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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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und zwischen den Pfeilern hindurch in Lebensgröße herüberblickt.
Es ist nicht das Bild als solches, das uns fesselt, es ist der,
den es darstellt: neben der schmalen Sakristeithür, in schlichter
Umrahmung, hängt das Bildniß Paul Gerhardt's.

Paul Gerhardt war Probst zu Mittenwalde von
1651 bis 1657.

Vor etwa 50 Jahren wurde dieses Bildniß Paul Gerhardt's
nach einem in der Kirche zu Lübben befindlichen Original ange-
fertigt und der Mittenwalder Kirche, zur Erinnerung an die Zeit
seines Wirkens allhier, zum Geschenk gemacht. Es ist ein gutes
Bild; die Züge verrathen viel Milde, doch nichts Weichliches, und
die Unterschrift, ebenfalls dem Lübbener Original entnommen,
lautet wie folgt:

Paulus Gerhardus Theologus in Cribro Satanae tentatus
et devotus postea, obiit Lubbenae anno 1676, aetate
70.

Rechts daneben befinden sich folgende Distichen:

Sculpta quidem Pauli viva est ut imago Gerhardi,
Cujus in ore fides, spes, amor usque fuit,
Hie docuit nostris Assaph redivivus in oris
Et cecinit laudes Christe benigne tuas:
Spiritus aethereis veniet tibi sedibus hospes,
Haec ubi saepe canes carmina sacra Deo.

Also etwa:

Ganz wie er lebte sind hier Paul Gerhard's Züge zu schauen,
Draus nur Glaube allein, Hoffnung und Liebe gestrahlt;
Ja, er lehrte bei uns, ein wiedererstandener Assaph,
Und er erhob im Gesang, güt'ger Erlöser, Dein Lob.
Hoch von den himmlischen Höh'n steigt nieder der heilige Geist uns,
Singen die Lieder wir oft, die er gesungen dem Herrn.*)
*) Probst Straube (1841 +), ein Amtsnachfolger Paul Gerhardt's an
der Mittenwalder Kirche, hat die lateinischen Distichen in folgenden Alexan-
drinern wiederzugeben versucht:
Wie lebend siehst Du hier Paul Gerhardt's theures Bild,
Der ganz von Glaube, Lieb und Hoffnung war erfüllt.
In Tönen voller Kraft, gleich Assaphs Harfenklängen,

Erhob er Christi Lob in himmlischen Gesängen.
Sing' seine Lieder oft, o Christ, in seliger Lust,
So dringet Gottes Geist durch sie in Deine Brust.

und zwiſchen den Pfeilern hindurch in Lebensgröße herüberblickt.
Es iſt nicht das Bild als ſolches, das uns feſſelt, es iſt der,
den es darſtellt: neben der ſchmalen Sakriſteithür, in ſchlichter
Umrahmung, hängt das Bildniß Paul Gerhardt’s.

Paul Gerhardt war Probſt zu Mittenwalde von
1651 bis 1657.

Vor etwa 50 Jahren wurde dieſes Bildniß Paul Gerhardt’s
nach einem in der Kirche zu Lübben befindlichen Original ange-
fertigt und der Mittenwalder Kirche, zur Erinnerung an die Zeit
ſeines Wirkens allhier, zum Geſchenk gemacht. Es iſt ein gutes
Bild; die Züge verrathen viel Milde, doch nichts Weichliches, und
die Unterſchrift, ebenfalls dem Lübbener Original entnommen,
lautet wie folgt:

Paulus Gerhardus Theologus in Cribro Satanae tentatus
et devotus postea, obiit Lubbenae anno 1676, aetate
70.

Rechts daneben befinden ſich folgende Diſtichen:

Sculpta quidem Pauli viva est ut imago Gerhardi,
Cujus in ore fides, spes, amor usque fuit,
Hie docuit nostris Assaph redivivus in oris
Et cecinit laudes Christe benigne tuas:
Spiritus aethereis veniet tibi sedibus hospes,
Haec ubi saepe canes carmina sacra Deo.

Alſo etwa:

Ganz wie er lebte ſind hier Paul Gerhard’s Züge zu ſchauen,
Draus nur Glaube allein, Hoffnung und Liebe geſtrahlt;
Ja, er lehrte bei uns, ein wiedererſtandener Aſſaph,
Und er erhob im Geſang, güt’ger Erlöſer, Dein Lob.
Hoch von den himmliſchen Höh’n ſteigt nieder der heilige Geiſt uns,
Singen die Lieder wir oft, die er geſungen dem Herrn.*)
*) Probſt Straube (1841 †), ein Amtsnachfolger Paul Gerhardt’s an
der Mittenwalder Kirche, hat die lateiniſchen Diſtichen in folgenden Alexan-
drinern wiederzugeben verſucht:
Wie lebend ſiehſt Du hier Paul Gerhardt’s theures Bild,
Der ganz von Glaube, Lieb und Hoffnung war erfüllt.
In Tönen voller Kraft, gleich Aſſaphs Harfenklängen,

Erhob er Chriſti Lob in himmliſchen Geſängen.
Sing’ ſeine Lieder oft, o Chriſt, in ſeliger Luſt,
So dringet Gottes Geiſt durch ſie in Deine Bruſt.
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[274/0290] und zwiſchen den Pfeilern hindurch in Lebensgröße herüberblickt. Es iſt nicht das Bild als ſolches, das uns feſſelt, es iſt der, den es darſtellt: neben der ſchmalen Sakriſteithür, in ſchlichter Umrahmung, hängt das Bildniß Paul Gerhardt’s. Paul Gerhardt war Probſt zu Mittenwalde von 1651 bis 1657. Vor etwa 50 Jahren wurde dieſes Bildniß Paul Gerhardt’s nach einem in der Kirche zu Lübben befindlichen Original ange- fertigt und der Mittenwalder Kirche, zur Erinnerung an die Zeit ſeines Wirkens allhier, zum Geſchenk gemacht. Es iſt ein gutes Bild; die Züge verrathen viel Milde, doch nichts Weichliches, und die Unterſchrift, ebenfalls dem Lübbener Original entnommen, lautet wie folgt: Paulus Gerhardus Theologus in Cribro Satanae tentatus et devotus postea, obiit Lubbenae anno 1676, aetate 70. Rechts daneben befinden ſich folgende Diſtichen: Sculpta quidem Pauli viva est ut imago Gerhardi, Cujus in ore fides, spes, amor usque fuit, Hie docuit nostris Assaph redivivus in oris Et cecinit laudes Christe benigne tuas: Spiritus aethereis veniet tibi sedibus hospes, Haec ubi saepe canes carmina sacra Deo. Alſo etwa: Ganz wie er lebte ſind hier Paul Gerhard’s Züge zu ſchauen, Draus nur Glaube allein, Hoffnung und Liebe geſtrahlt; Ja, er lehrte bei uns, ein wiedererſtandener Aſſaph, Und er erhob im Geſang, güt’ger Erlöſer, Dein Lob. Hoch von den himmliſchen Höh’n ſteigt nieder der heilige Geiſt uns, Singen die Lieder wir oft, die er geſungen dem Herrn. *) *) Probſt Straube (1841 †), ein Amtsnachfolger Paul Gerhardt’s an der Mittenwalder Kirche, hat die lateiniſchen Diſtichen in folgenden Alexan- drinern wiederzugeben verſucht: Wie lebend ſiehſt Du hier Paul Gerhardt’s theures Bild, Der ganz von Glaube, Lieb und Hoffnung war erfüllt. In Tönen voller Kraft, gleich Aſſaphs Harfenklängen, Erhob er Chriſti Lob in himmliſchen Geſängen. Sing’ ſeine Lieder oft, o Chriſt, in ſeliger Luſt, So dringet Gottes Geiſt durch ſie in Deine Bruſt.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/290>, abgerufen am 17.05.2024.