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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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an um so wechselnder. Der nächste Besitzer war Bischof Ursinus
(nach seinem vollen Namen: Benjamin Ursinus v. Bär), der
am 18. Januar des Jahres 1701 den Kurfürsten Friedrich III.
als ersten König von Preußen in Königsberg krönte. Mit dem
geistlichen Würdenträger, der wenigstens zeitweilig hier weilte,
kam ein reicheres Leben an diese bis dahin schlichte Stätte: der
Bischof baute ein Lusthaus am See, Kammerdiener, Gärtner,
Koch und Küfer gingen aus und ein, aber die Gemeinde wurde
dieses reichen Lebens nicht froh und alte Kammergerichts-Acten
erzählen von Klagen des Bischofs gegen die Gemeinde und von
Klagen der Gemeinde gegen den Bischof. 1715 trat es dieser
an seinen Sohn, den Stallmeister Johann Wilhelm v. Bär ab,
der es ebenfalls nur kurze Zeit besaß (bis 1721) und beim
Verkaufe sich nichts reservirte als eine Begräbnißstätte. Die
wurde ihm. 1750 wurde er im Kirchengewölbe beigesetzt; bei-
nah 30 Jahre, nachdem er den Besitz des Gutes aufgegeben
hatte.

Bis 1804 war Gütergotz Königlich. In diesem Jahre
kaufte es der General-Lotterie-Director und Geheime Finanz-
rath Grothe, der aber freilich ähnlich wie der ältere Ursinus,
dieses Besitzes wenig froh werden sollte. Wie dieser fing er
an zu reformiren, separirte den gutsherrlichen von dem bäuer-
lichen Acker, brach ein paar Bauergehöfte, die ihm unbequem
lagen, ab und baute sie an anderer Stelle wieder auf, zog das
gewonnene Terrain mit in seine Park- und Gartenanlagen
hinein, erbaute auf solidem Feldstein-Unterbau -- auf einer
sogenannten Rustica -- das jetzige Schloß und gab ihm einen
stumpfen Thurm, dessen Plattform einen weiten Blick ins Land
gestattete. Dieselbe Rührigkeit, die diesen emporgekommenen
Mann (er hatte als Privatsecretär des damaligen Generalpäch-
ters der Lotterie seine Laufbahn begonnen und sie durch Gewinn
des großen Looses gekrönt) von jeher ausgezeichnet hatte, zeigte
sich auch jetzt in der Raschheit und Umsicht, mit der er Gütergotz
in einen anmuthigen Platz umzuschaffen verstand. Aber noch
ehe er mit seinen Plänen zu Ende war, brach der October

an um ſo wechſelnder. Der nächſte Beſitzer war Biſchof Urſinus
(nach ſeinem vollen Namen: Benjamin Urſinus v. Bär), der
am 18. Januar des Jahres 1701 den Kurfürſten Friedrich III.
als erſten König von Preußen in Königsberg krönte. Mit dem
geiſtlichen Würdenträger, der wenigſtens zeitweilig hier weilte,
kam ein reicheres Leben an dieſe bis dahin ſchlichte Stätte: der
Biſchof baute ein Luſthaus am See, Kammerdiener, Gärtner,
Koch und Küfer gingen aus und ein, aber die Gemeinde wurde
dieſes reichen Lebens nicht froh und alte Kammergerichts-Acten
erzählen von Klagen des Biſchofs gegen die Gemeinde und von
Klagen der Gemeinde gegen den Biſchof. 1715 trat es dieſer
an ſeinen Sohn, den Stallmeiſter Johann Wilhelm v. Bär ab,
der es ebenfalls nur kurze Zeit beſaß (bis 1721) und beim
Verkaufe ſich nichts reſervirte als eine Begräbnißſtätte. Die
wurde ihm. 1750 wurde er im Kirchengewölbe beigeſetzt; bei-
nah 30 Jahre, nachdem er den Beſitz des Gutes aufgegeben
hatte.

Bis 1804 war Gütergotz Königlich. In dieſem Jahre
kaufte es der General-Lotterie-Director und Geheime Finanz-
rath Grothe, der aber freilich ähnlich wie der ältere Urſinus,
dieſes Beſitzes wenig froh werden ſollte. Wie dieſer fing er
an zu reformiren, ſeparirte den gutsherrlichen von dem bäuer-
lichen Acker, brach ein paar Bauergehöfte, die ihm unbequem
lagen, ab und baute ſie an anderer Stelle wieder auf, zog das
gewonnene Terrain mit in ſeine Park- und Gartenanlagen
hinein, erbaute auf ſolidem Feldſtein-Unterbau — auf einer
ſogenannten Ruſtica — das jetzige Schloß und gab ihm einen
ſtumpfen Thurm, deſſen Plattform einen weiten Blick ins Land
geſtattete. Dieſelbe Rührigkeit, die dieſen emporgekommenen
Mann (er hatte als Privatſecretär des damaligen Generalpäch-
ters der Lotterie ſeine Laufbahn begonnen und ſie durch Gewinn
des großen Looſes gekrönt) von jeher ausgezeichnet hatte, zeigte
ſich auch jetzt in der Raſchheit und Umſicht, mit der er Gütergotz
in einen anmuthigen Platz umzuſchaffen verſtand. Aber noch
ehe er mit ſeinen Plänen zu Ende war, brach der October

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[359/0377] an um ſo wechſelnder. Der nächſte Beſitzer war Biſchof Urſinus (nach ſeinem vollen Namen: Benjamin Urſinus v. Bär), der am 18. Januar des Jahres 1701 den Kurfürſten Friedrich III. als erſten König von Preußen in Königsberg krönte. Mit dem geiſtlichen Würdenträger, der wenigſtens zeitweilig hier weilte, kam ein reicheres Leben an dieſe bis dahin ſchlichte Stätte: der Biſchof baute ein Luſthaus am See, Kammerdiener, Gärtner, Koch und Küfer gingen aus und ein, aber die Gemeinde wurde dieſes reichen Lebens nicht froh und alte Kammergerichts-Acten erzählen von Klagen des Biſchofs gegen die Gemeinde und von Klagen der Gemeinde gegen den Biſchof. 1715 trat es dieſer an ſeinen Sohn, den Stallmeiſter Johann Wilhelm v. Bär ab, der es ebenfalls nur kurze Zeit beſaß (bis 1721) und beim Verkaufe ſich nichts reſervirte als eine Begräbnißſtätte. Die wurde ihm. 1750 wurde er im Kirchengewölbe beigeſetzt; bei- nah 30 Jahre, nachdem er den Beſitz des Gutes aufgegeben hatte. Bis 1804 war Gütergotz Königlich. In dieſem Jahre kaufte es der General-Lotterie-Director und Geheime Finanz- rath Grothe, der aber freilich ähnlich wie der ältere Urſinus, dieſes Beſitzes wenig froh werden ſollte. Wie dieſer fing er an zu reformiren, ſeparirte den gutsherrlichen von dem bäuer- lichen Acker, brach ein paar Bauergehöfte, die ihm unbequem lagen, ab und baute ſie an anderer Stelle wieder auf, zog das gewonnene Terrain mit in ſeine Park- und Gartenanlagen hinein, erbaute auf ſolidem Feldſtein-Unterbau — auf einer ſogenannten Ruſtica — das jetzige Schloß und gab ihm einen ſtumpfen Thurm, deſſen Plattform einen weiten Blick ins Land geſtattete. Dieſelbe Rührigkeit, die dieſen emporgekommenen Mann (er hatte als Privatſecretär des damaligen Generalpäch- ters der Lotterie ſeine Laufbahn begonnen und ſie durch Gewinn des großen Looſes gekrönt) von jeher ausgezeichnet hatte, zeigte ſich auch jetzt in der Raſchheit und Umſicht, mit der er Gütergotz in einen anmuthigen Platz umzuſchaffen verſtand. Aber noch ehe er mit ſeinen Plänen zu Ende war, brach der October

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/377>, abgerufen am 24.11.2024.