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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Boden und der Gefeierte ist er selbst. Ein Junitag ist's wie
heute, nur um so viel heiterer und schöner, als die Augen damals
heller in den Tag hineinsahen: denn neben ihm auf dem breiten
Sitze des Wagens auf dem er eben einfährt in die festgeschmückte,
mit Laubgewinden überspannte Dorfgasse, sitzt seine heißgeliebte
Braut, seit gestern sein Gemahl. Sie zählt nicht zu den leuch-
tenden Schönheiten, aber sie hat jenen blendenden Teint, der
der Schönheit nahe kommt. Ihre blühenden Wangen wurden
rosiger von der Fahrt und das rothblonde Scheitelhaar flattert
halb aufgelöst im Winde. Bauern zu Pferd und mit bebän-
dertem Hute folgen dem Zuge, Frauen im Sonntagsstaat stehn
in den Thüren oder am Heck und heben die Kinder in die Höh,
die Störche klappern auf allen Dächern, als hätten sie mit zu
reden bei solchem Einzug, und die Feldlerchen begleiten von
draußen her den Zug und erzählen sich hoch oben von dem Glück,
das sie drunten gesehn.

Und ein volles Glück war es, das sie sahn, nicht spärlich zu-
gemessen wie sonst wohl. Denn nicht über kurze Tage hin
dehnte sich die Zeit der Flitterwochen, und Blumberg, wie
es der tägliche Zeuge vollkommener Eintracht und innigsten
Zusammenlebens wurde, wurd' auch ein gefeierter Sitz edler
Gastfreundschaft, ein Mittelpunkt geistigen Lebens, dichterischen
Schaffens
, wie damals kein zweiter in Mark Brandenburg zu
finden war. Johann von Besser, Eusebius von Brand waren
oft und gern gesehene Gäste und von hier aus ergingen an den
vielbewährten Jugendfreund und Studiengenossen unsres Poeten,
an den Kirchenrath Zapfe in Zeitz, oft wiederholte Einladungen,
"das Harfenspiel aufs Neu von der Wand zu nehmen und das
Hoflager in Blumberg zu beziehen." Briefe wurden mit einer ge-
wissen Regelmäßigkeit gewechselt, und als die Schilderungen ehe-
lichen Glücks die Canitz regelmäßig mit einem "nun gehe hin und
thue desgleichen" zu schließen pflegte, endlich ihren Einfluß geübt
und den ehrbaren Magister und Kirchenrath auch an den Altar
geführt hatten, da ging von Blumberg ein Gratulationsbrief fol-
genden Inhalts nach Zeitz: "Deine Heirath und die Art derselben
gefällt mir sehr wohl; weil Du mir aber Dein Sach' ohne sonder-

Boden und der Gefeierte iſt er ſelbſt. Ein Junitag iſt’s wie
heute, nur um ſo viel heiterer und ſchöner, als die Augen damals
heller in den Tag hineinſahen: denn neben ihm auf dem breiten
Sitze des Wagens auf dem er eben einfährt in die feſtgeſchmückte,
mit Laubgewinden überſpannte Dorfgaſſe, ſitzt ſeine heißgeliebte
Braut, ſeit geſtern ſein Gemahl. Sie zählt nicht zu den leuch-
tenden Schönheiten, aber ſie hat jenen blendenden Teint, der
der Schönheit nahe kommt. Ihre blühenden Wangen wurden
roſiger von der Fahrt und das rothblonde Scheitelhaar flattert
halb aufgelöſt im Winde. Bauern zu Pferd und mit bebän-
dertem Hute folgen dem Zuge, Frauen im Sonntagsſtaat ſtehn
in den Thüren oder am Heck und heben die Kinder in die Höh,
die Störche klappern auf allen Dächern, als hätten ſie mit zu
reden bei ſolchem Einzug, und die Feldlerchen begleiten von
draußen her den Zug und erzählen ſich hoch oben von dem Glück,
das ſie drunten geſehn.

Und ein volles Glück war es, das ſie ſahn, nicht ſpärlich zu-
gemeſſen wie ſonſt wohl. Denn nicht über kurze Tage hin
dehnte ſich die Zeit der Flitterwochen, und Blumberg, wie
es der tägliche Zeuge vollkommener Eintracht und innigſten
Zuſammenlebens wurde, wurd’ auch ein gefeierter Sitz edler
Gaſtfreundſchaft, ein Mittelpunkt geiſtigen Lebens, dichteriſchen
Schaffens
, wie damals kein zweiter in Mark Brandenburg zu
finden war. Johann von Beſſer, Euſebius von Brand waren
oft und gern geſehene Gäſte und von hier aus ergingen an den
vielbewährten Jugendfreund und Studiengenoſſen unſres Poeten,
an den Kirchenrath Zapfe in Zeitz, oft wiederholte Einladungen,
„das Harfenſpiel aufs Neu von der Wand zu nehmen und das
Hoflager in Blumberg zu beziehen.“ Briefe wurden mit einer ge-
wiſſen Regelmäßigkeit gewechſelt, und als die Schilderungen ehe-
lichen Glücks die Canitz regelmäßig mit einem „nun gehe hin und
thue desgleichen“ zu ſchließen pflegte, endlich ihren Einfluß geübt
und den ehrbaren Magiſter und Kirchenrath auch an den Altar
geführt hatten, da ging von Blumberg ein Gratulationsbrief fol-
genden Inhalts nach Zeitz: „Deine Heirath und die Art derſelben
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[202/0218] Boden und der Gefeierte iſt er ſelbſt. Ein Junitag iſt’s wie heute, nur um ſo viel heiterer und ſchöner, als die Augen damals heller in den Tag hineinſahen: denn neben ihm auf dem breiten Sitze des Wagens auf dem er eben einfährt in die feſtgeſchmückte, mit Laubgewinden überſpannte Dorfgaſſe, ſitzt ſeine heißgeliebte Braut, ſeit geſtern ſein Gemahl. Sie zählt nicht zu den leuch- tenden Schönheiten, aber ſie hat jenen blendenden Teint, der der Schönheit nahe kommt. Ihre blühenden Wangen wurden roſiger von der Fahrt und das rothblonde Scheitelhaar flattert halb aufgelöſt im Winde. Bauern zu Pferd und mit bebän- dertem Hute folgen dem Zuge, Frauen im Sonntagsſtaat ſtehn in den Thüren oder am Heck und heben die Kinder in die Höh, die Störche klappern auf allen Dächern, als hätten ſie mit zu reden bei ſolchem Einzug, und die Feldlerchen begleiten von draußen her den Zug und erzählen ſich hoch oben von dem Glück, das ſie drunten geſehn. Und ein volles Glück war es, das ſie ſahn, nicht ſpärlich zu- gemeſſen wie ſonſt wohl. Denn nicht über kurze Tage hin dehnte ſich die Zeit der Flitterwochen, und Blumberg, wie es der tägliche Zeuge vollkommener Eintracht und innigſten Zuſammenlebens wurde, wurd’ auch ein gefeierter Sitz edler Gaſtfreundſchaft, ein Mittelpunkt geiſtigen Lebens, dichteriſchen Schaffens, wie damals kein zweiter in Mark Brandenburg zu finden war. Johann von Beſſer, Euſebius von Brand waren oft und gern geſehene Gäſte und von hier aus ergingen an den vielbewährten Jugendfreund und Studiengenoſſen unſres Poeten, an den Kirchenrath Zapfe in Zeitz, oft wiederholte Einladungen, „das Harfenſpiel aufs Neu von der Wand zu nehmen und das Hoflager in Blumberg zu beziehen.“ Briefe wurden mit einer ge- wiſſen Regelmäßigkeit gewechſelt, und als die Schilderungen ehe- lichen Glücks die Canitz regelmäßig mit einem „nun gehe hin und thue desgleichen“ zu ſchließen pflegte, endlich ihren Einfluß geübt und den ehrbaren Magiſter und Kirchenrath auch an den Altar geführt hatten, da ging von Blumberg ein Gratulationsbrief fol- genden Inhalts nach Zeitz: „Deine Heirath und die Art derſelben gefällt mir ſehr wohl; weil Du mir aber Dein Sach’ ohne ſonder-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/218>, abgerufen am 26.11.2024.