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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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ziger Jahren auf Veranlassung der Gräfin Schlabrendorf geb.
v. Ryssel durch den damaligen Baumeister, jetzigen Geheimen
Baurath Adler begonnen und 1860, zwei Jahre nach dem Tode
der Gräfin, beendigt wurde. Baumeister Adler, bekanntlich auch
Archäolog, hatte sich seiner Aufgabe pietätvoll unterzogen und nicht
nur das alte Feldsteinmauerwerk aus dem 13. Jahrhundert beibe-
halten, sondern auch alles Neu-herzustellende, wie Kanzel*), Altar,
Taufe, dem frühgothischen Stile jener Epoche nachzubilden gewußt.
In eben diesem Stile wurde zuletzt auch eine jetzt rechts neben
dem Altar hängende, vom Generallieutenant Grafen zu Dohna her-
rührende Tafel gestiftet, auf der wir folgender Inschrift in
Goldbuchstaben auf dunklem Grunde begegnen: "Frau Gräfin
Emilie v. Schlabrendorf, geb. v. Ryssel, stiftete durch Testaments-
Legat den Neubau der Kirche. Frau Johanna v. Scharnhorst,
geb. Gräfin v. Schlabrendorf ließ den Bau der Kirche ausführen
und 1860 vollenden."

Von so bemerkenswerther Schönheit alle diese Details sind,
so werden sie doch an Interesse von dem übertroffen, was Sei-
tens des Baumeisters aus der alten Kirche mit in die neue hin-
über genommen wurde: Grabsteine, Glasfenster, Schildereien.

An Grabsteinen war, als es an ein Abtragen und Nieder-
reißen ging, eine Fülle vorhanden, die nur noch durch die Fülle
von Särgen übertroffen wurde, die, dicht nebeneinander, in einer
unterm Altar in Kreuzesform angelegten Gewölbe-Reihe standen.

*) An dieser in Portlandcement ausgeführten Kanzel befinden sich die
Statuetten von Luther, Melanchthon und Calvin, was, unmittelbar vor
Einweihung der Kirche, eine Controverse herbeiführte. Da Groeben, von den
Tagen der Reformation an, immer lutherisch gewesen war, so protestirte der
Geistliche, trotz seiner intimen Stellung zur Patronin, auf's Entschiedenste
gegen die Zulassung Calvins. Aber Frau v. Scharnhorst bestand darauf und
drang mit ihrem Willen durch. Es scheint mir indessen unzweifelhaft, daß
der Geistliche (Pastor Henschke, Freund und Erzieher Fräulein Johanna's)
im Rechte war. Es würde doch beispielsweise sehr auffallen und dem ent-
schiedensten Widerspruch aller reformirten Geistlichen begegnen, wenn seitens
einer zufälligen Majorität unserer "Colonie" plötzlich der Beschluß gefaßt
werden sollte, die Statue Luthers an den Kanzeln unserer französisch-refor-
mirten Kirchen anzubringen.

ziger Jahren auf Veranlaſſung der Gräfin Schlabrendorf geb.
v. Ryſſel durch den damaligen Baumeiſter, jetzigen Geheimen
Baurath Adler begonnen und 1860, zwei Jahre nach dem Tode
der Gräfin, beendigt wurde. Baumeiſter Adler, bekanntlich auch
Archäolog, hatte ſich ſeiner Aufgabe pietätvoll unterzogen und nicht
nur das alte Feldſteinmauerwerk aus dem 13. Jahrhundert beibe-
halten, ſondern auch alles Neu-herzuſtellende, wie Kanzel*), Altar,
Taufe, dem frühgothiſchen Stile jener Epoche nachzubilden gewußt.
In eben dieſem Stile wurde zuletzt auch eine jetzt rechts neben
dem Altar hängende, vom Generallieutenant Grafen zu Dohna her-
rührende Tafel geſtiftet, auf der wir folgender Inſchrift in
Goldbuchſtaben auf dunklem Grunde begegnen: „Frau Gräfin
Emilie v. Schlabrendorf, geb. v. Ryſſel, ſtiftete durch Teſtaments-
Legat den Neubau der Kirche. Frau Johanna v. Scharnhorſt,
geb. Gräfin v. Schlabrendorf ließ den Bau der Kirche ausführen
und 1860 vollenden.“

Von ſo bemerkenswerther Schönheit alle dieſe Details ſind,
ſo werden ſie doch an Intereſſe von dem übertroffen, was Sei-
tens des Baumeiſters aus der alten Kirche mit in die neue hin-
über genommen wurde: Grabſteine, Glasfenſter, Schildereien.

An Grabſteinen war, als es an ein Abtragen und Nieder-
reißen ging, eine Fülle vorhanden, die nur noch durch die Fülle
von Särgen übertroffen wurde, die, dicht nebeneinander, in einer
unterm Altar in Kreuzesform angelegten Gewölbe-Reihe ſtanden.

*) An dieſer in Portlandcement ausgeführten Kanzel befinden ſich die
Statuetten von Luther, Melanchthon und Calvin, was, unmittelbar vor
Einweihung der Kirche, eine Controverſe herbeiführte. Da Groeben, von den
Tagen der Reformation an, immer lutheriſch geweſen war, ſo proteſtirte der
Geiſtliche, trotz ſeiner intimen Stellung zur Patronin, auf’s Entſchiedenſte
gegen die Zulaſſung Calvins. Aber Frau v. Scharnhorſt beſtand darauf und
drang mit ihrem Willen durch. Es ſcheint mir indeſſen unzweifelhaft, daß
der Geiſtliche (Paſtor Henſchke, Freund und Erzieher Fräulein Johanna’s)
im Rechte war. Es würde doch beiſpielsweiſe ſehr auffallen und dem ent-
ſchiedenſten Widerſpruch aller reformirten Geiſtlichen begegnen, wenn ſeitens
einer zufälligen Majorität unſerer „Colonie“ plötzlich der Beſchluß gefaßt
werden ſollte, die Statue Luthers an den Kanzeln unſerer franzöſiſch-refor-
mirten Kirchen anzubringen.
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[398/0414] ziger Jahren auf Veranlaſſung der Gräfin Schlabrendorf geb. v. Ryſſel durch den damaligen Baumeiſter, jetzigen Geheimen Baurath Adler begonnen und 1860, zwei Jahre nach dem Tode der Gräfin, beendigt wurde. Baumeiſter Adler, bekanntlich auch Archäolog, hatte ſich ſeiner Aufgabe pietätvoll unterzogen und nicht nur das alte Feldſteinmauerwerk aus dem 13. Jahrhundert beibe- halten, ſondern auch alles Neu-herzuſtellende, wie Kanzel *), Altar, Taufe, dem frühgothiſchen Stile jener Epoche nachzubilden gewußt. In eben dieſem Stile wurde zuletzt auch eine jetzt rechts neben dem Altar hängende, vom Generallieutenant Grafen zu Dohna her- rührende Tafel geſtiftet, auf der wir folgender Inſchrift in Goldbuchſtaben auf dunklem Grunde begegnen: „Frau Gräfin Emilie v. Schlabrendorf, geb. v. Ryſſel, ſtiftete durch Teſtaments- Legat den Neubau der Kirche. Frau Johanna v. Scharnhorſt, geb. Gräfin v. Schlabrendorf ließ den Bau der Kirche ausführen und 1860 vollenden.“ Von ſo bemerkenswerther Schönheit alle dieſe Details ſind, ſo werden ſie doch an Intereſſe von dem übertroffen, was Sei- tens des Baumeiſters aus der alten Kirche mit in die neue hin- über genommen wurde: Grabſteine, Glasfenſter, Schildereien. An Grabſteinen war, als es an ein Abtragen und Nieder- reißen ging, eine Fülle vorhanden, die nur noch durch die Fülle von Särgen übertroffen wurde, die, dicht nebeneinander, in einer unterm Altar in Kreuzesform angelegten Gewölbe-Reihe ſtanden. *) An dieſer in Portlandcement ausgeführten Kanzel befinden ſich die Statuetten von Luther, Melanchthon und Calvin, was, unmittelbar vor Einweihung der Kirche, eine Controverſe herbeiführte. Da Groeben, von den Tagen der Reformation an, immer lutheriſch geweſen war, ſo proteſtirte der Geiſtliche, trotz ſeiner intimen Stellung zur Patronin, auf’s Entſchiedenſte gegen die Zulaſſung Calvins. Aber Frau v. Scharnhorſt beſtand darauf und drang mit ihrem Willen durch. Es ſcheint mir indeſſen unzweifelhaft, daß der Geiſtliche (Paſtor Henſchke, Freund und Erzieher Fräulein Johanna’s) im Rechte war. Es würde doch beiſpielsweiſe ſehr auffallen und dem ent- ſchiedenſten Widerſpruch aller reformirten Geiſtlichen begegnen, wenn ſeitens einer zufälligen Majorität unſerer „Colonie“ plötzlich der Beſchluß gefaßt werden ſollte, die Statue Luthers an den Kanzeln unſerer franzöſiſch-refor- mirten Kirchen anzubringen.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/414>, abgerufen am 27.11.2024.