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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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"La fortune a quelquefois employe des hommes sans
grande capacite dans l'administration des Etats; mais rare-
ment elle a choisi un si triste sujet que ce Bischofs-
werder
: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per-
fide, elocution embarrassee; ne connoissant ni le pays qu'il
a quitte, ni celui qui l'a recueilli, ni ceux qui interessent
la Prusse. N'etant ni militaire, ni financier, ni politique,
ni economiste. Un de ces hommes enfin que la nature a
condamne a l'obscurite et a vegeter dans la foule. Voila
l'homme qui regne en Prusse."

Wir verweilen bei diesen Auslassungen nicht, eben weil
sie zu sehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden
uns lieber der Darstellung zu, die ein anerkannter Historiker
von dem Charakter B.'s gegeben hat, um dann an dieses maß-
volle Urtheil anzuknüpfen.

J. C. F. Manso in seiner "Geschichte des Preußischen
Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariser
Abkunft" sagt über Bischofswerder:

"In den Fesseln der Rosenkreuzerei verlor er früh die
unbefangene Ansicht des Lebens. ... Selten übte ein Mensch
die Kunst, andere zu erforschen und sich zu verbergen,
glücklicher und geschickter als er. Ihm war es nicht
gleichgültig, wem er sein Haus am Tage und wem er es in
der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Wesen trug das Gepräge
der Umsichtigkeit, und wenn er reden mußte, wo er lieber
geschwiegen hätte, bewahrte er sich sorgfältig genug, um nichts
von seinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt,
und den er gab, hielt er für sicherer oder verdienstlicher, dem
Fragenden unterzuschieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem
gegebenen zuwachsen konnte, entäußerte er sich mit seltener
Willfährigkeit. ... Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in
der Ueberzeugung gestört, er wäge, wähle und beschließe
allein. ... Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das
er für sich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und
Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er strebte.

„La fortune a quelquefois employé des hommes sans
grande capacité dans l’administration des Etats; mais rare-
ment elle a choisi un si triste sujet que ce Bischofs-
werder
: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per-
fide, élocution embarrassée; ne connoissant ni le pays qu’il
a quitté, ni celui qui l’a recueilli, ni ceux qui intéressent
la Prusse. N’étant ni militaire, ni financier, ni politique,
ni économiste. Un de ces hommes enfin que la nature a
condamné à l’obscurité et à végéter dans la foule. Voilà
l’homme qui règne en Prusse.“

Wir verweilen bei dieſen Auslaſſungen nicht, eben weil
ſie zu ſehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden
uns lieber der Darſtellung zu, die ein anerkannter Hiſtoriker
von dem Charakter B.’s gegeben hat, um dann an dieſes maß-
volle Urtheil anzuknüpfen.

J. C. F. Manſo in ſeiner „Geſchichte des Preußiſchen
Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariſer
Abkunft“ ſagt über Biſchofswerder:

„In den Feſſeln der Roſenkreuzerei verlor er früh die
unbefangene Anſicht des Lebens. … Selten übte ein Menſch
die Kunſt, andere zu erforſchen und ſich zu verbergen,
glücklicher und geſchickter als er. Ihm war es nicht
gleichgültig, wem er ſein Haus am Tage und wem er es in
der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Weſen trug das Gepräge
der Umſichtigkeit, und wenn er reden mußte, wo er lieber
geſchwiegen hätte, bewahrte er ſich ſorgfältig genug, um nichts
von ſeinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt,
und den er gab, hielt er für ſicherer oder verdienſtlicher, dem
Fragenden unterzuſchieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem
gegebenen zuwachſen konnte, entäußerte er ſich mit ſeltener
Willfährigkeit. … Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in
der Ueberzeugung geſtört, er wäge, wähle und beſchließe
allein. … Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das
er für ſich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und
Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er ſtrebte.

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[270/0288] „La fortune a quelquefois employé des hommes sans grande capacité dans l’administration des Etats; mais rare- ment elle a choisi un si triste sujet que ce Bischofs- werder: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per- fide, élocution embarrassée; ne connoissant ni le pays qu’il a quitté, ni celui qui l’a recueilli, ni ceux qui intéressent la Prusse. N’étant ni militaire, ni financier, ni politique, ni économiste. Un de ces hommes enfin que la nature a condamné à l’obscurité et à végéter dans la foule. Voilà l’homme qui règne en Prusse.“ Wir verweilen bei dieſen Auslaſſungen nicht, eben weil ſie zu ſehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden uns lieber der Darſtellung zu, die ein anerkannter Hiſtoriker von dem Charakter B.’s gegeben hat, um dann an dieſes maß- volle Urtheil anzuknüpfen. J. C. F. Manſo in ſeiner „Geſchichte des Preußiſchen Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariſer Abkunft“ ſagt über Biſchofswerder: „In den Feſſeln der Roſenkreuzerei verlor er früh die unbefangene Anſicht des Lebens. … Selten übte ein Menſch die Kunſt, andere zu erforſchen und ſich zu verbergen, glücklicher und geſchickter als er. Ihm war es nicht gleichgültig, wem er ſein Haus am Tage und wem er es in der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Weſen trug das Gepräge der Umſichtigkeit, und wenn er reden mußte, wo er lieber geſchwiegen hätte, bewahrte er ſich ſorgfältig genug, um nichts von ſeinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt, und den er gab, hielt er für ſicherer oder verdienſtlicher, dem Fragenden unterzuſchieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem gegebenen zuwachſen konnte, entäußerte er ſich mit ſeltener Willfährigkeit. … Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in der Ueberzeugung geſtört, er wäge, wähle und beſchließe allein. … Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das er für ſich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er ſtrebte.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/288>, abgerufen am 18.05.2024.