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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Diese Schriften riefen im gegnerischen Lager, also unter
Freimaurern und Rationalisten, einen Zorn hervor, den wir in
unsren Tagen, wo dergleichen in offener Befehdung der Gegen-
sätze jeden Tag gedruckt wird, einfach nicht fassen können, wenn
wir nicht gegenwärtig haben, wer jene Schriften schrieb, wer
Chrysophiron war und welche staatliche Gewalt schützend hinter
diesem Orden der Gold- und Rosenkreuzer stand. Dies Alles
waren nicht Blasen, die ein beliebiger Sektengeist warf, son-
dern diese Anschauungen herrschten an oberster Stelle, drohten
in Edicten und Gesetzen bestimmend, maßgebend für Millionen
Andersdenkender zu werden und traten schließlich wirklich als
Landesgesetze in Kraft. Hinter dieser Rosenkreuzerei standen
auf länger denn 10 Jahre hin die Machthaber Preußens: der
König, Wöllner, Bischofswerder. Chrysophiron war Pseudo-
nym für Wöllner.

Dies wird genügen, die oben erwähnte bittere Feindschaft
zu erklären, die durch die liberale Welt ging. In Frankreich
der Sieg des Voltairianismus bis in seine letzten Consequenzen
und -- in Preußen, an dessen Spitze beinah 50 Jahre lang
der Philosoph von Sanssouci gestanden und der Aufklärung
eine Stätte bereitet hatte, in diesem Preußen: Umkehr, Ge-
wissensdruck, Rosenkreuzerei. So lange hinter dieser letztern
die staatliche Macht stand, so lange sie mit dieser identisch war,
war ein Kampf dagegen unmöglich, aber kaum daß der Sarg
Friedrich Wilhelms II. in die Gruft des Domes niedergelassen
war, so brach es hervor. An der Spitze der alte Nicolai. In
der Vorrede zum 56. Bande der "Neuen Allgemeinen deut-
schen Bibliothek" führte er nunmehr über die Rosenkreuzer (die
nun freilich ein todter Percy waren) folgende Sprache:

"Sehr bald nach dem Tode Friedrichs des Großen fan-
den bei seinem Nachfolger Männer Gehör, welche zu mehreren
nachtheiligen Maßregeln Anlaß gaben. Dieselben waren gro-
ßentheils durch eine geheime Macht, durch den Gold-
und Rosenkreuzer-Orden
und durch den Einfluß der
"unbekannten Väter" geleitet, welche diesen Orden unge-

Dieſe Schriften riefen im gegneriſchen Lager, alſo unter
Freimaurern und Rationaliſten, einen Zorn hervor, den wir in
unſren Tagen, wo dergleichen in offener Befehdung der Gegen-
ſätze jeden Tag gedruckt wird, einfach nicht faſſen können, wenn
wir nicht gegenwärtig haben, wer jene Schriften ſchrieb, wer
Chryſophiron war und welche ſtaatliche Gewalt ſchützend hinter
dieſem Orden der Gold- und Roſenkreuzer ſtand. Dies Alles
waren nicht Blaſen, die ein beliebiger Sektengeiſt warf, ſon-
dern dieſe Anſchauungen herrſchten an oberſter Stelle, drohten
in Edicten und Geſetzen beſtimmend, maßgebend für Millionen
Andersdenkender zu werden und traten ſchließlich wirklich als
Landesgeſetze in Kraft. Hinter dieſer Roſenkreuzerei ſtanden
auf länger denn 10 Jahre hin die Machthaber Preußens: der
König, Wöllner, Biſchofswerder. Chryſophiron war Pſeudo-
nym für Wöllner.

Dies wird genügen, die oben erwähnte bittere Feindſchaft
zu erklären, die durch die liberale Welt ging. In Frankreich
der Sieg des Voltairianismus bis in ſeine letzten Conſequenzen
und — in Preußen, an deſſen Spitze beinah 50 Jahre lang
der Philoſoph von Sansſouci geſtanden und der Aufklärung
eine Stätte bereitet hatte, in dieſem Preußen: Umkehr, Ge-
wiſſensdruck, Roſenkreuzerei. So lange hinter dieſer letztern
die ſtaatliche Macht ſtand, ſo lange ſie mit dieſer identiſch war,
war ein Kampf dagegen unmöglich, aber kaum daß der Sarg
Friedrich Wilhelms II. in die Gruft des Domes niedergelaſſen
war, ſo brach es hervor. An der Spitze der alte Nicolai. In
der Vorrede zum 56. Bande der „Neuen Allgemeinen deut-
ſchen Bibliothek“ führte er nunmehr über die Roſenkreuzer (die
nun freilich ein todter Percy waren) folgende Sprache:

„Sehr bald nach dem Tode Friedrichs des Großen fan-
den bei ſeinem Nachfolger Männer Gehör, welche zu mehreren
nachtheiligen Maßregeln Anlaß gaben. Dieſelben waren gro-
ßentheils durch eine geheime Macht, durch den Gold-
und Roſenkreuzer-Orden
und durch den Einfluß der
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[312/0330] Dieſe Schriften riefen im gegneriſchen Lager, alſo unter Freimaurern und Rationaliſten, einen Zorn hervor, den wir in unſren Tagen, wo dergleichen in offener Befehdung der Gegen- ſätze jeden Tag gedruckt wird, einfach nicht faſſen können, wenn wir nicht gegenwärtig haben, wer jene Schriften ſchrieb, wer Chryſophiron war und welche ſtaatliche Gewalt ſchützend hinter dieſem Orden der Gold- und Roſenkreuzer ſtand. Dies Alles waren nicht Blaſen, die ein beliebiger Sektengeiſt warf, ſon- dern dieſe Anſchauungen herrſchten an oberſter Stelle, drohten in Edicten und Geſetzen beſtimmend, maßgebend für Millionen Andersdenkender zu werden und traten ſchließlich wirklich als Landesgeſetze in Kraft. Hinter dieſer Roſenkreuzerei ſtanden auf länger denn 10 Jahre hin die Machthaber Preußens: der König, Wöllner, Biſchofswerder. Chryſophiron war Pſeudo- nym für Wöllner. Dies wird genügen, die oben erwähnte bittere Feindſchaft zu erklären, die durch die liberale Welt ging. In Frankreich der Sieg des Voltairianismus bis in ſeine letzten Conſequenzen und — in Preußen, an deſſen Spitze beinah 50 Jahre lang der Philoſoph von Sansſouci geſtanden und der Aufklärung eine Stätte bereitet hatte, in dieſem Preußen: Umkehr, Ge- wiſſensdruck, Roſenkreuzerei. So lange hinter dieſer letztern die ſtaatliche Macht ſtand, ſo lange ſie mit dieſer identiſch war, war ein Kampf dagegen unmöglich, aber kaum daß der Sarg Friedrich Wilhelms II. in die Gruft des Domes niedergelaſſen war, ſo brach es hervor. An der Spitze der alte Nicolai. In der Vorrede zum 56. Bande der „Neuen Allgemeinen deut- ſchen Bibliothek“ führte er nunmehr über die Roſenkreuzer (die nun freilich ein todter Percy waren) folgende Sprache: „Sehr bald nach dem Tode Friedrichs des Großen fan- den bei ſeinem Nachfolger Männer Gehör, welche zu mehreren nachtheiligen Maßregeln Anlaß gaben. Dieſelben waren gro- ßentheils durch eine geheime Macht, durch den Gold- und Roſenkreuzer-Orden und durch den Einfluß der „unbekannten Väter“ geleitet, welche dieſen Orden unge-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/330>, abgerufen am 24.11.2024.