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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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sich mit allen Farben hindurch. Endlich zwischen Haus und Ufer
breitet sich ein Grasplatz aus, an den sich ein Brückchen oder ein
Holzsteg schließt und um ihn herum gruppiren sich die Kähne,
kleiner und größer, immer aber dienstbereit, sei es um bei Tag
einen Heuschober in den Stall zu schaffen oder am Abend einem
Liebespaare bei seinem Stelldichein behilflich zu sein.


3.
"Die Leber ist von einem Hecht."

Die letzten Häuser von Lehde liegen hinter uns, und wieder
dehnen sich Wiesen zu beiden Seiten aus, nur hier und da durch
Erlengruppen oder ein paar einzelnstehende Eichen unterbrochen.
In südöstlicher Richtung geht es stroman, eine Biegung noch und
jetzt eine zweite, bis sich unser Flach-Kahn durch allerlei Tang
und Kraut in einen schmalen und gradlinigen Kanal einschiebt,
der die Verbindungsstraße zwischen den zwei Hauptarmen der
Spree bildet.

Dieser Kanal, eine halbe Meile lang, zählt mit zu den be-
sonderen Schönheiten des Spreewaldes. Im Allgemeinen wird
sich sagen lassen, daß eine mit dem Lineal gezogene Linie land-
schaftlich ohne Reiz sei, jede Regel aber hat ihre Ausnahme (ge-
wißlich hat sie sie hier) und ein Vergleich mag diese Wasserstraße
beschreiben. Jeder kennt die langgestreckten Laubgänge, die sich
unter dem Namen der "Poetensteige" in allen altfranzösischen Park-
anlagen vorfinden. Ein solcher Poetensteig ist nun der Kanal, der
eben jetzt in seiner ganzen Länge vor uns liegt und ein niedriges
und dicht gewölbtes Laubdach über uns, so gleiten wir im Boot
die Straße hinauf, die nach Art einer Tute sich zuspitzend an
ihrem äußersten Ausgang ein phantastisch-verkleinertes und nur
noch halb erkennbares Pflanzengewirre zeigt. Alles in einem
wunderbaren Licht.

Endlich erreichen wir diesen Ausgang und fahren in aber-
maliger scharfer Biegung in einen breiten, aber überall mit
Schlangenkraut überwachsenen Flußarm ein, der uns in weniger

ſich mit allen Farben hindurch. Endlich zwiſchen Haus und Ufer
breitet ſich ein Grasplatz aus, an den ſich ein Brückchen oder ein
Holzſteg ſchließt und um ihn herum gruppiren ſich die Kähne,
kleiner und größer, immer aber dienſtbereit, ſei es um bei Tag
einen Heuſchober in den Stall zu ſchaffen oder am Abend einem
Liebespaare bei ſeinem Stelldichein behilflich zu ſein.


3.
Die Leber iſt von einem Hecht.“

Die letzten Häuſer von Lehde liegen hinter uns, und wieder
dehnen ſich Wieſen zu beiden Seiten aus, nur hier und da durch
Erlengruppen oder ein paar einzelnſtehende Eichen unterbrochen.
In ſüdöſtlicher Richtung geht es ſtroman, eine Biegung noch und
jetzt eine zweite, bis ſich unſer Flach-Kahn durch allerlei Tang
und Kraut in einen ſchmalen und gradlinigen Kanal einſchiebt,
der die Verbindungsſtraße zwiſchen den zwei Hauptarmen der
Spree bildet.

Dieſer Kanal, eine halbe Meile lang, zählt mit zu den be-
ſonderen Schönheiten des Spreewaldes. Im Allgemeinen wird
ſich ſagen laſſen, daß eine mit dem Lineal gezogene Linie land-
ſchaftlich ohne Reiz ſei, jede Regel aber hat ihre Ausnahme (ge-
wißlich hat ſie ſie hier) und ein Vergleich mag dieſe Waſſerſtraße
beſchreiben. Jeder kennt die langgeſtreckten Laubgänge, die ſich
unter dem Namen der „Poetenſteige“ in allen altfranzöſiſchen Park-
anlagen vorfinden. Ein ſolcher Poetenſteig iſt nun der Kanal, der
eben jetzt in ſeiner ganzen Länge vor uns liegt und ein niedriges
und dicht gewölbtes Laubdach über uns, ſo gleiten wir im Boot
die Straße hinauf, die nach Art einer Tute ſich zuſpitzend an
ihrem äußerſten Ausgang ein phantaſtiſch-verkleinertes und nur
noch halb erkennbares Pflanzengewirre zeigt. Alles in einem
wunderbaren Licht.

Endlich erreichen wir dieſen Ausgang und fahren in aber-
maliger ſcharfer Biegung in einen breiten, aber überall mit
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[9/0025] ſich mit allen Farben hindurch. Endlich zwiſchen Haus und Ufer breitet ſich ein Grasplatz aus, an den ſich ein Brückchen oder ein Holzſteg ſchließt und um ihn herum gruppiren ſich die Kähne, kleiner und größer, immer aber dienſtbereit, ſei es um bei Tag einen Heuſchober in den Stall zu ſchaffen oder am Abend einem Liebespaare bei ſeinem Stelldichein behilflich zu ſein. 3. „Die Leber iſt von einem Hecht.“ Die letzten Häuſer von Lehde liegen hinter uns, und wieder dehnen ſich Wieſen zu beiden Seiten aus, nur hier und da durch Erlengruppen oder ein paar einzelnſtehende Eichen unterbrochen. In ſüdöſtlicher Richtung geht es ſtroman, eine Biegung noch und jetzt eine zweite, bis ſich unſer Flach-Kahn durch allerlei Tang und Kraut in einen ſchmalen und gradlinigen Kanal einſchiebt, der die Verbindungsſtraße zwiſchen den zwei Hauptarmen der Spree bildet. Dieſer Kanal, eine halbe Meile lang, zählt mit zu den be- ſonderen Schönheiten des Spreewaldes. Im Allgemeinen wird ſich ſagen laſſen, daß eine mit dem Lineal gezogene Linie land- ſchaftlich ohne Reiz ſei, jede Regel aber hat ihre Ausnahme (ge- wißlich hat ſie ſie hier) und ein Vergleich mag dieſe Waſſerſtraße beſchreiben. Jeder kennt die langgeſtreckten Laubgänge, die ſich unter dem Namen der „Poetenſteige“ in allen altfranzöſiſchen Park- anlagen vorfinden. Ein ſolcher Poetenſteig iſt nun der Kanal, der eben jetzt in ſeiner ganzen Länge vor uns liegt und ein niedriges und dicht gewölbtes Laubdach über uns, ſo gleiten wir im Boot die Straße hinauf, die nach Art einer Tute ſich zuſpitzend an ihrem äußerſten Ausgang ein phantaſtiſch-verkleinertes und nur noch halb erkennbares Pflanzengewirre zeigt. Alles in einem wunderbaren Licht. Endlich erreichen wir dieſen Ausgang und fahren in aber- maliger ſcharfer Biegung in einen breiten, aber überall mit Schlangenkraut überwachſenen Flußarm ein, der uns in weniger

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/25>, abgerufen am 28.11.2024.