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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Ignorirung der grünen Trommel. Rund heraus, ich kenne
dies und das. Aber das ist nicht Wissenschaft.

Ich höre, daß der Brieselang eine eigene Flora haben soll,
daß hier Dinge vorkommen, die sonst in der ganzen Mark nicht
mehr zu finden sind. Hat das seine Richtigkeit?

Gewiß. Der Brieselang hat seine eigenen Pflanzen und
seine eigenen Insekten, er ist unser gelobtes Land und selbst die
Rudower Wiese, in "all dem Ruhm ihrer Orchideen", muß sich
gegen den Brieselang verstecken.

Was kommt denn wohl so vor? Ich meine zunächst von
Pflanzen.

Da haben wir zunächst das Wanzen-Knabenkraut; da haben
wir ferner Neottia Nidus avis, das Vogelnest. Noch seltener
ist Coptolanthera rubra, der rothe Rundbeutel; die Krone von
allem aber ist vielleicht Dicranum montanum, der gebirgliebende
Gabelzahn. Wie der speciell in den Brieselang kommt, wo die
Maulwurfshügel für Alles, was Berglinie heißt, aufkommen
müssen, ist mir unerfindlich.

Und nun die Käfer.

Nun wissen Sie, da giebt's kein Ende. Aber ich will es
gnädig machen. Da ist der Widderkäfer, der Bastkäfer, der
Feuerkäfer; dies sind die leichten Truppen; dann kommt die
Garde: der Schwarzkäfer, der Panzerkäfer; aber das eigentlich
schwere Geschütz, das den Ausschlag giebt, das ist doch Pro-
crustes coriaceus
und Saperda Seydlii. Besonders Saperda.
Sie lächeln; aber glauben Sie mir, wie unser einem zu Muthe
wird, wenn man blos das Wort Saperda aussprechen hört,
davon können Sie sich keine Vorstellung machen. Ich hatte
einen legitimistisch-historischen Freund, dessen Gesicht sich immer
verklärte, wenn er "Montmorency" sagte; sehen Sie, so geht es
mir mit Saperda. Und sagen Sie selbst, klingt es nicht schön,
apart, dies Doppel a und das r in der Mitte! O, wir haben
auch ein Herz.

Ist denn nun Saperda im ganzen Brieselang verbreitet?

Ignorirung der grünen Trommel. Rund heraus, ich kenne
dies und das. Aber das iſt nicht Wiſſenſchaft.

Ich höre, daß der Brieſelang eine eigene Flora haben ſoll,
daß hier Dinge vorkommen, die ſonſt in der ganzen Mark nicht
mehr zu finden ſind. Hat das ſeine Richtigkeit?

Gewiß. Der Brieſelang hat ſeine eigenen Pflanzen und
ſeine eigenen Inſekten, er iſt unſer gelobtes Land und ſelbſt die
Rudower Wieſe, in „all dem Ruhm ihrer Orchideen“, muß ſich
gegen den Brieſelang verſtecken.

Was kommt denn wohl ſo vor? Ich meine zunächſt von
Pflanzen.

Da haben wir zunächſt das Wanzen-Knabenkraut; da haben
wir ferner Neottia Nidus avis, das Vogelneſt. Noch ſeltener
iſt Coptolanthera rubra, der rothe Rundbeutel; die Krone von
allem aber iſt vielleicht Dicranum montanum, der gebirgliebende
Gabelzahn. Wie der ſpeciell in den Brieſelang kommt, wo die
Maulwurfshügel für Alles, was Berglinie heißt, aufkommen
müſſen, iſt mir unerfindlich.

Und nun die Käfer.

Nun wiſſen Sie, da giebt’s kein Ende. Aber ich will es
gnädig machen. Da iſt der Widderkäfer, der Baſtkäfer, der
Feuerkäfer; dies ſind die leichten Truppen; dann kommt die
Garde: der Schwarzkäfer, der Panzerkäfer; aber das eigentlich
ſchwere Geſchütz, das den Ausſchlag giebt, das iſt doch Pro-
crustes coriaceus
und Saperda Seydlii. Beſonders Saperda.
Sie lächeln; aber glauben Sie mir, wie unſer einem zu Muthe
wird, wenn man blos das Wort Saperda ausſprechen hört,
davon können Sie ſich keine Vorſtellung machen. Ich hatte
einen legitimiſtiſch-hiſtoriſchen Freund, deſſen Geſicht ſich immer
verklärte, wenn er „Montmorency“ ſagte; ſehen Sie, ſo geht es
mir mit Saperda. Und ſagen Sie ſelbſt, klingt es nicht ſchön,
apart, dies Doppel a und das r in der Mitte! O, wir haben
auch ein Herz.

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[44/0062] Ignorirung der grünen Trommel. Rund heraus, ich kenne dies und das. Aber das iſt nicht Wiſſenſchaft. Ich höre, daß der Brieſelang eine eigene Flora haben ſoll, daß hier Dinge vorkommen, die ſonſt in der ganzen Mark nicht mehr zu finden ſind. Hat das ſeine Richtigkeit? Gewiß. Der Brieſelang hat ſeine eigenen Pflanzen und ſeine eigenen Inſekten, er iſt unſer gelobtes Land und ſelbſt die Rudower Wieſe, in „all dem Ruhm ihrer Orchideen“, muß ſich gegen den Brieſelang verſtecken. Was kommt denn wohl ſo vor? Ich meine zunächſt von Pflanzen. Da haben wir zunächſt das Wanzen-Knabenkraut; da haben wir ferner Neottia Nidus avis, das Vogelneſt. Noch ſeltener iſt Coptolanthera rubra, der rothe Rundbeutel; die Krone von allem aber iſt vielleicht Dicranum montanum, der gebirgliebende Gabelzahn. Wie der ſpeciell in den Brieſelang kommt, wo die Maulwurfshügel für Alles, was Berglinie heißt, aufkommen müſſen, iſt mir unerfindlich. Und nun die Käfer. Nun wiſſen Sie, da giebt’s kein Ende. Aber ich will es gnädig machen. Da iſt der Widderkäfer, der Baſtkäfer, der Feuerkäfer; dies ſind die leichten Truppen; dann kommt die Garde: der Schwarzkäfer, der Panzerkäfer; aber das eigentlich ſchwere Geſchütz, das den Ausſchlag giebt, das iſt doch Pro- crustes coriaceus und Saperda Seydlii. Beſonders Saperda. Sie lächeln; aber glauben Sie mir, wie unſer einem zu Muthe wird, wenn man blos das Wort Saperda ausſprechen hört, davon können Sie ſich keine Vorſtellung machen. Ich hatte einen legitimiſtiſch-hiſtoriſchen Freund, deſſen Geſicht ſich immer verklärte, wenn er „Montmorency“ ſagte; ſehen Sie, ſo geht es mir mit Saperda. Und ſagen Sie ſelbſt, klingt es nicht ſchön, apart, dies Doppel a und das r in der Mitte! O, wir haben auch ein Herz. Iſt denn nun Saperda im ganzen Brieſelang verbreitet?

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/62>, abgerufen am 04.12.2024.