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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Wir hören danach von dem Joachimischen Jagdschloß erst
1631 wieder, als König Gustav Adolph sein Hauptquartier darin
nahm und an den schwankenden Kurfürsten George Wilhelm
die Aufforderung schickte, ihm die Festungen Cüstrin und Spandau
ohne Weiteres einzuräumen. Dieser Brief führte zu jener be-
kannten Zusammenkunft im Gehölz bei Cöpenick, die von dem
entschlossenen, keine Halbheit duldenden Gustav Adolph mit den
Worten abgebrochen wurde: "Ich rathe Eurer churfürstlichen
Durchlaucht Ihre Parthei zu ergreifen, denn ich muß Ihnen sagen,
die Meinige ist schon ergriffen."

Neun Jahre später machte der Regierungsantritt des "großen
Kurfürsten" dem Elend des Landes ein Ende, aber Schloß Cöpe-
nick sank an Ansehn und Bedeutung. Eine neue Zeit und ein
neuer Geschmack waren gekommen; die Zeit des französischen Ein-
flusses begann, und die alten Jagdschlösser mit gothischen Thürmen
und Giebeln, mit schmalen Treppen und niedrigen Zimmern,
konnten sich neben der Pracht und Stattlichkeit der Renaissance
nicht länger behaupten. 1658 ward ein alchymistisches Labora-
torium, eine Goldmache-Werkstatt in denselben Zimmern einge-
richtet, drin Kurfürst Joachim einst den selbsterlegten Hirsch
auf reichbesetzter Tafel gehabt hatte, und endlich 1677 fiel das
alte Jagdschloß gänzlich, um einem Neubau, dem dritten also,
Platz zu machen.


Diesem dritten, noch existirenden Schloß Cöpenick, einer
Schöpfung Rütger's von Langenfeld, der es um die ange-
gebene Zeit für den Kurprinzen Friedrich erbaute, gilt nunmehr
unser Besuch.

Wir benutzen den Omnibus, der zwischen Berlin und
Cöpenick fährt, haben ein sauberes, sorglich gepflegtes Gehölz zu
beiden Seiten und rollen an einem klaren Herbsttage die Chaussee
entlang, an Plätzen voll historischer Erinnerung vorüber. Zu-
nächst an jener Waldwiese, wo einige Heißsporne vom schwer be-
leidigten märkischen Adel den jugendlichen Joachim aufzuheben
gedachten, danach aber um jene Begegnungsstelle herum, wo Gustav
Adolph
und Kurfürst George Wilhelm nach kurzer Unter-

Wir hören danach von dem Joachimiſchen Jagdſchloß erſt
1631 wieder, als König Guſtav Adolph ſein Hauptquartier darin
nahm und an den ſchwankenden Kurfürſten George Wilhelm
die Aufforderung ſchickte, ihm die Feſtungen Cüſtrin und Spandau
ohne Weiteres einzuräumen. Dieſer Brief führte zu jener be-
kannten Zuſammenkunft im Gehölz bei Cöpenick, die von dem
entſchloſſenen, keine Halbheit duldenden Guſtav Adolph mit den
Worten abgebrochen wurde: „Ich rathe Eurer churfürſtlichen
Durchlaucht Ihre Parthei zu ergreifen, denn ich muß Ihnen ſagen,
die Meinige iſt ſchon ergriffen.“

Neun Jahre ſpäter machte der Regierungsantritt des „großen
Kurfürſten“ dem Elend des Landes ein Ende, aber Schloß Cöpe-
nick ſank an Anſehn und Bedeutung. Eine neue Zeit und ein
neuer Geſchmack waren gekommen; die Zeit des franzöſiſchen Ein-
fluſſes begann, und die alten Jagdſchlöſſer mit gothiſchen Thürmen
und Giebeln, mit ſchmalen Treppen und niedrigen Zimmern,
konnten ſich neben der Pracht und Stattlichkeit der Renaiſſance
nicht länger behaupten. 1658 ward ein alchymiſtiſches Labora-
torium, eine Goldmache-Werkſtatt in denſelben Zimmern einge-
richtet, drin Kurfürſt Joachim einſt den ſelbſterlegten Hirſch
auf reichbeſetzter Tafel gehabt hatte, und endlich 1677 fiel das
alte Jagdſchloß gänzlich, um einem Neubau, dem dritten alſo,
Platz zu machen.


Dieſem dritten, noch exiſtirenden Schloß Cöpenick, einer
Schöpfung Rütger’s von Langenfeld, der es um die ange-
gebene Zeit für den Kurprinzen Friedrich erbaute, gilt nunmehr
unſer Beſuch.

Wir benutzen den Omnibus, der zwiſchen Berlin und
Cöpenick fährt, haben ein ſauberes, ſorglich gepflegtes Gehölz zu
beiden Seiten und rollen an einem klaren Herbſttage die Chauſſee
entlang, an Plätzen voll hiſtoriſcher Erinnerung vorüber. Zu-
nächſt an jener Waldwieſe, wo einige Heißſporne vom ſchwer be-
leidigten märkiſchen Adel den jugendlichen Joachim aufzuheben
gedachten, danach aber um jene Begegnungsſtelle herum, wo Guſtav
Adolph
und Kurfürſt George Wilhelm nach kurzer Unter-

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[92/0108] Wir hören danach von dem Joachimiſchen Jagdſchloß erſt 1631 wieder, als König Guſtav Adolph ſein Hauptquartier darin nahm und an den ſchwankenden Kurfürſten George Wilhelm die Aufforderung ſchickte, ihm die Feſtungen Cüſtrin und Spandau ohne Weiteres einzuräumen. Dieſer Brief führte zu jener be- kannten Zuſammenkunft im Gehölz bei Cöpenick, die von dem entſchloſſenen, keine Halbheit duldenden Guſtav Adolph mit den Worten abgebrochen wurde: „Ich rathe Eurer churfürſtlichen Durchlaucht Ihre Parthei zu ergreifen, denn ich muß Ihnen ſagen, die Meinige iſt ſchon ergriffen.“ Neun Jahre ſpäter machte der Regierungsantritt des „großen Kurfürſten“ dem Elend des Landes ein Ende, aber Schloß Cöpe- nick ſank an Anſehn und Bedeutung. Eine neue Zeit und ein neuer Geſchmack waren gekommen; die Zeit des franzöſiſchen Ein- fluſſes begann, und die alten Jagdſchlöſſer mit gothiſchen Thürmen und Giebeln, mit ſchmalen Treppen und niedrigen Zimmern, konnten ſich neben der Pracht und Stattlichkeit der Renaiſſance nicht länger behaupten. 1658 ward ein alchymiſtiſches Labora- torium, eine Goldmache-Werkſtatt in denſelben Zimmern einge- richtet, drin Kurfürſt Joachim einſt den ſelbſterlegten Hirſch auf reichbeſetzter Tafel gehabt hatte, und endlich 1677 fiel das alte Jagdſchloß gänzlich, um einem Neubau, dem dritten alſo, Platz zu machen. Dieſem dritten, noch exiſtirenden Schloß Cöpenick, einer Schöpfung Rütger’s von Langenfeld, der es um die ange- gebene Zeit für den Kurprinzen Friedrich erbaute, gilt nunmehr unſer Beſuch. Wir benutzen den Omnibus, der zwiſchen Berlin und Cöpenick fährt, haben ein ſauberes, ſorglich gepflegtes Gehölz zu beiden Seiten und rollen an einem klaren Herbſttage die Chauſſee entlang, an Plätzen voll hiſtoriſcher Erinnerung vorüber. Zu- nächſt an jener Waldwieſe, wo einige Heißſporne vom ſchwer be- leidigten märkiſchen Adel den jugendlichen Joachim aufzuheben gedachten, danach aber um jene Begegnungsſtelle herum, wo Guſtav Adolph und Kurfürſt George Wilhelm nach kurzer Unter-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/108>, abgerufen am 24.11.2024.