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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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meisten Actenbündeln, diesmal nicht Lehnsbriefe, vermehrt zu
haben. Es war eine calvinistische Familie und das Interessan-
teste aus ihrer Besitzzeit bleibt wohl, daß, obschon sie die Kirche
aus eigenen Mitteln erbaut hatten, ihnen (wenigstens so lange
Friedrich Wilhelm I. regierte) nicht gestattet wurde, das heilige
Abendmahl in dieser ihrer Kirche aus der Hand eines reformir-
ten Geistlichen zu empfangen. Die Wykerslot mußten sich, an
ihrem eigenen Gotteshause vorbei, nach Nattwerder begeben,
einer benachbarten Schweizercolonie, wo das Abendmahl nach
calvinistischem Ritus ertheilt wurde.

1781 starb der jüngere v. Wykerslot. War der Besitz
bis zu diesem Zeitpunkte kein constanter gewesen, so wurde er
von jetzt ab, in der Unruhe sich steigernd, ein beständig wech-
selnder, so daß wir in dem kurzen Zeitraum von 1781 bis
1795 das nunmehrige Marquardt in Händen von vier ver-
schiedenen Familien sehn. Die Nähe Potsdams -- wie bei
vielen ähnlichen Punkten -- spielte dabei eine Rolle. Wer
dem Hofe nahe stand, oder, wenn außer Dienst, es schwer fand,
sich ganz aus der Sonne zurückzuziehen, wählte mit Vorliebe
die nahegelegenen Dorfschaften. Unter diesen auch Marquardt.
Hofleute erstanden es, nahmen hier ihre Villeggiatur und ver-
kauften es wieder. Die Besitzreihe war die folgende:

Oberstlieutenant von Münchow von 1781--1789,
Hofmarschall von Dorville von 1789--1793,
Kammerherr und Domherr Baron v. Dörenberg von
1793--1795.
General v. Bischofswerder von 1795--1803.

Ueber die Besitzzeiten der erstgenannten drei ist wenig zu
sagen. v. Münchow errichtete seiner verstorbenen Frau ein
Roccoco-Denkmal mit der Inschrift: "Friede sei über ihrer
würdigen Asche;" Dorville und Dörenberg gingen spurlos
vorüber. Erst mit General von Bischofswerder begann eine
neue Zeit. Marquardt trat in die Reihe der historischen
Punkte ein.


meiſten Actenbündeln, diesmal nicht Lehnsbriefe, vermehrt zu
haben. Es war eine calviniſtiſche Familie und das Intereſſan-
teſte aus ihrer Beſitzzeit bleibt wohl, daß, obſchon ſie die Kirche
aus eigenen Mitteln erbaut hatten, ihnen (wenigſtens ſo lange
Friedrich Wilhelm I. regierte) nicht geſtattet wurde, das heilige
Abendmahl in dieſer ihrer Kirche aus der Hand eines reformir-
ten Geiſtlichen zu empfangen. Die Wykerslot mußten ſich, an
ihrem eigenen Gotteshauſe vorbei, nach Nattwerder begeben,
einer benachbarten Schweizercolonie, wo das Abendmahl nach
calviniſtiſchem Ritus ertheilt wurde.

1781 ſtarb der jüngere v. Wykerslot. War der Beſitz
bis zu dieſem Zeitpunkte kein conſtanter geweſen, ſo wurde er
von jetzt ab, in der Unruhe ſich ſteigernd, ein beſtändig wech-
ſelnder, ſo daß wir in dem kurzen Zeitraum von 1781 bis
1795 das nunmehrige Marquardt in Händen von vier ver-
ſchiedenen Familien ſehn. Die Nähe Potsdams — wie bei
vielen ähnlichen Punkten — ſpielte dabei eine Rolle. Wer
dem Hofe nahe ſtand, oder, wenn außer Dienſt, es ſchwer fand,
ſich ganz aus der Sonne zurückzuziehen, wählte mit Vorliebe
die nahegelegenen Dorfſchaften. Unter dieſen auch Marquardt.
Hofleute erſtanden es, nahmen hier ihre Villeggiatur und ver-
kauften es wieder. Die Beſitzreihe war die folgende:

Oberſtlieutenant von Münchow von 1781—1789,
Hofmarſchall von Dorville von 1789—1793,
Kammerherr und Domherr Baron v. Dörenberg von
1793—1795.
General v. Biſchofswerder von 1795—1803.

Ueber die Beſitzzeiten der erſtgenannten drei iſt wenig zu
ſagen. v. Münchow errichtete ſeiner verſtorbenen Frau ein
Roccoco-Denkmal mit der Inſchrift: „Friede ſei über ihrer
würdigen Aſche;“ Dorville und Dörenberg gingen ſpurlos
vorüber. Erſt mit General von Biſchofswerder begann eine
neue Zeit. Marquardt trat in die Reihe der hiſtoriſchen
Punkte ein.


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[258/0276] meiſten Actenbündeln, diesmal nicht Lehnsbriefe, vermehrt zu haben. Es war eine calviniſtiſche Familie und das Intereſſan- teſte aus ihrer Beſitzzeit bleibt wohl, daß, obſchon ſie die Kirche aus eigenen Mitteln erbaut hatten, ihnen (wenigſtens ſo lange Friedrich Wilhelm I. regierte) nicht geſtattet wurde, das heilige Abendmahl in dieſer ihrer Kirche aus der Hand eines reformir- ten Geiſtlichen zu empfangen. Die Wykerslot mußten ſich, an ihrem eigenen Gotteshauſe vorbei, nach Nattwerder begeben, einer benachbarten Schweizercolonie, wo das Abendmahl nach calviniſtiſchem Ritus ertheilt wurde. 1781 ſtarb der jüngere v. Wykerslot. War der Beſitz bis zu dieſem Zeitpunkte kein conſtanter geweſen, ſo wurde er von jetzt ab, in der Unruhe ſich ſteigernd, ein beſtändig wech- ſelnder, ſo daß wir in dem kurzen Zeitraum von 1781 bis 1795 das nunmehrige Marquardt in Händen von vier ver- ſchiedenen Familien ſehn. Die Nähe Potsdams — wie bei vielen ähnlichen Punkten — ſpielte dabei eine Rolle. Wer dem Hofe nahe ſtand, oder, wenn außer Dienſt, es ſchwer fand, ſich ganz aus der Sonne zurückzuziehen, wählte mit Vorliebe die nahegelegenen Dorfſchaften. Unter dieſen auch Marquardt. Hofleute erſtanden es, nahmen hier ihre Villeggiatur und ver- kauften es wieder. Die Beſitzreihe war die folgende: Oberſtlieutenant von Münchow von 1781—1789, Hofmarſchall von Dorville von 1789—1793, Kammerherr und Domherr Baron v. Dörenberg von 1793—1795. General v. Biſchofswerder von 1795—1803. Ueber die Beſitzzeiten der erſtgenannten drei iſt wenig zu ſagen. v. Münchow errichtete ſeiner verſtorbenen Frau ein Roccoco-Denkmal mit der Inſchrift: „Friede ſei über ihrer würdigen Aſche;“ Dorville und Dörenberg gingen ſpurlos vorüber. Erſt mit General von Biſchofswerder begann eine neue Zeit. Marquardt trat in die Reihe der hiſtoriſchen Punkte ein.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/276>, abgerufen am 21.11.2024.