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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Naivität tragen. Ihren Gemeinsinn bewiesen sie nicht nur durch
treue Arbeit, sondern auch als fröhliche Geber. In ihrer
Heimath, in der Gemeinde ihres Wohnorts oder Gutes, verwandten
sie beträchtliche Summen für gemeinnützige Zwecke. Der Feld-
marschall von Sparr baute Kirchen und Thürme, schenkte Glas-
malereien und Glocken, Derfflinger ließ eine stattliche Dorf-
kirche aufführen, der ältere Schwerin that ein gleiches. Joachim
Ernst v. Grumbkow gründete ein Kloster für zwölf Jungfrauen,
der jüngere Jena bestimmte 60,000 Thaler für ein Fräuleinstift
und ein Hospital. Aehnlich verfuhr auch unser Paul v. Fuchs.
Er ließ in Malchow ein Predigerwittwen-, sowie ein Armen- und
Waisenhaus herstellen."

Ob diese Stiftungen noch existiren, hab' ich an Ort und
Stelle nicht in Erfahrung gebracht.

Der Abend war mittlerweile hereingebrochen und mein freund-
licher Wirth begleitete mich eine gute Strecke, bis die Lichter von
Weißensee hell auf meinen Weg fielen. Dann schieden wir,
hoffentlich nicht für immer, und abermals anderthalb Stunden
später lagen die Schneefelder und die grünen Staketenzäune, la
maison rouge
und der maeitre d'ecole, das warme Pfarrhaus
und die kalte Kirche, die Grec-Borten und das gespenstische
Wappen derer v. Fuchs -- alles traumhaft hinter mir.

Ein entzückender Tag. Die Gruft hatte nichts herausgegeben,
aber das Leben hatte bunt und vielgestaltig zu mir gesprochen.

Und das bedeutet das Beste.



Fontane, Wanderungen. IV. 16

Naivität tragen. Ihren Gemeinſinn bewieſen ſie nicht nur durch
treue Arbeit, ſondern auch als fröhliche Geber. In ihrer
Heimath, in der Gemeinde ihres Wohnorts oder Gutes, verwandten
ſie beträchtliche Summen für gemeinnützige Zwecke. Der Feld-
marſchall von Sparr baute Kirchen und Thürme, ſchenkte Glas-
malereien und Glocken, Derfflinger ließ eine ſtattliche Dorf-
kirche aufführen, der ältere Schwerin that ein gleiches. Joachim
Ernſt v. Grumbkow gründete ein Kloſter für zwölf Jungfrauen,
der jüngere Jena beſtimmte 60,000 Thaler für ein Fräuleinſtift
und ein Hospital. Aehnlich verfuhr auch unſer Paul v. Fuchs.
Er ließ in Malchow ein Predigerwittwen-, ſowie ein Armen- und
Waiſenhaus herſtellen.“

Ob dieſe Stiftungen noch exiſtiren, hab’ ich an Ort und
Stelle nicht in Erfahrung gebracht.

Der Abend war mittlerweile hereingebrochen und mein freund-
licher Wirth begleitete mich eine gute Strecke, bis die Lichter von
Weißenſee hell auf meinen Weg fielen. Dann ſchieden wir,
hoffentlich nicht für immer, und abermals anderthalb Stunden
ſpäter lagen die Schneefelder und die grünen Staketenzäune, la
maison rouge
und der maître d’école, das warme Pfarrhaus
und die kalte Kirche, die Grec-Borten und das geſpenſtiſche
Wappen derer v. Fuchs — alles traumhaft hinter mir.

Ein entzückender Tag. Die Gruft hatte nichts herausgegeben,
aber das Leben hatte bunt und vielgeſtaltig zu mir geſprochen.

Und das bedeutet das Beſte.



Fontane, Wanderungen. IV. 16
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[241/0257] Naivität tragen. Ihren Gemeinſinn bewieſen ſie nicht nur durch treue Arbeit, ſondern auch als fröhliche Geber. In ihrer Heimath, in der Gemeinde ihres Wohnorts oder Gutes, verwandten ſie beträchtliche Summen für gemeinnützige Zwecke. Der Feld- marſchall von Sparr baute Kirchen und Thürme, ſchenkte Glas- malereien und Glocken, Derfflinger ließ eine ſtattliche Dorf- kirche aufführen, der ältere Schwerin that ein gleiches. Joachim Ernſt v. Grumbkow gründete ein Kloſter für zwölf Jungfrauen, der jüngere Jena beſtimmte 60,000 Thaler für ein Fräuleinſtift und ein Hospital. Aehnlich verfuhr auch unſer Paul v. Fuchs. Er ließ in Malchow ein Predigerwittwen-, ſowie ein Armen- und Waiſenhaus herſtellen.“ Ob dieſe Stiftungen noch exiſtiren, hab’ ich an Ort und Stelle nicht in Erfahrung gebracht. Der Abend war mittlerweile hereingebrochen und mein freund- licher Wirth begleitete mich eine gute Strecke, bis die Lichter von Weißenſee hell auf meinen Weg fielen. Dann ſchieden wir, hoffentlich nicht für immer, und abermals anderthalb Stunden ſpäter lagen die Schneefelder und die grünen Staketenzäune, la maison rouge und der maître d’école, das warme Pfarrhaus und die kalte Kirche, die Grec-Borten und das geſpenſtiſche Wappen derer v. Fuchs — alles traumhaft hinter mir. Ein entzückender Tag. Die Gruft hatte nichts herausgegeben, aber das Leben hatte bunt und vielgeſtaltig zu mir geſprochen. Und das bedeutet das Beſte. Fontane, Wanderungen. IV. 16

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/257>, abgerufen am 18.05.2024.