nals. Alle Nachfolger des "tollen Geist" hatten einen Zug von ihm, der letzte Besitzer, ein Rittmeister Briesen, am meisten. Sein größter Verehrer aber und ebenso sein begeistertster Nach- ahmer in allen Dingen, die sich nachahmen ließen, war ein Herr von Beier, der Groß-Beeren von 1827 bis 1837 besaß. Als eines Abglanzes ehemaliger Geist'scher Herrlichkeit sei seiner am Schluß dieser Skizze gedacht. Es lag ihm daran, dem Herren- hause zu Groß-Beeren den Ruf von etwas Apartem zu erhalten, und kaum daß er von der Existenz eines in Zossen lebenden alten Mannes gehört hatte, der zur Zeit des "tollen Geist" eine Art Kammerdiener bei diesem gewesen, so ließ er sich's angelegen sein, denselben zu engagiren. Der alte Mann kam auch und wurd ausgefragt, wie sein Gehalt, seine Beschäftigung und vor Allem seine Kleidung gewesen sei. Kniehosen, Puderperrücke, Silberborten und Schuhschnallen, Alles wurde genau beschafft, wie's in alten Zeiten gewesen war, und wenn Besuch kam, präsentirte man den Diener des tollen Geist, als ob es dieser selbst gewesen wäre. Herr von Beier war verheirathet; seine Ehe zeigte sich jedoch nicht glücklich und wurde getrennt. Bald nach der Trennung verließ er Groß-Beeren, bestellte vorläufig einen Verwalter und ging nach Oesterreich. Hier trat er als Lieutenant bei Walmoden-Kürassieren ein. Das Regiment garnisonirte damals in Ungarn und Beier verliebte sich sofort in eine vornehme ungarische Dame. Da der Vater der- selben die Partie nicht wünschte, so sah sich der Liebhaber veranlaßt, die liebeskrank werdende Dame in der Rolle eines berühmten Arztes zu besuchen. Und ihr Leiden wurd auch wirklich ge- hoben, aber doch so, daß des Vaters "ja" schließlich nicht wohl aus- bleiben konnte. Nun nahm v. Beier seinen Abschied und führte die junge Frau im Triumph nach Groß-Beeren. Wenn bis dahin Alles im Stil des "tollen Geist" gewesen war, so wurde nun Alles ungarisch eingerichtet und nicht nur Pferde, Tabak und Wein, auch Diener, Koch und Kammermädchen kamen aus Ungarn. Die Dorfleute sagten, ihr Herr sei ein Türke geworden. Alles ging ungrisch und die Wirthschaft polnisch dazu. 1837 verkaufte er das Gut und ging in die Welt. Seitdem ist er verschollen.
In der Erinnerung der Dörfler hat er nur schwache Spuren zurückgelassen, aber das Bild des alten "Neck- und Feuerteufels",
nals. Alle Nachfolger des „tollen Geiſt“ hatten einen Zug von ihm, der letzte Beſitzer, ein Rittmeiſter Brieſen, am meiſten. Sein größter Verehrer aber und ebenſo ſein begeiſtertſter Nach- ahmer in allen Dingen, die ſich nachahmen ließen, war ein Herr von Beier, der Groß-Beeren von 1827 bis 1837 beſaß. Als eines Abglanzes ehemaliger Geiſt’ſcher Herrlichkeit ſei ſeiner am Schluß dieſer Skizze gedacht. Es lag ihm daran, dem Herren- hauſe zu Groß-Beeren den Ruf von etwas Apartem zu erhalten, und kaum daß er von der Exiſtenz eines in Zoſſen lebenden alten Mannes gehört hatte, der zur Zeit des „tollen Geiſt“ eine Art Kammerdiener bei dieſem geweſen, ſo ließ er ſich’s angelegen ſein, denſelben zu engagiren. Der alte Mann kam auch und wurd ausgefragt, wie ſein Gehalt, ſeine Beſchäftigung und vor Allem ſeine Kleidung geweſen ſei. Kniehoſen, Puderperrücke, Silberborten und Schuhſchnallen, Alles wurde genau beſchafft, wie’s in alten Zeiten geweſen war, und wenn Beſuch kam, präſentirte man den Diener des tollen Geiſt, als ob es dieſer ſelbſt geweſen wäre. Herr von Beier war verheirathet; ſeine Ehe zeigte ſich jedoch nicht glücklich und wurde getrennt. Bald nach der Trennung verließ er Groß-Beeren, beſtellte vorläufig einen Verwalter und ging nach Oeſterreich. Hier trat er als Lieutenant bei Walmoden-Küraſſieren ein. Das Regiment garniſonirte damals in Ungarn und Beier verliebte ſich ſofort in eine vornehme ungariſche Dame. Da der Vater der- ſelben die Partie nicht wünſchte, ſo ſah ſich der Liebhaber veranlaßt, die liebeskrank werdende Dame in der Rolle eines berühmten Arztes zu beſuchen. Und ihr Leiden wurd auch wirklich ge- hoben, aber doch ſo, daß des Vaters „ja“ ſchließlich nicht wohl aus- bleiben konnte. Nun nahm v. Beier ſeinen Abſchied und führte die junge Frau im Triumph nach Groß-Beeren. Wenn bis dahin Alles im Stil des „tollen Geiſt“ geweſen war, ſo wurde nun Alles ungariſch eingerichtet und nicht nur Pferde, Tabak und Wein, auch Diener, Koch und Kammermädchen kamen aus Ungarn. Die Dorfleute ſagten, ihr Herr ſei ein Türke geworden. Alles ging ungriſch und die Wirthſchaft polniſch dazu. 1837 verkaufte er das Gut und ging in die Welt. Seitdem iſt er verſchollen.
In der Erinnerung der Dörfler hat er nur ſchwache Spuren zurückgelaſſen, aber das Bild des alten „Neck- und Feuerteufels“,
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ahmer in allen Dingen, die ſich nachahmen ließen, war ein Herr
von Beier, der Groß-Beeren von 1827 bis 1837 beſaß. Als
eines Abglanzes ehemaliger Geiſt’ſcher Herrlichkeit ſei ſeiner am
Schluß dieſer Skizze gedacht. Es lag ihm daran, dem Herren-
hauſe zu Groß-Beeren den Ruf von etwas Apartem zu erhalten,
und kaum daß er von der Exiſtenz eines in Zoſſen lebenden alten
Mannes gehört hatte, der zur Zeit des „tollen Geiſt“ eine Art
Kammerdiener bei dieſem geweſen, ſo ließ er ſich’s angelegen
ſein, denſelben zu engagiren. Der alte Mann kam auch und wurd
ausgefragt, wie ſein Gehalt, ſeine Beſchäftigung und vor Allem
ſeine Kleidung geweſen ſei. Kniehoſen, Puderperrücke, Silberborten
und Schuhſchnallen, Alles wurde genau beſchafft, wie’s in alten Zeiten
geweſen war, und wenn Beſuch kam, präſentirte man den Diener
des tollen Geiſt, als ob es dieſer ſelbſt geweſen wäre. Herr von
Beier war verheirathet; ſeine Ehe zeigte ſich jedoch nicht glücklich und
wurde getrennt. Bald nach der Trennung verließ er Groß-Beeren,
beſtellte vorläufig einen Verwalter und ging nach Oeſterreich.
Hier trat er als Lieutenant bei Walmoden-Küraſſieren ein. Das
Regiment garniſonirte damals in Ungarn und Beier verliebte ſich
ſofort in eine vornehme ungariſche Dame. Da der Vater der-
ſelben die Partie nicht wünſchte, ſo ſah ſich der Liebhaber
veranlaßt, die liebeskrank werdende Dame in der Rolle eines
berühmten Arztes zu beſuchen. Und ihr Leiden wurd auch wirklich ge-
hoben, aber doch ſo, daß des Vaters „ja“ ſchließlich nicht wohl aus-
bleiben konnte. Nun nahm v. Beier ſeinen Abſchied und führte
die junge Frau im Triumph nach Groß-Beeren. Wenn bis dahin
Alles im Stil des „tollen Geiſt“ geweſen war, ſo wurde nun
Alles ungariſch eingerichtet und nicht nur Pferde, Tabak und
Wein, auch Diener, Koch und Kammermädchen kamen aus Ungarn.
Die Dorfleute ſagten, ihr Herr ſei ein Türke geworden. Alles
ging ungriſch und die Wirthſchaft polniſch dazu. 1837 verkaufte
er das Gut und ging in die Welt. Seitdem iſt er verſchollen.
In der Erinnerung der Dörfler hat er nur ſchwache Spuren
zurückgelaſſen, aber das Bild des alten „Neck- und Feuerteufels“,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/325>, abgerufen am 24.11.2024.
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