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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Halle, nahm dann Kriegsdienste und trat 1760 in das preußische
Regiment Carabiniers, dessen Commandeur ihn zu seinem Ad-
jutanten machte. In dieser Eigenschaft wohnte er den letzten
Kämpfen des siebenjährigen Krieges bei. Noch während der
Campagne stürzte er mit dem Pferde, erlitt einen Rippenbruch
und zunächst wenigstens sich außer Stande sehend, die militärische
Laufbahn fortzusetzen, begab er sich auf ein Landgut in der
sächsischen Lausitz, wo er sich 1764 mit einer Tochter des kur-
sächsischen Kammerherrn v. Wilke vermählte. Er lebte hier
mehrere Jahre in glücklicher Zurückgezogenheit und "übte (wie
es in einer der zeitgenössischen Schriften heißt) all die gesell-
schaftlichen und häuslichen Tugenden, die ihm die Hochachtung
derer, die ihn kannten, erwarben."

Sein guter Ruf verschaffte ihm die Ehre, als Cavalier an
den sächsischen Hof gerufen zu werden. Von hier aus machte
er mit dem Prinzen Xaver eine Reise nach Frankreich. Bald
nach seiner Rückkehr wurde er Kammerherr des Kurfürsten, hier-
nächst Stallmeister des Prinzen Karl, Herzogs von Kurland.

Herzog Karl von Kurland, Sohn Friedrich Augusts II.,
lebte damals zumeist in Dresden und gehörte in erster Reihe
zu jener nicht kleinen Zahl von Fürstlichkeiten, die für das
epidemisch auftretende Ordenswesen, für Goldmachekunst und
Geister-Erscheinungen ein lebhaftes Interesse zeigten.

So konnte es denn kaum ausbleiben, daß auch Bischofs-
werder, wie alle übrigen Personen des Hofes, zu jenen Alchymisten
und Wunderleuten in nähere Beziehungen trat, die damals beim
Herzoge aus- und eingingen. Unter diesen war Johann Georg
Schrepfer der bemerkenswertheste. Er besaß einen "Apparat,"
der so ziemlich das Beste leistete, was nach dieser Seite hin
damals geleistet werden konnte; dazu war er kühn und von
einem gewissen ehrlichen Glauben an sich selbst. Es scheint,
daß er, inmitten aller seiner Betrügereien, doch ganz aufrichtig
die Meinung unterhielt: jeder Tag bringt Wunder; warum
sollte am Ende mir zu Liebe nicht auch ein Wunder ge-
schehen? Als trotz dieses Glaubens die eingesiegelten Papier-

Halle, nahm dann Kriegsdienſte und trat 1760 in das preußiſche
Regiment Carabiniers, deſſen Commandeur ihn zu ſeinem Ad-
jutanten machte. In dieſer Eigenſchaft wohnte er den letzten
Kämpfen des ſiebenjährigen Krieges bei. Noch während der
Campagne ſtürzte er mit dem Pferde, erlitt einen Rippenbruch
und zunächſt wenigſtens ſich außer Stande ſehend, die militäriſche
Laufbahn fortzuſetzen, begab er ſich auf ein Landgut in der
ſächſiſchen Lauſitz, wo er ſich 1764 mit einer Tochter des kur-
ſächſiſchen Kammerherrn v. Wilke vermählte. Er lebte hier
mehrere Jahre in glücklicher Zurückgezogenheit und „übte (wie
es in einer der zeitgenöſſiſchen Schriften heißt) all die geſell-
ſchaftlichen und häuslichen Tugenden, die ihm die Hochachtung
derer, die ihn kannten, erwarben.“

Sein guter Ruf verſchaffte ihm die Ehre, als Cavalier an
den ſächſiſchen Hof gerufen zu werden. Von hier aus machte
er mit dem Prinzen Xaver eine Reiſe nach Frankreich. Bald
nach ſeiner Rückkehr wurde er Kammerherr des Kurfürſten, hier-
nächſt Stallmeiſter des Prinzen Karl, Herzogs von Kurland.

Herzog Karl von Kurland, Sohn Friedrich Auguſts II.,
lebte damals zumeiſt in Dresden und gehörte in erſter Reihe
zu jener nicht kleinen Zahl von Fürſtlichkeiten, die für das
epidemiſch auftretende Ordensweſen, für Goldmachekunſt und
Geiſter-Erſcheinungen ein lebhaftes Intereſſe zeigten.

So konnte es denn kaum ausbleiben, daß auch Biſchofs-
werder, wie alle übrigen Perſonen des Hofes, zu jenen Alchymiſten
und Wunderleuten in nähere Beziehungen trat, die damals beim
Herzoge aus- und eingingen. Unter dieſen war Johann Georg
Schrepfer der bemerkenswertheſte. Er beſaß einen „Apparat,“
der ſo ziemlich das Beſte leiſtete, was nach dieſer Seite hin
damals geleiſtet werden konnte; dazu war er kühn und von
einem gewiſſen ehrlichen Glauben an ſich ſelbſt. Es ſcheint,
daß er, inmitten aller ſeiner Betrügereien, doch ganz aufrichtig
die Meinung unterhielt: jeder Tag bringt Wunder; warum
ſollte am Ende mir zu Liebe nicht auch ein Wunder ge-
ſchehen? Als trotz dieſes Glaubens die eingeſiegelten Papier-

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[260/0278] Halle, nahm dann Kriegsdienſte und trat 1760 in das preußiſche Regiment Carabiniers, deſſen Commandeur ihn zu ſeinem Ad- jutanten machte. In dieſer Eigenſchaft wohnte er den letzten Kämpfen des ſiebenjährigen Krieges bei. Noch während der Campagne ſtürzte er mit dem Pferde, erlitt einen Rippenbruch und zunächſt wenigſtens ſich außer Stande ſehend, die militäriſche Laufbahn fortzuſetzen, begab er ſich auf ein Landgut in der ſächſiſchen Lauſitz, wo er ſich 1764 mit einer Tochter des kur- ſächſiſchen Kammerherrn v. Wilke vermählte. Er lebte hier mehrere Jahre in glücklicher Zurückgezogenheit und „übte (wie es in einer der zeitgenöſſiſchen Schriften heißt) all die geſell- ſchaftlichen und häuslichen Tugenden, die ihm die Hochachtung derer, die ihn kannten, erwarben.“ Sein guter Ruf verſchaffte ihm die Ehre, als Cavalier an den ſächſiſchen Hof gerufen zu werden. Von hier aus machte er mit dem Prinzen Xaver eine Reiſe nach Frankreich. Bald nach ſeiner Rückkehr wurde er Kammerherr des Kurfürſten, hier- nächſt Stallmeiſter des Prinzen Karl, Herzogs von Kurland. Herzog Karl von Kurland, Sohn Friedrich Auguſts II., lebte damals zumeiſt in Dresden und gehörte in erſter Reihe zu jener nicht kleinen Zahl von Fürſtlichkeiten, die für das epidemiſch auftretende Ordensweſen, für Goldmachekunſt und Geiſter-Erſcheinungen ein lebhaftes Intereſſe zeigten. So konnte es denn kaum ausbleiben, daß auch Biſchofs- werder, wie alle übrigen Perſonen des Hofes, zu jenen Alchymiſten und Wunderleuten in nähere Beziehungen trat, die damals beim Herzoge aus- und eingingen. Unter dieſen war Johann Georg Schrepfer der bemerkenswertheſte. Er beſaß einen „Apparat,“ der ſo ziemlich das Beſte leiſtete, was nach dieſer Seite hin damals geleiſtet werden konnte; dazu war er kühn und von einem gewiſſen ehrlichen Glauben an ſich ſelbſt. Es ſcheint, daß er, inmitten aller ſeiner Betrügereien, doch ganz aufrichtig die Meinung unterhielt: jeder Tag bringt Wunder; warum ſollte am Ende mir zu Liebe nicht auch ein Wunder ge- ſchehen? Als trotz dieſes Glaubens die eingeſiegelten Papier-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/278>, abgerufen am 22.11.2024.