Mit diesem IV. Bande nehm' ich -- wenigstens in meiner Wanderer-Eigenschaft -- Abschied vom Leser, nicht weil der Stoff erschöpft wäre, wohl aber vielleicht die Geduld. Und ein Band zuviel ist wie ein Tag zuviel, der den guten Besuchs-Eindruck wieder in Frage stellt.
Ueber zwanzig Jahre sind vergangen, seit ich im Sommer 59 mit diesen Wanderungen begann. Was den Anstoß dazu gab, darüber hab' ich mich in dem Vorworte zu Band I. ausführlicher ausgesprochen, und wiederhole hier nur in aller Kürze, daß es auf einer Tour in Schottland, angesichts eines im Leven-See sich er- hebenden alten Douglas-Schlosses war, wo mir zuerst der Gedanke kam "je nun, so viel hat Mark Brandenburg auch. Geh' hin und zeig' es."
Auf einer "Tour" sagt ich, war mir dieser erste Gedanke zu den Wanderungen gekommen und ausschließlich als "Tourist" gedacht' ich daheim ihn auszuführen. Jede wissenschaftliche Prä- tension lag mir fern. Es drängte mich nur, das eingewurzelte Vorurtheil von einer hierlandes auf alle Dinge sich erstreckenden Armuth und Elendigkeit zu bekämpfen und durch Hinweis auf diesen oder jenen Schönheits- beziehungsweise Berühmtheitspunkt unsrem so gern in die Ferne schweifenden Märker zu Gemüth zu führen: "Sieh, das Gute liegt so nah."
Und so fuhr ich denn in meine specielle Heimath, ins
Fontane, Wanderungen. IV. 29
Schlußwort.
Mit dieſem IV. Bande nehm’ ich — wenigſtens in meiner Wanderer-Eigenſchaft — Abſchied vom Leſer, nicht weil der Stoff erſchöpft wäre, wohl aber vielleicht die Geduld. Und ein Band zuviel iſt wie ein Tag zuviel, der den guten Beſuchs-Eindruck wieder in Frage ſtellt.
Ueber zwanzig Jahre ſind vergangen, ſeit ich im Sommer 59 mit dieſen Wanderungen begann. Was den Anſtoß dazu gab, darüber hab’ ich mich in dem Vorworte zu Band I. ausführlicher ausgeſprochen, und wiederhole hier nur in aller Kürze, daß es auf einer Tour in Schottland, angeſichts eines im Leven-See ſich er- hebenden alten Douglas-Schloſſes war, wo mir zuerſt der Gedanke kam „je nun, ſo viel hat Mark Brandenburg auch. Geh’ hin und zeig’ es.“
Auf einer „Tour“ ſagt ich, war mir dieſer erſte Gedanke zu den Wanderungen gekommen und ausſchließlich als „Touriſt“ gedacht’ ich daheim ihn auszuführen. Jede wiſſenſchaftliche Prä- tenſion lag mir fern. Es drängte mich nur, das eingewurzelte Vorurtheil von einer hierlandes auf alle Dinge ſich erſtreckenden Armuth und Elendigkeit zu bekämpfen und durch Hinweis auf dieſen oder jenen Schönheits- beziehungsweiſe Berühmtheitspunkt unſrem ſo gern in die Ferne ſchweifenden Märker zu Gemüth zu führen: „Sieh, das Gute liegt ſo nah.“
Und ſo fuhr ich denn in meine ſpecielle Heimath, ins
Fontane, Wanderungen. IV. 29
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Schlußwort.
Mit dieſem IV. Bande nehm’ ich — wenigſtens in meiner
Wanderer-Eigenſchaft — Abſchied vom Leſer, nicht weil der Stoff
erſchöpft wäre, wohl aber vielleicht die Geduld. Und ein Band
zuviel iſt wie ein Tag zuviel, der den guten Beſuchs-Eindruck
wieder in Frage ſtellt.
Ueber zwanzig Jahre ſind vergangen, ſeit ich im Sommer
59 mit dieſen Wanderungen begann. Was den Anſtoß dazu gab,
darüber hab’ ich mich in dem Vorworte zu Band I. ausführlicher
ausgeſprochen, und wiederhole hier nur in aller Kürze, daß es auf
einer Tour in Schottland, angeſichts eines im Leven-See ſich er-
hebenden alten Douglas-Schloſſes war, wo mir zuerſt der Gedanke
kam „je nun, ſo viel hat Mark Brandenburg auch. Geh’ hin
und zeig’ es.“
Auf einer „Tour“ ſagt ich, war mir dieſer erſte Gedanke
zu den Wanderungen gekommen und ausſchließlich als „Touriſt“
gedacht’ ich daheim ihn auszuführen. Jede wiſſenſchaftliche Prä-
tenſion lag mir fern. Es drängte mich nur, das eingewurzelte
Vorurtheil von einer hierlandes auf alle Dinge ſich erſtreckenden
Armuth und Elendigkeit zu bekämpfen und durch Hinweis auf
dieſen oder jenen Schönheits- beziehungsweiſe Berühmtheitspunkt
unſrem ſo gern in die Ferne ſchweifenden Märker zu Gemüth zu
führen: „Sieh, das Gute liegt ſo nah.“
Und ſo fuhr ich denn in meine ſpecielle Heimath, ins
Fontane, Wanderungen. IV. 29
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. [449]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/465>, abgerufen am 27.11.2024.
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