General ein in Liebenwalde zu bleiben und an der Feier theilzu-
nehmen. "General" erwiederte Knesebeck "Sie haben zu befehlen;
wenn ich bleiben muß, so werd ich bleiben; aber kein preußischer
Offizier wird sich aus freien Stücken dazu entschließen, bei solchem
Feste zugegen zu sein." Ein prüfender Blick traf den Sprecher.
Dann trat Vilatte an ihn heran und schüttelte ihm herzlich die
Hand.

Später, als das Generalcommando von Liebenwalde nach
Ruppin hin verlegt worden war, entspann sich ein immer freund-
licheres Verhältniß zwischen Knesebeck und dem französischen Ge-
neral. Vilatte war ein Ehrenmann, ein Soldat von ritterlichem
Sinn. Dasselbe galt von seinem Adjutanten, dem Hauptmann
Denoyer, einem Kreolen von Martinique, der im Hause Knese-
beck's eine Wohnung bezog und in liebenswürdiger Weise die Be-
ziehungen zwischen diesem und dem General zu fördern wußte.
Die Mußestunden, die der Dienst gönnte, wurden verplaudert;
man verweilte gern bei früheren Aktionen und fühlte sich doppelt
zu einander hingezogen, als sich bei diesen Gesprächen herausstellte,
daß man sich während der Rhein-Campagne gegenüber gestanden
und auf der Mainzer Schanze Kugeln mit einander gewechselt
hatte.

Mittlerweile wüthete der Krieg in Spanien fort, wo im Juli
1808 die Capitulation von Baylen eingetreten war. Knesebeck wußte
davon, nicht aber Vilatte, der vielmehr umgekehrt von neuen Siegen
und einem nahen Frieden träumte, mit Vorliebe von dem baldigen
Abmarsch der französischen Truppen sprach und daran eine Ein-
ladung an Knesebeck knüpfte, ihn auf seinem "chateau" in der Um-
gegend von Nancy zu besuchen.

Knesebeck erwiederte: "General, Sie werden uns bald ver-
lassen, aber nicht um in die Heimath zu ziehen. Der Frieden ist
ferner denn je."

Notizen über Zahl und Gattung der unterzubringenden Truppen
erhalten und dem franzöſiſchen General die vollſtändigſte Auskunft
über die vorzunehmende Dislocation ertheilt hatte, forderte Vilatte
ihn auf, die Vorbereitungen zu dem nahe bevorſtehenden Napoleons-
tage (15. Auguſt) zu treffen. Kneſebeck that wie befohlen. Als
er andern Tages meldete, daß Alles angeordnet ſei, lud ihn der
General ein in Liebenwalde zu bleiben und an der Feier theilzu-
nehmen. „General“ erwiederte Kneſebeck „Sie haben zu befehlen;
wenn ich bleiben muß, ſo werd ich bleiben; aber kein preußiſcher
Offizier wird ſich aus freien Stücken dazu entſchließen, bei ſolchem
Feſte zugegen zu ſein.“ Ein prüfender Blick traf den Sprecher.
Dann trat Vilatte an ihn heran und ſchüttelte ihm herzlich die
Hand.

Später, als das Generalcommando von Liebenwalde nach
Ruppin hin verlegt worden war, entſpann ſich ein immer freund-
licheres Verhältniß zwiſchen Kneſebeck und dem franzöſiſchen Ge-
neral. Vilatte war ein Ehrenmann, ein Soldat von ritterlichem
Sinn. Daſſelbe galt von ſeinem Adjutanten, dem Hauptmann
Denoyer, einem Kreolen von Martinique, der im Hauſe Kneſe-
beck’s eine Wohnung bezog und in liebenswürdiger Weiſe die Be-
ziehungen zwiſchen dieſem und dem General zu fördern wußte.
Die Mußeſtunden, die der Dienſt gönnte, wurden verplaudert;
man verweilte gern bei früheren Aktionen und fühlte ſich doppelt
zu einander hingezogen, als ſich bei dieſen Geſprächen herausſtellte,
daß man ſich während der Rhein-Campagne gegenüber geſtanden
und auf der Mainzer Schanze Kugeln mit einander gewechſelt
hatte.

Mittlerweile wüthete der Krieg in Spanien fort, wo im Juli
1808 die Capitulation von Baylen eingetreten war. Kneſebeck wußte
davon, nicht aber Vilatte, der vielmehr umgekehrt von neuen Siegen
und einem nahen Frieden träumte, mit Vorliebe von dem baldigen
Abmarſch der franzöſiſchen Truppen ſprach und daran eine Ein-
ladung an Kneſebeck knüpfte, ihn auf ſeinem „chateau“ in der Um-
gegend von Nancy zu beſuchen.

Kneſebeck erwiederte: „General, Sie werden uns bald ver-
laſſen, aber nicht um in die Heimath zu ziehen. Der Frieden iſt
ferner denn je.“

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[325/0341] Notizen über Zahl und Gattung der unterzubringenden Truppen erhalten und dem franzöſiſchen General die vollſtändigſte Auskunft über die vorzunehmende Dislocation ertheilt hatte, forderte Vilatte ihn auf, die Vorbereitungen zu dem nahe bevorſtehenden Napoleons- tage (15. Auguſt) zu treffen. Kneſebeck that wie befohlen. Als er andern Tages meldete, daß Alles angeordnet ſei, lud ihn der General ein in Liebenwalde zu bleiben und an der Feier theilzu- nehmen. „General“ erwiederte Kneſebeck „Sie haben zu befehlen; wenn ich bleiben muß, ſo werd ich bleiben; aber kein preußiſcher Offizier wird ſich aus freien Stücken dazu entſchließen, bei ſolchem Feſte zugegen zu ſein.“ Ein prüfender Blick traf den Sprecher. Dann trat Vilatte an ihn heran und ſchüttelte ihm herzlich die Hand. Später, als das Generalcommando von Liebenwalde nach Ruppin hin verlegt worden war, entſpann ſich ein immer freund- licheres Verhältniß zwiſchen Kneſebeck und dem franzöſiſchen Ge- neral. Vilatte war ein Ehrenmann, ein Soldat von ritterlichem Sinn. Daſſelbe galt von ſeinem Adjutanten, dem Hauptmann Denoyer, einem Kreolen von Martinique, der im Hauſe Kneſe- beck’s eine Wohnung bezog und in liebenswürdiger Weiſe die Be- ziehungen zwiſchen dieſem und dem General zu fördern wußte. Die Mußeſtunden, die der Dienſt gönnte, wurden verplaudert; man verweilte gern bei früheren Aktionen und fühlte ſich doppelt zu einander hingezogen, als ſich bei dieſen Geſprächen herausſtellte, daß man ſich während der Rhein-Campagne gegenüber geſtanden und auf der Mainzer Schanze Kugeln mit einander gewechſelt hatte. Mittlerweile wüthete der Krieg in Spanien fort, wo im Juli 1808 die Capitulation von Baylen eingetreten war. Kneſebeck wußte davon, nicht aber Vilatte, der vielmehr umgekehrt von neuen Siegen und einem nahen Frieden träumte, mit Vorliebe von dem baldigen Abmarſch der franzöſiſchen Truppen ſprach und daran eine Ein- ladung an Kneſebeck knüpfte, ihn auf ſeinem „chateau“ in der Um- gegend von Nancy zu beſuchen. Kneſebeck erwiederte: „General, Sie werden uns bald ver- laſſen, aber nicht um in die Heimath zu ziehen. Der Frieden iſt ferner denn je.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/341>, abgerufen am 27.11.2024.