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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Walddiebe desto mehr. Sie glauben gar nicht, was in solchem
Walde alles steckt und wie viele Hunderte von Menschen daraus
ihre Nahrung oder doch einen Theil ihres Erwerbes ziehen. Es
mag wohl 20 Arten von "Jägern" geben, die hier im Briese-
lang zu Hause sind; vielleicht noch viel mehr.

Und das wären?

Ich will Ihnen nur ein halbes Dutzend nennen. Da sind
die Kräuterjäger, die Käfer-, Fliegen- und Insekten-Jäger,
die Eier- und Vogeljäger, die Laubfroschjäger, die Schlangen-
jäger, die Ameisenjäger. Auf dem Schwanen-Kruge versammeln
sich im Juni allerlei Gestalten, jung und alt, die Jagd auf
wilde Rosenstämme, auf "Hagebutten-Sträucher" machen,
während andere, etwas früher schon, aber mit derselben Perti-
nacität dem jungen Faulbaum nachstellen.

Dem Faulbaum?

Ja! das Faulbaumholz giebt eine allerbeste Kohle für die
Pulverfabrikation. Selbst Pappeln und Linden kommen
gegen den Faulbaum nicht an. Da ist denn immer Nachfrage,
und so macht sich der Handel. Nun werden Sie fragen: ist
das legal? Gut. Aber wer will in der Kohle noch nach der
Legalität des Holzes spüren? Wer kauft Pottasche und verlangt
Ausweis über den eingeäscherten Wald?

Ich versteh. Aber Sie sprachen auch von Schlangen-
jägern. Das klingt ja bedenklich. Sind wir hier auf Reptilien-
Terrain?

Nicht gerade hier. Aber weiter rechts, nach dem Span-
dauer Forst hinüber, da sind die Schlangen zu Hause.

Blindschleichen, Columbellen.

Nicht so harmlos. Die echte Kreuzotter. Es sind dort
Stellen, wo sie so dicht wie Regenwürmer liegen. Diese Stel-
len kennen die Schlangenjäger ganz genau. Ihre ganze Waffe
besteht in einem Stock, der vorn gegabelt ist. Nun lüften sie
das halbverfaulte Gebälk, drunter die Kreuzotter liegt und im
nächsten Moment fahren sie mit dem Stock derart in die Erde,
daß die Gabel sich wie ein Halsring um die Schlange legt.

Walddiebe deſto mehr. Sie glauben gar nicht, was in ſolchem
Walde alles ſteckt und wie viele Hunderte von Menſchen daraus
ihre Nahrung oder doch einen Theil ihres Erwerbes ziehen. Es
mag wohl 20 Arten von „Jägern“ geben, die hier im Brieſe-
lang zu Hauſe ſind; vielleicht noch viel mehr.

Und das wären?

Ich will Ihnen nur ein halbes Dutzend nennen. Da ſind
die Kräuterjäger, die Käfer-, Fliegen- und Inſekten-Jäger,
die Eier- und Vogeljäger, die Laubfroſchjäger, die Schlangen-
jäger, die Ameiſenjäger. Auf dem Schwanen-Kruge verſammeln
ſich im Juni allerlei Geſtalten, jung und alt, die Jagd auf
wilde Roſenſtämme, auf „Hagebutten-Sträucher“ machen,
während andere, etwas früher ſchon, aber mit derſelben Perti-
nacität dem jungen Faulbaum nachſtellen.

Dem Faulbaum?

Ja! das Faulbaumholz giebt eine allerbeſte Kohle für die
Pulverfabrikation. Selbſt Pappeln und Linden kommen
gegen den Faulbaum nicht an. Da iſt denn immer Nachfrage,
und ſo macht ſich der Handel. Nun werden Sie fragen: iſt
das legal? Gut. Aber wer will in der Kohle noch nach der
Legalität des Holzes ſpüren? Wer kauft Pottaſche und verlangt
Ausweis über den eingeäſcherten Wald?

Ich verſteh. Aber Sie ſprachen auch von Schlangen-
jägern. Das klingt ja bedenklich. Sind wir hier auf Reptilien-
Terrain?

Nicht gerade hier. Aber weiter rechts, nach dem Span-
dauer Forſt hinüber, da ſind die Schlangen zu Hauſe.

Blindſchleichen, Columbellen.

Nicht ſo harmlos. Die echte Kreuzotter. Es ſind dort
Stellen, wo ſie ſo dicht wie Regenwürmer liegen. Dieſe Stel-
len kennen die Schlangenjäger ganz genau. Ihre ganze Waffe
beſteht in einem Stock, der vorn gegabelt iſt. Nun lüften ſie
das halbverfaulte Gebälk, drunter die Kreuzotter liegt und im
nächſten Moment fahren ſie mit dem Stock derart in die Erde,
daß die Gabel ſich wie ein Halsring um die Schlange legt.

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[41/0059] Walddiebe deſto mehr. Sie glauben gar nicht, was in ſolchem Walde alles ſteckt und wie viele Hunderte von Menſchen daraus ihre Nahrung oder doch einen Theil ihres Erwerbes ziehen. Es mag wohl 20 Arten von „Jägern“ geben, die hier im Brieſe- lang zu Hauſe ſind; vielleicht noch viel mehr. Und das wären? Ich will Ihnen nur ein halbes Dutzend nennen. Da ſind die Kräuterjäger, die Käfer-, Fliegen- und Inſekten-Jäger, die Eier- und Vogeljäger, die Laubfroſchjäger, die Schlangen- jäger, die Ameiſenjäger. Auf dem Schwanen-Kruge verſammeln ſich im Juni allerlei Geſtalten, jung und alt, die Jagd auf wilde Roſenſtämme, auf „Hagebutten-Sträucher“ machen, während andere, etwas früher ſchon, aber mit derſelben Perti- nacität dem jungen Faulbaum nachſtellen. Dem Faulbaum? Ja! das Faulbaumholz giebt eine allerbeſte Kohle für die Pulverfabrikation. Selbſt Pappeln und Linden kommen gegen den Faulbaum nicht an. Da iſt denn immer Nachfrage, und ſo macht ſich der Handel. Nun werden Sie fragen: iſt das legal? Gut. Aber wer will in der Kohle noch nach der Legalität des Holzes ſpüren? Wer kauft Pottaſche und verlangt Ausweis über den eingeäſcherten Wald? Ich verſteh. Aber Sie ſprachen auch von Schlangen- jägern. Das klingt ja bedenklich. Sind wir hier auf Reptilien- Terrain? Nicht gerade hier. Aber weiter rechts, nach dem Span- dauer Forſt hinüber, da ſind die Schlangen zu Hauſe. Blindſchleichen, Columbellen. Nicht ſo harmlos. Die echte Kreuzotter. Es ſind dort Stellen, wo ſie ſo dicht wie Regenwürmer liegen. Dieſe Stel- len kennen die Schlangenjäger ganz genau. Ihre ganze Waffe beſteht in einem Stock, der vorn gegabelt iſt. Nun lüften ſie das halbverfaulte Gebälk, drunter die Kreuzotter liegt und im nächſten Moment fahren ſie mit dem Stock derart in die Erde, daß die Gabel ſich wie ein Halsring um die Schlange legt.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/59>, abgerufen am 04.12.2024.